Erfurt. Positiv haben Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche das ökumenische Treffen Papst Benedikts XVI. mit Vertretern des Rats der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) im Augustinerkloster gewürdigt. Allein das Faktum der Begegnung am Ort, wo Martin Luther wirkte, ist für beide Seiten von besonderer Bedeutung und eine wichtige Botschaft. Hinzu kommt die starke positive Würdigung Luthers durch den Papst bei der Begegnung im Kapitelsaal, die nach den Worten von EKD-Ratsvorsitzendem Präses Nikolaus Schneider den starken ökumenischen Geist zum Ausdruck brachte. "Wir haben heute die faktische Rehabilitation Luthers aus dem Mund des Papstes gehört."
Bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag, 23. September, im Pressezentrum im Theater in Erfurt zeigte sich Schneider zufrieden und auch nicht zufrieden mit der ökumenischen Begegnung. "Zufrieden bin ich, da es ein sehr ernsthaftes, geschwisterliches Treffen war; nicht zufrieden, weil wichtige Fragen weiterhin der Klärung bedürfen. Da müssen wir ran", betonte Schneider. Beim ökumenischen Gottesdienst sei zu spüren gewesen, dass die Kirchen dankbar für das bisher Erreichte seien, "aber unser Herz brennt nach mehr. Papst Benedikt hat mir das persönlich genauso gesagt", unterstrich der Ratsvorsitzende. Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, ergänzte: "Papst Benedikt hat uns in der Ökumene ermutigt."
Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, nannte den dankbaren Rückblick auf das, was in der Ökumene bereits geschehen ist, und die Ermutigung, in Zukunft den Weg weiterzugehen, als entscheidende Impulse der Papstansprache. Dabei würdigte Koch besonders, dass Papst Benedikt auf Luthers Fragen nach den gnädigen Gott eingegangen sei und sie ins Heute übersetzt habe.
2017 steht das Reformations-Jubiläum an. Dann sind 500 Jahre vergangen, seit Luther seine Thesen in Wittenberg veröffentlichte und die Reformation begann. "Ich hoffe, dass wir auf 2017 hin einen gemeinsamen Weg gehen können. Der Weg soll zeigen, dass die Reformation ein Ereignis ist, das uns gemeinsam weitergebracht hat", sagte Katrin Göring-Eckardt, Präses der Synode der EKD. Gemeinsam müssten sich die Kirchen den aktuellen Herausforderungen stellen und sich gegenseitig helfen, tiefer und lebendiger zu glauben. "Wir wollen uns auf den Weg machen mit ökumenischer Unruhe."
Einen freieren Umgang mit der Einladung zur Kommunion möge in absehbarer Zeit möglich sein, wünschte Schneider vor allem mit Blick auf konfessionsverschiedene Ehen. "Hier ist unser Einsatz gefordert." Kardinal Koch sah dies als schwierige Frage. Abendmahlsgemeinschaft ohne Kirchengemeinschaft sei auf katholischer Seite nicht denkbar. Die katholische Kirche möchte nicht "nur" die Abendmahlsgemeinschaft, sondern auch die Kirchengemeinschaft. Schneider setzte dem entgegen, dass die faktische Lebenssituation der Gläubigen diese Frage antreiben und bestimmen müsse.
Papst Benedikt XVI. hatte das ökumenische Treffen im Augustinerkloster einen "bewegenden Augenblick" genannt. Beim ökumenischen Gottesdienst sagte er: "Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muss es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie braucht." Deutlich sprach sich der Papst dafür aus, die unantastbare Würde des Menschen zu verteidigen, von der Empfängnis bis zum Tod - in den Fragen von PID bis zur Sterbehilfe.
Text und Bild: Bernhard Schweßinger (bs)