Cora Matteo (Taiwan), Dieter Tewes (Osnabrück) und Bischof Michael Wüstenberg (Südafrika) beim Studientag im Bildungshaus St. Martin
Wie funktioniert Kirche, wenn die gewohnten Formen an ihre Grenzen kommen? Welche Formen gemeinsamen Christseins kann man entwickeln? Bischof Michael Wüstenberg kennt diese Fragen gut. Im Bistum des Deutschen, Aliwal North in Südafrika, gibt es nur ca. 17.000 Katholiken und bloß 11 Priester. Dafür wirken dort aber über 800 "leader", die ehrenamtlich Wortgottesdienste leiten, Begräbnisse organisieren und in kleinen Gruppen das Evangelium teilen. Sie sind an der Basis des Lebens dran und gestalten Kirche vor Ort. "Basis bedeutet hier ein Dreifaches", so Bischof Wüstenberg, "am Fundament des Evangeliums zu sein, an der Basis der Lebenssituation der Menschen und direkt am Ort, an dem man lebt."
Solche Kleinen Christlichen Gemeinschaften (KCG) tragen das Leben der Kirche, wenn ein Pfarrer weit weg ist und nicht regelmäßig vorbeikommen kann. Dieter Tewes aus Osnabrück vom Nationalteam Kleine Christliche Gemeinschaften in Deutschland erklärt: "KCGs streben danach, dass jeder Getaufte intensiver mit der Liebe Gottes und dem Glauben in Berührung kommt, dass man den Glauben in Gemeinschaft erfahren kann und sich als überzeugter Christ in seinem Umfeld engagiert." Er bietet den Bistümern in Deutschland Unterstützung bei dem langen Prozess, in dem sich die Getauften bewusst werden, dass sie mitverantwortlicher Teil von Kirche sind und gemeinsam eine eigene Vision für die Zukunft der Kirche am Ort entwickeln.
Damit die Engagierten hierzulande nicht allein sind auf ihrem Weg, hat er Cora Mateo aus Taiwan eingeladen. Sie war die Generalsekretärin der Föderation der asiatischen Bischofskonferenzen für die Arbeit mit Laien und hat auf nationaler Ebene Teams von Bischöfen, Priestern und Haupt- und Ehrenamtlichen Mitarbeitern über Kleine Christliche Gemeinschaften informiert und ausgebildet. Die Situation ist in Asien allerdings eine ganz andere als hier, denn dort leben Christen eng mit anderen Religionen zusammen. Es ist kein kulturell christlich geprägter Kontext vorhanden. Aber gerade darum ginge es, erläutert Cora Mateo, zu entdecken, was es heißt, vor Ort auf neue Weise Kirche zu sein und das Wort Gottes ins Leben zu übersetzen. In Südafrika wiederum sind die Nachwirkungen der Apartheid, kulturelle Stammesgewohnheiten und HIV/Aids Herausforderungen für die Kirche, stellte Bischof Wüstenberg die Lage dar.
Beide Gäste beschäftigen sich schon lange mit der Frage, wie der christliche Glaube, die Menschen noch besser erreicht. Sie sind überzeugt, es reiche nicht, nur über den Glauben zu sprechen und auch nicht, nur mit sozialen Aktionen zu helfen. Ganz deutlich wurde, dass eine Änderung zuerst mit einer Vision beginnt und dass in jedem ein Bewusstsein entstehen muss, dass sich etwas ändern kann, dass es noch mehr gibt und die eigene Sehnsucht etwas bewirken wird. Dem Bistum Erfurt wie allen, die sich auf die Suche nach der Zukunft der Kirche machen, empfahlen sie sich zu fragen, was jeder bereit ist einzubringen, damit sich der Glaube vor Ort noch besser einwurzelt.
Kristin Langos
13.6.2014