Heute ist die mit Spannung erwartete erste Enzyklika von Papst Benedikt XVI. erschienen. Sie trägt den Titel "Deus caritas est" ("Gott ist die Liebe"). Damit greift der Papst ein Schriftwort auf, dessen vollständiger Text lautet: "Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm" (1 Joh 4,16).
Ich verstehe die Wahl dieses Themas programmatisch. Das wichtigste Thema des angebrochenen 21. Jahrhunderts wird die Frage sein, welchen Beitrag die großen Weltreligionen für eine Zukunft der Menschheit in Frieden und Sicherheit leisten können. Das Christentum wird deutlich machen müssen, das die christliche Gottesvorstellung den Menschen nicht klein und unfrei macht, sondern auf die Vollendung des Menschen zielt und seine Würde und Einmaligkeit betont. Das wird unüberbietbar in der Definition Gottes als Liebe zum Ausdruck gebracht. In der Liebe findet der Mensch zu sich selbst und er erfährt eine Erfüllung, die er sich selbst allein nicht schenken kann.
Die Enzyklika wird im Jahr vor dem 800. Geburtstag der hl. Elisabeth von Thüringen veröffentlicht, der großen Heiligen der Gottes- und Nächstenliebe. Ich entdecke in dem Schreiben des Papstes viele Anregungen, den Gedanken der Liebe, näher hin der Barmherzigkeit zum Leitthema des Elisabethjahres 2007 zu machen. Unser Gemeinwesen wie auch eine humane Zukunft der Welt ruhen auf diesen zwei Grundpfeilern: Gerechtigkeit und Liebe. Beides gehört untrennbar zusammen. Das Papstschreiben wird - so bin ich sicher - auch über die Katholische Kirche hinaus - Aufmerksamkeit und Interesse finden.
Erfurt, den 25.11.2006