"Ich möchte nach Hause" - sagt das Kind zu den Eltern, wenn es müde ist vom langen Tag und seinen Erlebnissen. "Ich möchte nach Hause" - sagt der alte Mann, der erst wenige Tage im Seniorenheim ist und noch nicht so recht weiß, warum es denn hier für ihn besser sein soll als in seiner bisherigen Wohnung. Mit dem Zuhause verbinden wir meistens gute Erinnerungen. Hier ist Sicherheit, Freundschaft, Geborgenheit und Tradition.
Meine Arbeit seit einem Jahr mit den Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten konfrontiert mich öfter mit der Frage: "Wo bin ich zu Hause?" Manche sagen: "Wo ich all das finde, was Sicherheit, Freundschaft, Geborgenheit und Tradition bieten kann." Das kann sich im Laufe des Lebens ändern, weil ja die Orte sich ändern, zu denen wir aus persönlichen oder beruflichen Gründen wechseln. Vor 60 Jahren haben die Vertriebenen in Stuttgart die sogenannte "Charta der Vertriebenen" unterzeichnet und damit ausgesagt: Wir wollen jetzt hier mithelfen, dass Deutschland wächst und blüht. Wir wollen uns hier ein Zuhause schaffen, auch wenn die Heimat, wo unsere Wiege stand, weit weg ist.
Viele Christen waren unter den Unterzeichnern der Charta, die an Gott glauben, der überall dort ist, wo sich Menschen zum Gebet und Gottesdienst versammeln. Darum haben viele Vertriebene - darunter heute etwa 900 000 katholische Christen - bis zum heutigen Tag zu ihrem neuen Zuhause auch die Kirche und die Pfarrgemeinde hinzugefügt.
Wenn ich das Zuhause eines Menschen kenne, dass kann ich auch sein Inneres erahnen. Der Besuch in der Wohnung eines Freundes bringt deshalb auch noch zusätzliche Erkenntnisse über dessen Wesen. Als Jesus seine ersten Freunde, die Apostel, angesprochen hatte und sie neugierig geworden waren, fragten sie ihn: "Wo wohnst Du?" Jesus lud sie daraufhin ein mit den Worten: "Kommt und seht!" Wir Christen fühlen uns jeden Sonntag von Christus in dioe Kirche eingeladen. Dort sehen und hören wir, was ihm wichtig und für uns hilfreich ist. Ich wünsche mir viele Neugierige, die Jesus Christus fragen: "Wo wohnst Du?" Ich wünsche mir auch mutige christliche Freunde und Nachbarn, die dann sagen: "Kommt mit und seht es euch an!"
Bei der Bistumswallfahrt am Sonntag kommen viele katholische Christen aus Thüringen um 9.30 Uhr zum Erfurter Domplatz. Mischen Sie sich ruhig unter sie, um zu spüren, wie es ist, wenn wir Christen uns bei Gott zu Hause fühlen.