Kolloquium Petersberg

Grußwort vom 19. September 2003

Weit über 700 Jahre wurde das Erfurter Stadtbild durch die Trias dreier Kirchen und ihrer Türme geprägt: durch die Stiftskirchen von St. Marien und St. Severi und durch die Kirche der Benediktinerabtei St. Peter und Paul.


Als Abt Burchard 1103 die Fundamente zum Neubau der Kirche legte, bestand das Kloster bereits über vierzig Jahre. Erzbischof Siegfried von Mainz wollte in seiner Diözese, beeinflusst durch die Reform von Cluny, eine Klosterreform vornehmen. Er habe, so wird berichtet, ein auf dem Petersberg vorgefundenes Kollegiatsstift mit Hilfe des Abtes Wilhelm von Hirsau in eine Benediktinerabtei verwandelt. Am Beginn des Klosters ist also eine jener Reformbewegungen zu finden, die die "libertas ecclesiae" in unterschiedlicher Ausformung zum Programm machte. Bis heute findet sich die als "Hirsauer Bauschule" bezeichnete bauliche Eigenart in den Gebäuden des ehemaligen Klosters. Noch einmal wird das Peterskloster im Zusammenhang mit monastischen Reformen eine Rolle spielen, als die Abtei im 15. Jahrhundert Mittelpunkt der Bursfelder Reformkongregation wird.


Eine erste "Säkularisation" 1633 durch die Schweden ließ das Kloster über drei Jahre verwaisen. Der Zitadellenbau auf dem Petersberg seit 1665 brachte Grundstücksverluste und räumliche Einschränkungen. Mit der zweiten "Säkularisation" und damit der Aufhebung des Petersklosters am 23. März 1803 endete endgültig klösterliches Leben auf dem Petersberg. Dem Beschuss der Zitadelle am 6. November 1813 fielen Klostergebäude zum Opfer, nicht zuletzt die Türme der Basilika. Die in der Folge vorgenommenen Abrisse und Umbauten lassen dennoch erkennen, welch eine großartige Anlage dieses Kloster einmal war.


Die Erfurter Benediktinerabtei St. Peter und Paul gehört zweifellos zu den bedeutendsten Klöstern Deutschlands im Mittelalter und der Neuzeit. An den kirchlichen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Blütezeiten des Klosters haben viele Zeitgenossen partizipiert - theologisch gesprochen: die Mönche waren auch ein Segen für andere.


Mit Ihrem wissenschaftlichen Kolloquium stellen Sie die Mönche auf dem Petersberg und ihr Wirken in den Mittelpunkt. Natürlich wird der wissenschaftliche Diskurs eine wichtige Rolle spielen, so beispielsweise das bisher ungelöste Rätsel der tatsächlichen Gründungszeit des Klosters. Darüberhinaus wird die Tagung dazu beitragen, die ehemalige Petersabtei wieder in das Bewusstsein der Zeitgenossen zu heben.


Ende der 60er und zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts waren von damaligen Städteplanern Ü;berlegungen angestellt worden, auf dem Petersberg ein Hotel zu bauen, das - so sahen es Modelle vor - die Dominanz der Türme von Dom und St. Severi und damit das Stadtbild verändert hätten. Der Plan, der wohl auch die Beseitigung mancher Reste des Klosters bedeutet hätte, wurde gottlob nicht ausgeführt. Das heutige Stadtbild von Erfurt ist, vergleicht man es mit mittelalterlichen Darstellungen, ohne die Petersabtei unvollständig. Auch wenn ein Wiederaufbau der gesamten Basilika nicht möglich ist, kann das Erinnern an dieses Kloster das kulturelle Gedächtnis der Thüringer vervollkommnen. Im übertragenen Sinne wünsche ich Ihrem Kolloquium, dass es dazu beiträgt, den Petersberg wieder als herausgehobenen Ort erscheinen zu lassen, der zur Vervollständigung des Gesamtbildes thüringischer und deutscher Geschichte unabdingbar ist.


JOACHIM WANKE

Bischof von Erfurt





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