Selbstbestimmte Hilfe

Erfurter Initiativkreis "Assistere" thematisiert das Persönliche Budget für behinderte Menschen


Behinderte wollen am Leben teilnehmen
Initiativkreis "Assistere" thematisiert das Persönliche Budget für behinderte Menschen

Erfurt (BiP). "Assistere" heißt ein neuer Initiativkreis in Erfurt, der am 30. August mit einer Veranstaltung im Augustinerkloster erstmalig an die Öffentlichkeit tritt. Dabei geht es um Persönliche Assistenz für behinderte Menschen und um die Chancen und Risiken bei der Einführung des Persönlichen Budgets.


Betroffene, und das sind Behinderte, die auf die Hilfe Dritter für ein selbstbestimmtes Leben angewiesen sind, wissen sofort, um was es geht. Zum 1. Januar 2008 führt der Gesetzgeber das so genannte Persönliche Budget ein (Sozialgesetzbuch IX, ? 17). Behinderte haben dadurch die Möglichkeit, selbst zu bestimmen und zu bezahlen, wer ihnen welchen Dienst leisten soll. Hier ist beispielsweise an persönliche Hilfen im Haushalt, beim Einkauf oder bei Behördengängen zu denken.


"Viele Betroffene hoffen auf eine Verbesserung ihrer Situation durch das Persönliche Budget", erklärt der Erfurter Theologie-Professor Josef Römelt, der wegen Multipler Sklerose selbst im Rollstuhl sitzt und sich bei "Assistere" engagiert. Der Initiativkreis macht sich in Erfurt für die Persönliche Assistenz für behinderte Menschen stark.


Bisher sei es so gewesen, erklärt Römelt, dass alle von Behinderten in Anspruch genommenen Leistungen beantragt und nach Genehmigung mit den zuständigen Institutionen abgerechnet werden mussten. "Das wird jetzt entbürokratisiert, weil der Behinderte sein eigenes Budget verwaltet. Zudem kann er unter Achtung der gesetzlichen Vorgaben freier bestimmen, wer ihm hilft."


Römelt weiß aus eigener Erfahrung nur zu gut, dass manche Bedürfnisse, die ein behinderter Mensch hat, ein vertrauensvolles Verhältnis zum Helfer voraussetzen. "Da ist es gut, wenn vertraute Personen wie Verwandte, Freunde, Nachbarn als Helfer bestellt und bezahlt werden können," meint Römelt. Das neue Gesetz ließe dies leichter zu.


Weil es in Erfurt an einem Assistenzdienst mangelt, der Betroffenen etwa bei der Beantragung des Persönlichen Budgets Hilfestellungen gibt, will der Initiativkreis "Assistere" im September einen eingetragenen Verein (e.V.) gleichen Namens gründen. "Das beste Gesetz nutzt nichts, wenn es vor Ort nicht umgesetzt wird", unterstreicht Professor Römelt. Anderswo sei man weiter. Zum Beispiel in Kassel.


Welche Beispiel gebenden Angebote es dort gibt, wird Uwe Frevert bei der Assistere-Veranstaltung am Donnerstag, 30. August, ab 16.30 Uhr ausführen. Frevert ist als Behinderter Vorstandsmitglied der Interessenvertretung "Selbstbestimmt Leben e.V". in Deutschland und gilt als Vordenker in Sachen Persönlicher Assistenz. Seinem öffentlichen Vortrag, zu dem Betroffene, Interessierte und Vertreter von Kostenträgern eingeladen sind (Anmeldung bis zum 29.8. erbeten: Tel. 0361-5401387, eMail: assistere@web.de), soll sich eine Diskussion anschließen.


"Wenn es uns auch streng genommen als Verein noch gar nicht gibt, möchte ?Assistere? schon jetzt mit dieser Veranstaltung ein erstes Signal setzen und ermuntern, die Situation behinderter Menschen bewusster wahrzunehmen und zu verbessern", sagt Josef Römelt.


Zunächst will sich der Verein nach seiner Gründung für körperbehinderte und chronisch kranke Menschen in der Stadt Erfurt engagieren. "Was daraus alles entsteht, werden wir dann ja sehen", zeigt sich Professor Römelt zuversichtlich und hofft auf viele behinderte und nicht behinderte Mitglieder bei "Assistere".



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