Verschiedene Möglichkeiten nutzen, Weihnachten zu feiern

Adventshirtenbrief 2021 von Bischof Ulrich Neymeyr

Bild: Peter Weidemann; In: Pfarrbriefservice.de

Meine lieben Schwestern und Brüder im Herrn,

wie der Apostel Paulus in seinem Brief an die Christen in Philippi möchte auch ich meinen Hirtenbrief so beginnen: „Immer, wenn ich für euch alle bete, bete ich mit Freude. Ich danke für eure Gemeinschaft im Dienst am Evangelium vom ersten Tag an bis jetzt. Ich vertraue darauf, dass er, der bei euch das gute Werk begonnen hat, es auch vollenden wird bis zum Tag Christi Jesu.“ (Phil 1,4-6)

Leider müssen wir auch in diesem Jahr den Advent, das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel unter Pandemie-Bedingungen begehen. Wir müssen uns gegenseitig mit dem Mund-Nasen-Schutz und dem Abstandhalten schützen. Ich bin sehr dankbar, dass mit dem Impfstoff in diesem Jahr ein weiterer wirkungsvoller Schutz hinzugetreten ist. Dennoch erfüllen mich die Berichte aus den überlasteten Krankenhäusern mit großer Sorge, nicht nur wegen der Covid-Kranken, sondern auch wegen aller Menschen, die in einer Klinik behandelt werden müssen und die dort arbeiten. Der Advent kann in diesem Jahr keine Zeit weltentrückter Gemütlichkeit werden. Viele Menschen sind an Covid einsam gestorben. Ihre Angehörigen konnten sie nicht begleiten. Noch dazu hören wir aus vielen Ländern der Erde, dass dort der Impfstoff bei weitem nicht für alle zur Verfügung steht. Es ist eine dunkle Zeit, in der wir auch das Schicksal der Flüchtlinge nicht vergessen können, die vor Krieg, Verfolgung und Armut fliehen und zum Spielball politischer Interessen werden. Die schlimme Flutkatastrophe, die im Sommer unser Land heimgesucht hat, bedrängt nicht nur die Menschen, die an einem Fluss oder Bachlauf wohnen, sondern sie hat uns die Bedrohung durch die Klimakrise gezeigt.


All das können wir im Advent nicht einfach zur Seite schieben. Ganz im Gegenteil: Das Leid der Welt kommt in den liturgischen Texten und den Liedern im Advent im-mer wieder zur Sprache. In einem uralten Gesang im Abendgebet der Kirche heißt es: „O Aufgang Glanz der Ewigkeit, / du Sonne der Gerechtigkeit: / Erleuchte doch mit deiner Pracht / die Finsternis und Todesnacht.“ (GL 222) In der Finsternis und Todesnacht besingt dieses Lied die Hoffnung auf Jesus Christus, das Licht der Welt. Ein weiteres Lied in unserem Gesangbuch besingt das Vertrauen auf Jesus Christus in der Dunkelheit der Welt: Jochen Klepper hat es 1938 in der Bedrängnis der Nazi-Diktatur geschrieben: „Noch manche Nacht wird fallen / auf Menschenleid und -schuld. / Doch wandert nun mit allen / der Stern der Gotteshuld. / Beglänzt von seinem Lichte, / hält euch kein Dunkel mehr; / von Gottes Angesichte / kam euch die Rettung her.“ (GL 220) Solche Hoffnungstexte begleiten uns im Advent. Sie stärken unseren Glauben, dass uns in dem Kind, das in Windeln gewickelt in eine Krippe lag, tatsächlich der Retter geboren wurde, der Christus, der Herr. (Lk 2,11f.) Ihm können wir auch heute begegnen im Gebet, im Hören auf sein Wort, im Geringsten unserer Mitmenschen und in der Feier der Sakramente. Und von ihm erhoffen wir, dass er die Welt zur Vollendung führen und als ewiges Licht leuchten wird.


Können wir diesen Glauben, diese Hoffnung und diese Liebe bewahren, wenn wir durch Kontaktbeschränkungen nicht zusammenkommen können? Ich glaube nicht! Es wird aber auch in diesem Jahr Möglichkeiten geben, den Glauben miteinander zu feiern. Es gibt vielfältige Angebote von Gottesdienstübertragungen im Fernsehen, Radio und Internet. Man kann bei diesen Übertragungen wirklich einen Gottesdienst mitfeiern, man erlebt aber auch, dass das Wohnzimmer keine Kirche ist, spätestens wenn man zum Evangelium oder zum Hochgebet aus dem bequemen Sessel aufsteht.
Ich möchte aber auch wieder gerne einladen, zu Hause in der Familie zu beten und zu singen. Erleben Sie die Familie als Hauskirche! Es gibt schöne Advents- und Weihnachtsandachten im Gotteslob. In einer kleinen Hausandacht werden Sie den Adventskranz als Hoffnungszeichen dafür erleben, dass das Licht Christi stärker ist als das Licht der Welt. Die Weihnachtskrippe ist dann nicht mehr nur ein Kunstwerk, sondern ein Glaubenszeugnis. Und wenn Sie keine Weihnachtskrippe zu Hause haben, machen Sie sich doch in den Weihnachtstagen auf den Weg in die Kirche und beten vor der Krippe dort.


Aber auch in unseren Kirchen werden wir gemeinsam Gottesdienst feiern können, wenn auch mit Mund-Nasen-Schutz und Abstand. Wem Anmeldeformalitäten zu lästig sind oder wer Sorge hat, wenn viele Menschen in der Kirche sind, der ist herzlich eingeladen, am Werktag zum Gottesdienst zu kommen. Allerdings fürchten die Verantwortlichen, dass bei den Christmetten der Platz in den Kirchen nicht reicht und es deswegen zu Ärger kommt. Ich möchte an dieser Stelle zunächst allen danken, die für die Umsetzung unseres Infektionsschutzkonzeptes sorgen, vor allem denen, die den Ordnungsdienst übernehmen. Ihnen, aber auch der Geduld derer, die zum Gottesdienst kommen, haben wir es zu verdanken, dass es bisher in unseren Gottesdiensten kein Infektionsgeschehen gab. Wir müssen auch weiter verhindern, dass wir uns infizieren, während wir darum beten, dass die Menschen vor dem Virus beschützt bleiben. Zur Feier der Christmette möchte ich gerne daran erinnern, dass wir in unserer Kirche Weihnachten nicht am 24. Dezember feiern, sondern am 25. Dezember. Die eigentliche Zeit für die Christmette ist deswegen auch die Mitternacht. Feiern Sie doch am Heiligen Abend eine schöne Andacht (GL 675,2) zu Hause, in der Sie das Weihnachtsevangelium vorlesen, und kommen Sie am ersten oder zweiten Weihnachtsfeiertag zum Gottesdienst in die Kirche.


So können wir auch trotz der Bedrohung durch das Virus uns gegenseitig in der Hoffnung auf Jesus Christus stärken und im Glauben verbunden bleiben. Lassen Sie mich auch mit einem Adventslied schließen: „Glanz strahlt von der Krippe auf, / neues Licht entströmt der Nacht. / Nun obsiegt kein Dunkel mehr, / und der Glaube trägt das Licht.“ (GL 227)


Ich wünsche Ihnen allen eine hoffnungsfrohe Adventszeit, ein gnadenreiches Weihnachtsfest und Gottes reichen Segen im neuen Jahr.


Es segne Sie der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Ihr Bischof Ulrich Neymeyr