Am Ende dieser Feier, dem diesjährigen Elisabethempfang des Bistums, möchte ich ein herzliches Wort des Dankes sagen für die guten Worte, die heute zu meiner Person und meinem Dienst gesagt wurden. Ich danke Herrn Dr. Bernhard Vogel für seine Ansprache, in der er an manche besondere Ereignisse und gemeinsam gelöste Aufgaben der vergangenen Jahre erinnert hat. Ich danke für die freundlichen Grußworte von Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht, von Frau Landtagspräsidentin Diezel und von Herrn Oberbürgermeister Bausewein. Mein Dank gilt Herrn Kardinal Lehmann für sein geistliches Wort im Gottesdienst, aber auch Ihnen, lieber Herr Kardinal Meisner und lieber Bischof Ipolt, die Sie als alte "ehemalige" Erfurter eigens heute hierher gekommen sind, weil Sie in der kommenden Woche nicht bei uns sein können.
In meinen Dank schließe ich alle mit ein, die mir anlässlich meiner Emeritierung geschrieben hatten, oft in sehr herzlicher, persönlicher Weise. Das hat mich sehr erfreut und auch innerlich berührt. Ich habe in der Tat zu danken für gute Zusammenarbeit, für Begleitung und mancherlei Zuspruch, den ich in den letzten zwei Jahrzehnten auch aus dem öffentlichen Raum unseres Freistaates erfahren habe. Danke auch Ihnen, lieber Herr Weinrich, dem Katholischen Büro und dem Ordinariat, aber auch Herrn Kindervater, dem Leiter dieses Hauses, für die Vorbereitung und Ermöglichung dieser Stunde der Rückschau und des Abschieds.
In einem einzigen Menschenleben lässt sich heutzutage eher als in der Vergangenheit übersehen, wie rasch sich Verhältnisse, Mentalitäten und Einstellungen verändern. Unserer Generation war die Erfahrung eines grundlegenden gesellschaftlichen Wandels durch die friedliche Revolution 1989/90 geschenkt - mit allen Folgen, positiven wie auch kritischen. Manche seelsorglichen Herausforderungen von damals sind heute Geschichte, etwa die Abwehr der alten Staatsideologie, die uns Christen einreden wollte, dass der Gottesglaube das Denken korrumpiere. Heute ist offenkundig, was wirklich das Denken und noch mehr den Charakter vieler Menschen damals korrumpiert hatte: der Druck zu einem an die Ideologie angepassten Denken und Leben. Erinnern möchte ich auch an den Spagat, den wir als Kirche in den in den DDR-Jahren zu gehen hatten. Einerseits wollten wir uns nicht für die sog. Friedenspolitik des damaligen Staates vereinnahmen lassen, andererseits ging es uns freilich auch darum, uns nicht einfach aus der Gesellschaft zurückzuziehen, besonders dort, wo es um den konkreten Einsatz für Menschen ging. Es war nicht einfach, die Gläubigen damals zum Hierbleiben zu bewegen, wiewohl wir das Recht der Menschen verteidigt haben, den eigenen Wohnsitz frei zu wählen und ggf. auch einen Ausreiseantrag zu stellen. Die Älteren unter uns wissen ja noch, wie sehr ein konkretes Leben mit der Kirche, mit der Gemeinde hinderlich für die eigene Karriere war. Sie wissen aber auch, wie sehr gerade kirchliches Engagement zu einem aufrechten Gang und einem klaren Urteil verhalf.
Vieles war uns auch als Kirche in diesen Zeiten äußerer und innerer Bedrückung geschenkt worden: die Erfahrung einer selbstverständlichen Glaubenstreue, eines guten Zusammenhalts in den Gemeinden, einer inneren Einheit im Klerus untereinander und mit dem Bischof. Und nicht zuletzt nenne ich auch das vertiefte ökumenische Vertrauen, das in diesen schwierigen Jahren gewachsen ist und das sich auch heute als tragfähig erweist. Für alles bin ich von Herzen dankbar.
Jetzt stehen neben den alten Aufgaben in Seelsorge und Gemeindeaufbau neue Herausforderungen an, nicht nur jene in der komplizierter gewordenen Verwaltung, sondern noch mehr jene, die sich aus dem Wandel der Denk- und Lebensweisen der Menschen ergeben. Das Leben ist für viele anstrengender geworden, uns allen wird Mobilität abverlangt, die Anforderungen in Ausbildung und Beruf sind gestiegen. Der Zusammenhalt in den Gemeinden, aber wohl auch in der Zivilgesellschaft ist lockerer geworden. Gemeinsame Termine zu finden ist beispielsweise oft Schwerstarbeit!
Aber: So ist es eben in einer freien, offenen Gesellschaft. Die Bereitschaft, den von Gott her zugemuteten Wandel in Kirche und Gesellschaft anzunehmen und als positive Herausforderung zu begreifen, ist mir ein wichtiges Anliegen geworden. Es hilft nicht, alten Verhältnissen nachzutrauern, sondern mutig und mit Vertrauen angesichts der Erfahrung, dass in Gesellschaft und Kirche der Wind nun oft aus unterschiedlichen Richtungen bläst, "die Segel neu zu setzen".
Gern erinnere ich noch einmal an einige äußere Höhepunkte im Leben unserer Ortskirche: die Bistumsgründung 1994, die Errichtung der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Erfurt vor 10 Jahren, unsere Schulgründungen in Erfurt und Heiligenstadt, ich nenne auch einmal als Beispiel für manche andere Aufbauinitiativen den Neubau des Katholischen Krankenhauses Erfurt, der 2003 bezogen werden konnte. Ich erinnere an die bewegenden Feiern der Elisabethjubiläen 1981, damals noch in tiefster DDR-Zeit, und dann 2007 in breiter Öffentlichkeit, als sogar dank der Initiative der Landesregierung eine Elisabethausstellung auf der Wartburg möglich war. Und ich erinnere an den bewegenden Besuch des Papstes in Thüringen im September 2011, der auch für mich persönlich ein Höhepunkt meiner dienstlichen Biographie war. Und vielleicht bleibt vielen mehr noch als die genannten Ereignisse aus unserer jüngeren Thüringer Kirchengeschichte die zweimalige Rettung der Gloriosa-Glocke des Erfurter Domes im Gedächtnis!
Aber all das sind Daten, die irgendwann einmal verblassen werden. Wichtiger ist, was vor Gott Bestand hat und in seiner Zukunft Bestand haben wird. Und da zählt besonders der Einsatz für die Menschen, auch der Einsatz in Gesellschaft und Politik. Darum noch einmal Ihnen allen ein Danke, die Sie in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen zu dieser entscheidenden "Habensbilanz" unseres Freistaates beigetragen haben und beitragen - durch tätigen Einsatz und das stille Aushalten dessen, was Gott ihnen Tag für Tag in Beruf und Alltag abverlangt. Sie alle bitte ich: Übertragen Sie das Vertrauen, das Sie mir entgegengebracht haben, auch auf meinen Nachfolger und seine Mitarbeiter. Bleiben Sie unserem Thüringer Elisabeth-Bistum verbunden!
Standing Ovations zum Abschied von einem guten Hirten.
Gehalten beim Elisabethempfang am 20.11.2012 im Erfurter Kaisersaal.
20.11.2012