"Wenn es das letzte Weihnachten wäre"

Besuch beim ambulanten Hospizdienst der

Malteser in Erfurt

 


Larissa Söllner

ist seit September Koordinatorin der Malteser-Hospizgruppe. Neu in

der Hospizarbeit ist die Sozialpädagogin und Krankenschwester aber nicht, sie

hat auf der Palliativstation gearbeitet und sich auch im Studium intensiv mit

dem Thema befasst.

Gerade vor

Weihnachten hat sie eigentlich wenig Zeit für Anfragen abseits ihrer

eigentlichen Arbeit. Für ein kurzes Gespräch gibt sie das Telefon an ihre

Kollegin ab. "Vor dem Fest der Liebe mache ich Ü;berstunden", erzählt

sie lachend, "also mit Plätzchen backen ist noch nicht so viel los bei

mir." Die so genannte stille Zeit sei gerade für schwerstkranke Menschen

und ihre Angehörigen eine große emotionale Herausforderung. Da suchen viele

nach Hilfe. "Das kann jeder nachvollziehen. Es ist ein weiterer Abschied.

Ein Abschied von ihren Lieben, von ihren Gewohnheiten und von ihrem Leben",

so Söllner, "stellen Sie sich vor, Sie wissen, dass dieses Weihnachtsfest

Ihr Letztes ist: Was würden Sie unbedingt machen wollen? Diese Frage ist

Realität für schwerstkranke und sterbende Menschen und ihre Angehörigen."

und die erfahrene Koordinatorin erzählt, dass es so viele Möglichkeiten wie

Menschen gibt, sich diese Frage zu beantworten. Je nach Wünschen des Patienten

und seiner Angehörigen kann das letzte Weihnachtsfest ein wunderschönes

gemeinsames Feiern sein - oder auch ganz entfallen: "Es muss einfach zu

dem Schwerstkranken oder Sterbenden und zu seiner Familie passen", so

Söllner und nennt ein paar Beispiele: Wenn jemand Vanillekipferl über alles

liebt, sie aber nicht mehr schlucken kann, so sollte er darauf trotzdem nicht

verzichten - liebevoll angerichtet kann man den Geruch genießen und den

Geschmack im Mund, ohne sie hinunterzuschlucken . Oder: Wenn jemanden die

Strohsterne seit Jahren stören, so wäre vielleicht an diesem - seinem letzten

Weihnachten - die Gelegenheit, das Fenster mal anders zu dekorieren.

Das wichtigste,

so die Koordinatorin, sei eine gute Begleitung des Schwerkranken und seiner

Familie: "Es gibt vieles, was gut tun kann - dafür ist es sinnvoll, sich

helfen zu lassen." Die Hospizgruppe bietet die

Begleitung kostenfrei an. "Was wir machen, hängt von der Familie ab:

Gespräche, im Alltag dabei sein, zuhören, Hilfen vermitteln und nicht

zuletzt `einfach nur ´am Bett sitzen", beschreibt Söllner das

Engagement der Ehrenamtlichen. "Und damit wir die richtigen Ehrenamtlichen

für jede Familie finden, bin ich da. Ich nehme mir beispielsweise Zeit, jede

Familie erst einmal persönlich kennenzulernen, um passende Hilfen zu

vermitteln. Das ist eine ganz wunderbare Aufgabe, die ich habe." Was

können die, die glücklicherweise nicht betroffen sind, vom Umgang mit den

Sterbenden lernen? Die Koordinatorin schmunzelt. "Sie können ja schon in

diesem Jahr Sterne an Ihren Fenstern aufhängen, die Sie mögen. Das muss ja

nicht warten. Genießen Sie einfach Ihre Feiertage." Und dann ist sie

wieder weg, ihr Telefon übernehmen.

Elisabeth Webers

20.12.2012