Von Jugendpfarrer Timo Gothe.
Die Flüge sind so weit gut überstanden: Zwölf Stunden bis Rio, dann in São Paulo noch ein paar Stunden gewartet, danach 3 Stunden in den Norden Brasiliens nach Natal. Wir werden dort herzlich empfangen. Ein Gepäckstück fehlt jedoch, ausgerechnet die Tasche mit den T-Shirts des DFB. Man will sich kümmern, mal sehn ob sie noch eintreffen in den nächsten Tagen. Wir steigen 15.00 Uhr in zwei moderne Reisebusse und treten eine dreistündige Fahrt ins Bistum Caico an. Es ist die erste Gelegenheit, Padre Lucio zu treffen und nach einem genaueren Programm für die Tage zu fragen. Er kann es uns nicht sagen - denn jeder hat ein anderes Programm, aber was er weiß, verrät er scheibchenweise: es gibt ein Willkommensfest, zu dem natürlich eine Heilige Messe gehört, und danach werden die Gäste aufs ganze Bistum verteilt.
Wir ahnten nicht, wie das konkret aussehen kann: Man begrüßt uns mit Transparenten, auf denen einzelne Teilnehmer unserer Gruppe herzlich willkommen geheißen werden. Jeder von uns muss ständig für Gruppenfotos mit Brasilianern herhalten - doch die Dröhnung oder Krönung ist der Partytruck. Ein Laster voll mit Boxen; oben eine Plattform, auf der eine Band spielt, uns der Gouverneur begrüßt und später unser Fahne mit durch die Stadt fährt. Irgendwann setzt sich der Zug in Bewegung, es wird ein einstündiger Weg durch die Stadt, der einer Mischung aus Prozession und Sambaparty gleicht. Schweißgebadet findet die Gruppe vor der Kirche Platz. Dort hat man Plätze für uns reserviert und Podeste errichtet. Was folgt, ist ein kleines Bistumsfest. Der Diözesanadministrator feiert die Messe, zu der aus jeder der 23 Gemeinden Gläubige und der Pfarrer gekommen sind. Vom Partybus spielt nun die Band die Messbegleitung. Vier Kameras übertragen den Gottesdienst als Livestream ins Internet - all das, weil 69 schon ziemlich müde Pilger aus Thüringen und Sachsen-Anhalt zum WJT eingetroffen sind. Ich sehe von der Altarinsel aus in Gesichter mit großen Augenringen. Der eine oder andere ist auch während der Predigt eingeschlafen - ich kann es keinem verdenken.
Das Bistum scheint mächtig stolz zu sein, uns begrüßen zu dürfen. Verstehen kann man das nur, wenn man bedenkt, dass der Weltjugendtag (WJT) im wesentlichen im Großraum Rio de Janeiro stattfindet und im ganzen Nordosten nur zwei Bistümer überhaupt Gäste begrüßen dürfen. Und eines davon ist eben Caico mit uns als einziger Gruppe. Wir sollten im Vorfeld angeben, wer denn mit wem in eine Gastfamilie geht. Wir hatten immer darauf gedrungen, dass - bei den wenig Portugiesischkenntnissen - wenigstens zwei sich gegenseitig helfen und eben auch mal mit seinesgleichen ein Wörtchen wechseln können. Schon während unserer Prozession werde ich gefragt: "Ich sehe meinen Namen gar nicht auf dem Transparent, bin ich ich gar nicht mit Anne in einem Quartier!” Doch, beschwichtige ich, alle Namen haben halt nicht drauf gepasst! Nach dem Gottesdienst dann die Gewissheit: Unsere Teilnehmer werden einzeln aufgerufen, werden mit ihrem Gepäck aus der Kirche kommend von kreischenden Jugendlichen wie Popstars auf einem Laufsteg in Empfang genommen und erfahren, dass sie immer einzeln in Gastfamilien untergebracht werden. Es gab halt so viele, die sich gemeldet haben, dass die Pfarrer entschieden haben: Wir verteilen die Gäste auf möglichst viele Familien. Manche schlucken bei der Vorstellung, aber ändern lässt sich nun nichts mehr daran.
Gegen 22.00 Uhr machen auch Pfr. Stephan Hansch und ich uns mit Lucio auf den Weg in die Pfarrei nach Florenia, wo wir mit Feuerwerk, einem Abendessen, einer offiziellen Begrüßung durch den Bürgermeister und einem kleinen Abendgebet in der Kirche willkommen geheißen werden. Max, Anne, Christiane und Dominik sind da auch noch bei uns, werden später aber weitergefahren. Um 0.15 Uhr Ortszeit (in Deutschland ist es 5.15 Uhr) - nach 39 Stunden Reisezeit - packe ich meinen Koffer aus und falle ins Bett. 5 Minuten später weiß mein Fuß: Eine Mücke hat zugestochen.
Stichwort WELTJUGENDTAG
Bei einem Weltjugendtag ist auf besonders eindrucksvolle Weise die katholische Weltkirche zu erleben. Alle zwei bis drei Jahre findet dieses einwöchige Treffen mit mehreren hunderttausend katholischen Jugendlichen aus aller Welt statt. Die letzten Weltjugendtage waren 2005 in Köln, 2008 in Sydney und 2011 in Madrid. Einladender ist der Papst, der auch an den Weltjugendtagen teilnimmt. Die 45-köpfige Pilgergruppe aus Thüringen verbringt seit dem 15. Juli zunächst eine Woche im Nordosten Brasiliens gemeinsam mit einheimischen Jugendlichen. Vom 23. bis 28. Juli sind sie dann beim offiziellen Programm des XXVIII. Weltjugendtag der Katholischen Kirche in Rio de Janeiro dabei. Insgesamt werden dazu mehrere hunderttausend Teilnehmer erwartet. Sie erleben an der Copacabana ein abwechslungsreiches Programm mit Gottesdiensten, Musik, Glaubensgespräche sowie spontane Begegnungen mit Jugendlichen aus aller Welt. Höhepunkt ist der Abschlussgottesdienst mit Papst Franziskus am 28. Juli auf einem 3,5 Millionen Quadratmeter großen Gelände im westlichen Stadtteil Guaratiba.