"Nur der Bibel zugut ward ich Theolog"

Bischof Fürst über die Bedeutung der Heiligen Schrift für den Theologen und Sprachforscher Herder

Pressemitteilung der Bischöflichen Pressestelle der Diözese Rottenburg-Stuttgart:*


Weimar/Rottenburg (drs). Die Bedeutung der Bibel für das Sprachverständnis von Johann Gottfried Herder ist nach Auffassung des Rottenburger Bischofs Gebhard Fürst "bis heute nahezu unerkannt geblieben". Dabei habe der lutherische Theologe und Sprachforscher seine grundlegende Sprachphilosophie "an der Poesie und Sprache der Bibel entwickelt", betonte Fürst am Freitag (19. Dezember) auf einer Herder-Tagung in Weimar anlässlich des 200. Todestages des großen Universalgelehrten und Bildungsreformers.


In seinem Vortrag "Das heilige Buch der Menschheit" hob Fürst die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift für Herders Leben und Werk hervor. "Nur der Bibel zugut war ich Theolog", zitierte der Bischof den Generalsuperintendenten, der auf Vermittlung Goethes, der Herder in Straßburg kennen gelernt hatte, nach Weimar gekommen war. Herder habe, so Fürst, die Bibel als das Buch der ältesten poetischen Sprache betrachtet, als "Buch des Ursprungs der Menschheit", der ersten Philosophie und der Bildung zur Humanität.


Gegen die Aufklärungsphilosophie mit ihrem unzulänglichen Verständnis der Sprache hat Herder, dem Bischof zufolge, auf die hebräische Poesie als "Therapeutikum und Regenerationsmodell zurückgegriffen". Da die Bibel nach Herder "die prägenden Ur-Bilder des menschlichen Geistes" enthalte, führe der Dialog mit diesen biblischen Denkbilder "den menschlichen Geist von und in seinen eigenen Ursprung".


Nachdrücklich wies Fürst auf Herders Einsicht in die Geschichtlichkeit und Zeitbedingtheit der Bibel und ihrer Sprache hin. "Gerade als geschichtlich entstandenes Buch ist die Bibel das Buch realer Geschichte." Als das "menschliche Buch schlechthin" in menschlicher Sprache sei die Bibel nach Herder gleichwohl "ein göttliches Buch", dessen Sprache sich als wahr und wirksam in ihren Wirkungen "analog dem hervorbringenden Schöpfungsakt Gottes durch sein Wort" erweise. Die biblische Sprache habe, so Fürst, die Kraft zur Vergegenwärtigung des Ursprungs wie auch zur "Ansage von Noch-nicht-Gesagtem". In diesem Sinn sei die Bibel das "Buch der lebendigen Ü;berlieferung", das Trost und "genug zum Glauben, Handeln und Hoffen" schenke.


Die Herder-Tagung vom 18. bis 20. Dezember des SFB in Zusammenarbeit mit der Stiftung Weimarer Klassik und der Herder-Gesellschaft stand am Freitag unter dem Thema "Die Bibel im Werk Herders". Fürst hat 1986 in seiner Dissertation Herders Sprachtheorie einer eingehenden Untersuchung unterzogen, veröffentlicht 1988 unter dem Titel "Sprache als metaphorischer Prozess. Johann Gottfried Herders hermeneutische Theorie der Sprache" (Grünewald-Verlag Mainz, 436 Seiten)


Klaus W. Hälbig



*Die Verantworung für den Inhalt der Pressemitteilung liegt beim oben angeführten Absender



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