Ideenfeste nennt man Feste und Gedenktage wie den heutigen Gedenktag des Unbefleckten Herzens Mariä. Papst Pius XII hatte am 31. Oktober 1942 aus Anlass der Festtage zum 25. Jahrestag der Begegnung der Gottesmutter Maria mit den Seherkindern Lucia, Jacinta und Francisco in Fatima die Menschheit dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht. 1970 wurde der Gedenktag auf den Tag nach dem Herz-Jesu-Fest festgelegt, das wir gestern gefeiert haben.
Wenn wir vom Herzen sprechen, dann möchten wir immer von der Liebe sprechen, die Menschen zueinander haben oder die zwischen Gott und dem Menschen besteht. Weil das Herz für unseren Kreislauf so entscheidend ist und wir nur am Leben bleiben können, wenn es gesund und stabil ist, wurde es schon immer als ein lebenswichtiges Organ angesehen, das es damit zusätzlich zu einer symbolischen Bedeutung für die Beziehung der Menschen gebracht hat, die Freude und Leid beinhalten kann. Von Herzen kann ich mich freuen. Ich kann im Herzen zutiefst verwundet sein, wenn eine Beziehung zerbricht. Am Organ des Herzens mag sich dabei nur wenig verändern, aber der Mensch ist von Freude und Leid zutiefst geprägt.
Wir haben eine Idee davon, wie es der Gottesmutter Maria oder Jesus Christus im Inneren gehen mag. Weil es uns wichtig ist, unsere Beziehung zu Gott nicht nur im Kopf zu vollziehen, ist es uns auch wichtig zu fragen: Wie geht es unserer Beziehung untereinander und zu Gott? Daran entscheidet es sich, wie wir unser Miteinander gestalten. Wir sind nicht sklavische Erfüllungsgehilfen des Willens Gottes, die ständig darauf bedacht sind, Werke zu vollbringen, die unseren Gott wohlwollend für uns stimmen, sondern wir wünschen uns eine innere Verbundenheit von ganzem Herzen!
Der heutige Gedenktag ist auch der Tag für die Diakonenweihe von Herrn Martin Hohmann. Eine Weihe kann man rituell vollziehen, aber sie hat auch eine verborgene Dimension, die man nicht sehen kann. Nach unserem katholischen Verständnis ist eine Weihe eine grundsätzliche und endgültige Ausrichtung auf Gott auf Lebenszeit. Diese Weihe kann man nicht wiederholen und man kann sie auch nicht ungeschehen machen. Es ließe sich höchstens darüber sprechen, ob man die Weihe weiterhin ausüben möchte oder nicht. Von Herzen hat der Weihekandidat dieser Weihe zugestimmt und möchte seine Ausrichtung auf Gott durch die Bereitschaft zur Weihe und Handauflegung durch den Bischof zum Ausdruck bringen. Seit den Tagen der Apostel war es üblich, für die besonderen Dienste in der Gemeinde die Hände aufzulegen. Es ist zwar nur ein äußerer Ritus, aber er bedeutet, dass ich mich einerseits in Beschlag nehmen lasse und anderseits unter den Schutz Gottes stelle.
Der Prophet Jesaja stimmt nach der Rettung aus der Verbannung in Babylon ein Loblied an, das als das Magnifikat des Alten Bundes bezeichnet wird. Gott hat seinem Volk und jedem Einzelnen Heil und Gerechtigkeit zuteilwerden lassen. Daher besteht aller Grund zur Freude wie bei einer Hochzeit oder wie bei der Gartenarbeit, die reiche Frucht erwarten lässt.
Die Erfahrung von Gerechtigkeit und Heil geschieht im Herzen und ist nicht messbar. Dennoch ist es eine Wirklichkeit, die auch Wirkung im Menschen zeigt. Wenn mir nach einem Gerichtsprozess Gerechtigkeit durch einen Freispruch zuteilwird , dann habe ich allen Grund zur Freude. Wenn eine Beziehung nach langem Gespräch wieder gelingt, spüre ich eine Heilung in meinem Herzen. Vielleicht ist die Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Heil nicht immer bei uns stark ausgeprägt, weil wir derzeit mit einem zufriedenen und versöhnten Herzen leben können. Dennoch sind wir als Kirche immer auch mit allen Menschen verbunden, die in unterschiedlicher Weise heute ihren Glauben leben und erfahren. Wir dürfen uns auch darüber freuen, wenn andere Gemeindemitglieder Gerechtigkeit und Heil erfahren. Das darf auch unsere Freude sein. Bei der Taufe und bei der Spendung des Bußsakraments spüre ich diese Freude am meisten, denn es wird dadurch unsere Beziehung zu Gott geheilt und erneuert.
Herr Martin Homann darf nach der Diakonenweihe das Sakrament der Taufe spenden. Damit darf der neue Diakon ganz nahe an dieser Beziehung zwischen Himmel und Erde sein, die durch den Missionsauftrag Jesu initiiert wurde und aus der sich Kirche aufbaut. Das ist mehr als nur eine Saat des Glaubens ausstreuen. Das ist Grundlagenarbeit aufgrund der Gnade, die Gott schenkt.
Maria und Josef entdecken nach 12 Jahren, was in ihrem Sohn Jesus steckt. Voller Sorge suchen sie ihren Sohn und finden ihn im Tempel von Jerusalem, wo er in ein geistliches Gespräch mit den Lehrern des Tempels verwickelt ist. Woher hatte Jesus diese Weisheit, die es ihm möglich machte, mit den Pharisäern und Schriftgelehrten zu diskutieren? Hatte er gute Ausbilder in Nazareth, wo er sicherlich in der Synagoge in die Heilige Schrift eingeführt wurde und auch lesen und schreiben lernte?
Ich freue mich immer an einem Glasfenster im Hohen Chor des Erfurter Domes, das zeigt, wie Maria mit ihrem kleinen Sohn Jesus in die Synagogenschule geht. Die dort abgebildete Tasche in der Hand Jesu kann man zwar nur noch aufgrund der Scheibenform rekonstruieren, weil ein Restaurator des 19. Jahrhunderts Jesus die Schultasche weggenommen hatte. Musste Jesus in der Synagoge eine Herzensbildung erhalten oder hatte er sie nicht schon von Geburt an? Ich bin sicher, dass Jesus durch das Studium der Heiligen Schrift zunehmend spürte, welche Berufung er selbst von Gott bekommen hat. Zunehmend stimmt er dieser Berufung zu und brachte sie auch durch das Gespräch im Tempel von Jerusalem zum Ausdruck. In den Folgejahren konnte diese Berufung wachsen, bis sie dann bei der Taufe Jesu im Jordan durch Johannes endgültig für ihn erkennbar und für viele spürbar war, denn das Wort des Johannes zeigt deutlich, was Johannes gespürt hat: „Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt.“
Unser Weihekandidat hat mir berichtet, dass ihm der 1. Johannesbrief sehr ans Herz gewachsen ist und ebenso alle Texte, die von dieser liebenden Beziehung zu Gott Zeugnis geben. Die 1. Enzyklika von Papst Benedikt XVI. „Deus caritas est“ beinhaltet sowohl eine theologisch-philosophische Reflektion über das Thema „Liebe“ als Eros, Philia und Agape als auch eine Aufzählung der Werke, in denen sich die Liebe zu Gott in den Werken der Nächstenliebe zeigt.
Weil die Nächstenliebe auch professionell wirksam werden sollte, hat sie in den diakonischen Werken eine Form gefunden. Der Diakon soll das Auge des Bischof und Pfarrers für die Menschen sein, die aus dem Blickfeld der Gesellschaft gefallen sind. Der Diakon muss dann nicht unbedingt und allein die konkrete Hilfe leisten, sondern er muss die Wege kennen, wie es zu einer professionellen Hilfe kommen kann. Ohne das innerliche Angerührtsein von einer Not wird es aber keine Suche nach einer Lösung geben.
Am kommenden Montag gibt es endlich eine Konferenz in Ilmenau, bei der über die Obdachlosigkeit in Thüringen gesprochen wird. Da die Zahl von über 250 Obdachlosen, die in Erfurt leben, mich beunruhigt, habe ich immer schon versucht, hier Lösungsmodelle anzuregen. Meinen Traum von einer Fuggerei, wie sie seit Jahrhunderten in Augsburg steht, werde ich wohl nicht verwirklichen können, aber die Aktion „housing-first“, wie sie auch schon in einigen Städten aufgrund der Initiative der Caritas und anderer wohltätiger Organisationen angestoßen und umgesetzt wurde, möchte ich doch gern weiterführen und fördern. Berlin, Bremen, Hamburg, Düsseldorf und Köln haben in Deutschland gute Erfahrungen damit gemacht. Finnland, England und Österreich sind dabei schon mit guten Erfahrungen voran gegangen. Es ist nur ein Beispiel, wo sich zeigt, wie durch das Angerührtsein im Herzen von der Not der Zeitgenossen etwas in Bewegung kommt.
Manchmal braucht es dazu großen Mut, wie ihn auch Abraham bewiesen hat, der mit der Vision und Hoffnung auf Heil und Gerechtigkeit aus seiner Heimat aufgebrochen ist. Es war sicherlich ein weiter und beschwerlicherer Weg als von Dillenburg nach Lengenfeld. Das sind nur 203 km. Aber es ist auch ein Weg in unser Bistum, in dem es wichtig ist, mit Visionen und Hoffnungen den Weg in die Zukunft zu gehen – bisweilen auch gegen die mehrheitliche Meinung der Bevölkerung Thüringens.
Abraham wurde durch seine Herzensverbindung mit Gott froh und mutig. Möge diese Verbindung auch Ihnen, Herr Hohmann, ein beständiger Begleiter sein, wenn auch bisweilen ein Schwert durch das Herz dringt, wie es der greise Simeon Maria im Tempel von Jerusalem angekündigt hatte und wie es sich unter dem Kreuz erfüllte. Ich bin sicher, dass wir auch dadurch wachsen und reifen, wenn wir den Blick nach oben nicht aufgeben.
Durch die Weihe werden sie aufgenommen in den Kreis der Kleriker des Bistums und aller seelsorglich Tätigen. Mögen ihnen hier viele Freundschaften geschenkt werden, die sie ermutigen und trösten, aber natürlich auch Freude schenken. Wir leben umhüllt vom Mantel der Gerechtigkeit Gottes – wie es Jesaja sagt. Besseres kann uns nicht passieren. Amen.
Lesungen im Gottesdienst
Jesaja 61,9-11
Ihre Nachkommen werden unter den Nationen bekannt sein und ihre Sprösslinge inmitten der Völker. Jeder, der sie sieht, wird sie erkennen: Das sind die Nachkommen, die der HERR gesegnet hat. Von Herzen freue ich mich am HERRN. Meine Seele jubelt über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt. Denn wie die Erde ihr Gewächs hervorbringt und der Garten seine Saat sprießen lässt, so lässt GOTT, der Herr, Gerechtigkeit sprießen und Ruhm vor allen Nationen.
Lukas 2, 41-51
Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem. Als er zwölf Jahre alt geworden war, zogen sie wieder hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach. Nachdem die Festtage zu Ende waren, machten sie sich auf den Heimweg. Der Knabe Jesus aber blieb in Jerusalem, ohne dass seine Eltern es merkten. Sie meinten, er sei in der Pilgergruppe, und reisten eine Tagesstrecke weit; dann suchten sie ihn bei den Verwandten und Bekannten. Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten nach ihm. Da geschah es, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen. Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten. Als seine Eltern ihn sahen, waren sie voll Staunen und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? Doch sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen gesagt hatte. Dann kehrte er mit ihnen nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte all die Worte in ihrem Herzen.

