Die Hauptorgel des Erfurter Domes
Für die neue Orgel des Königsberger Domes standen die Erfurter Domorgeln Modell...
Erfurt/Königsberg (BiP). Ü;ber 500.000 Menschen besuchen jährlich den Erfurter Dom. So fiel eine kleine Gruppe aus dem russischen Kaliningrad, die sich im Jahr 2003 von Domorganist Silvius von Kessel auf den Domberg führen ließ, nicht besonders auf. Auch von Kessel ahnte nicht, dass dieser Besuch Folgen haben würde - für ihn selbst und nicht zuletzt für den Dom in Kaliningrad, der immer noch der Königsberger Dom heißt, weil das heute zu Russland gehörige Kaliningrad einstmals das ostpreußische Königsberg war.
Das städtische Wahrzeichen, in dem der berühmteste Sohn der Stadt, der Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) begraben liegt, war 1944 während der Bombardements des Zweiten Weltkrieges stark zerstört worden. In den 90er Jahren begann man mit Unterstützung der russischen Regierung, den Dom als kulturell-religiöses Zentrum wieder aufzubauen. Eine gewaltige Aufgabe, die mittlerweile weitgehend vollendet ist.
Doch als es an die Planungen für die neue Orgel ging, sollte der Erfurter Dom ins Spiel kommen. "Ich war ahnungslos, als die Orgelbaufirma Schuke bei mir anfragte, ob sich eine Gruppe aus Königsberg unsere Domorgel ansehen und anhören könnten", erinnert sich Domorganist von Kessel. Er wusste von den Planungen für eine neue Orgel im Königsberger Dom und wunderte sich deshalb nicht, dass aus Kaliningrad auch der Dombaumeister anreiste. "Wer eine neue Orgel bauen will, schaut sich erst einmal um."
So präsentierte von Kessel "seine" Orgeln, spielte ein kleines Konzert und wusste wohl gleich zweimal zu beeindrucken: sowohl mit dem Klang von Haupt- und Chororgel als auch mit seiner Leistung als Organist. Denn als er den Besuch schon fast vergessen hatte, ereilte den Erfurter Domorganisten eine offizielle Einladung aus Kaliningrad: Ob Silvius von Kessel am Tag der Einweihung der neuen Chororgel des Königsberger Domes, am 9. September, ein Konzert spielen könne? "Ich war sprachlos, als ich die Einladung bekam. Das ist eine unglaubliche Ehre für mich,", freut sich von Kessel.
Und er freut sich nicht nur über das Konzert, das er postwendend zusagte. "Die Königsberger haben für ihren Dom die Erfurter Domorgeln als Vorbild gewählt und sich für eine Chor- und Hauptorgel entschieden, die ebenfalls von einem Spieltisch aus gleichzeitig bespielt werden können", sagt von Kessel. Auch ähnelten sich die Königsberger und die Erfurter Orgeln in der Anlage und Größe: "Jeweils eine Chororgel mit rund 30 Registern und eine Hauptorgel zwischen 60 und 70 Registern." Wer will, kann also in der Erfurter Domorgel so etwas wie eine Mutterorgel des Königsberger Instrumentes sehen. Zumal beide, "Mutter" und "Tochter", von der Orgelbaufirma Schuke in Potsdam gebaut worden sind.
Ganz fertig ist das Königsberger Werk noch nicht. Bisher gibt es nur die Chororgel, der Bau der Hauptorgel wird voraussichtlich im nächsten Jahr vollendet sein. Aber Grund zum Feiern bietet die kleinere Orgel allemal. "Mit ihren 32 Registern verfügt die Chororgel allein schon über ein beeindruckendes Klangspektrum und auch über das nötige Klangvolumen", meint von Kessel und wundert sich nicht über den Aufwand, den die Königsberger bei der Einweihung treiben.
Für das Einweihungskonzert hat er neben Mendelsohn und einer Improvisation zur Orgeldemonstration natürlich auch Johann Sebastian Bach auf das Programm gesetzt: "Ein Bach-Gruß aus Thüringen muss einfach sein", freut sich der Erfurter Organist auf den 9. September. Verständlich, denn gewissermaßen ist Silvius von Kessel ja der Patenonkel der neuen Orgel.
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