Millionen Menschen auf der Erde wissen nicht was mit diesem Satz gemeint ist. Uns Christen ist es eine vertraute Botschaft, Anlass zu einem jährlichen Fest. Aber hören wir die Botschaft nur in der vertrauten Umgebung einer Kirche? In einer gewachsenen Geschichte? Oder auch in der Offenheit einer Gesellschaft die eben fragt: "Ja was wird denn da Gott, wenn er ein Mensch wird?" Etwas großes? Wir kennen im menschlichen Bereich die Antwort: da ist einer was geworden, da ist aus dem Kind etwas geworden, da hat es Karriere gemacht.
Wenn Gott Mensch wird, wird er dann etwas Großes? Etwas wovon sich sprechen ließe? Es ist eine Frage, die wir nicht so einfach beantworten können, die uns aber hinein führt in das Verständnis von Gott und Mensch.
Ein Erstes:
Wenn Gott ein Mensch wird dann wird er verstehbar. Er begibt sich in unsere Sinne. In erfahrbare Sinnhaftigkeit, ja in die Begreifbarkeit, denn er wird ein Mensch aus Fleisch und Blut. Er wird mit dem Verstand begreifbar, aber wesentlich mit dem Herzen: "Maria bewahrte all diese Worte in ihrem Herzen" heisst es im Weihnachtsevangelium. Der Verstand findet oft keine Erklärung, aber das Herz ist getroffen.
Ein Zweites:
Wir gehen ein Risiko ein, wenn wir sagen: Gott wird verstehbar. Wird er dann ein vermenschlichter Gott? Jemand, der als Kind liebenswert, aber als Erwachsener dann schon schwer zu begreifen ist, ja Widerspruch schafft. Bis hin zur Verurteilung, bis hin zu letzter Abwehr aller Erwartungen, die er veerbindet in der Tatsache des Todes.
Ist diese Menschlichkeit von der wir sprechen einfach ein Hinabsteigen Gottes oder aber verändert Gott mit seiner Menschwerdung nicht den Menschen? Dann reden wir nicht von einem vermenschlichten Gott sondern von einem vergöttlichten Menschen.
Dann ist er gar nicht so zu verachten, der Mensch mit all seinen Ecken und Kanten, mit all seinen Deutbarkeiten. Da liegt ein Potential drin und Gott bringt es ans Licht in Jesus Christus.
Jetzt begreifen wir, dass schon der Beter im alten Testament fragen musste: "Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Des Menschen Sohn, dass du dich seiner annimmst?" (Psalm 8)
Ja wer bin ich denn, fragen wir uns auch heute,in schwachen und schweren Stunden. Dann aber dürfen sagen: ich bin für Gott liebenswert, ich bin akzeptabel, ja in Jesus wird die wahre Menschlichkeit deutlich. Er ist wie wir von Anfang an menschlicher Fürsorge und Liebe anvertraut. Und Liebe ist verletzbar. Die Krippe wird zum Erkennungszeichen totaler Auslieferung. Aber sie ist auch Ort wo wir hingehen um zu verstehen wie die Hirten, wie die Weisen aus dem Morgenland. Wer wir wirklich sind, wired an der Krippe deutlich: "Ich habe dich doch an der Krippe gesehen!" Das genügt als Erkennungszeichen für Suchende und gläubige Christen.
Und ein Drittes:
Wenn also Gott Mensch wird, dann wird er der Offenbarer der Wirklichkeit des Menschen. Und damit wird der Mensch ohne Gott nicht mehr denkbar. Er wird in seiner Würde nur begriffen in dieser seiner Beziehung zu Gott. Und Gottes Begegnung mit dem Menschen ist dann nicht etwas zusätzliches, sondern etwas absolut menschenwürdiges. Gott traut uns zu, dass wir ihn begreifen können, in unserer Zeit. Viel wird von der Würde des Menschen geredet. Aber wird sie wirklich wahrgenommen? Könnte da Gott nicht ein wenig verändern? Ja, Gott kommt in die Welt und er verändert sie. Er richtet sich nicht ein in vorbereitete Lebensbedingungen. Die braucht er nicht. Er nimmt die ganze Armseligkeit des "Unvorbereitet-Sein" des Menschen an. Er richtet sich nicht ein in einer von uns Menschen gemachten Welt. Dann würde er ein vermenschlichter Gott. Sonder er nimmt unser Menschsein und offenbart es als zu Gott gehörig.
Viertens:
Daraus resultiert der Stolz: Ich bin ein Mensch, ich darf ein Mensch sein.
Weihnachten ist ein Fest geworden, wo man sich gern zurückzieht in den Kreis seiner Lieben. Weihnachten bei Gott ist anders. Er geht zu den Menschen. Wir feiern das Weihnachtsfest, und feiern damit eine Offenbarung über uns Menschen. Gott wird verstehbar wenn ich den Menschen verstehe.
Können wir es uns leisten, einen Mitmenschen abzulehnen, ihn nach unseren eigenen Maßstäben beurteilen zu wollen? Die Würde des Menschen ist unantastbar, aber nicht weil ein Mensch diesen Satz sagen kann, sondern weil er die Wahrheit dieses Satzes erkennt in dem er den Menschen mit Gottes Augen sieht, mit ihm, dessen Geburt wir heute feiern. Gott schaut auf den Menschen und zeigt uns, wohin wir blicken sollen: auf Gott. Nein wir ziehen uns nicht zurück in irgend eine Nische, in irgend einen Raum, den man uns lässt in dieser Welt, wo wir sozusagen unser ureigenes Christentum leben könnten, sondern wir verkünden und offenbaren heute bei diesem Gottesdienst Ihnen die sie hier sind und Ihnen die sie zuschauen und mitfeiern, dass wir diese Wirklichkeit Gott wird Mensch für die ganze Welt gelten lassen möchten.
Wenn man uns fragt: Was ist denn der Mensch? Wer bist du denn? Unsere Antwort heisst: Ich bin als Mensch für Gott liebenswert. Das gilt für jeden, auch für den, der vielleicht manchmal den Eindruck hat, von anderen schon längst abgeschrieben zu sein, gar nicht mehr nötig zu sein, gar nicht gebraucht zu werden. Gott braucht uns ja auch nicht.
Aber er kommt zu uns.
In der Verletzlichkeit unseres menschlichen Lebens erkennen wir die wahre Größe des Menschen der für Gott liebenswert ist. Amen.