Die Erfurter Kirchenmusiktage 2012 wurden - wie in den letzten Jahren - in ökumenischer Zusammenarbeit der drei Kirchenmusiker Ehrenwerth (Kantor der Prediger-Augustinergemeinde), Dreißig (Organist der Predigerkirche) und von Kessel (Domorganist) geplant. Sie beginnen in der Predigerkirche am Mittwoch, 5. September um 20 Uhr. Dieses Eröffnungskonzert steht in diesem Jahr 2012, dem thematischen Jahr Reformation und Musik, unter dem Motto "Erfurter Musik der Reformationszeit". Das "Johann Rosenmüller Ensemble" spielt und singt unter Leitung von Arno Paduch Werke von Walther, Praetorius, Dedkind, Cumpenius u.a.
Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stärke erreichte die Stadt Erfurt im hohen Mittelalter eine weitgehende Autonomie von den Erzbischöfen und Kurfürsten von Mainz, den eigentlichen Landesherren Erfurts. Da es der Stadt Erfurt aber nie gelang den Status einer freien Reichsstadt zu erlangen, der die vollkommene Selbständigkeit vom Mainzer Kurstaat garantiert hätte, ist ihre Geschichte im 16. und 17. Jahrhundert von den beiden Polen Streben nach Selbstständigkeit und Unterwerfung unter den Landesherren geprägt. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch an der konfessionellen Lage Erfurts als frühes Zentrum der Reformation, in der aber trotzdem acht katholische Stifte und Klöster, darunter auch das Marienstift, der heutige Dom unter dem Schutz des Mainzer Erzbischofs erhalten blieben.
Das Programm des Eröffnungskonzertes der ERFURTER KIRCHENMUSIKTAGE 2012 versucht diese Spaltung musikalisch darzustellen, in dem auf der einen Seite Werke aus dem Umfeld des Mainzer Kurfürsten Kardinal Albrecht von Brandenburg, wie z. B. von Arnold Schlick und Wolf Heintz erklingen, und auf der anderen Seite evangelische Werke, wie die Motette zur Erfurter Ratswahl von Heinrich Cumpenius aus dem Jahre 1572 oder Kompositionen von Hieronymus Praetorius, der seine erste Stelle als Organist in Erfurt ausübte. Exemplarisch für die Wirren des 16. Jahrhunderts mag hier Wolf Heintz stehen, der auf der einen Seite dem Kurfürsten Albrecht von Brandenburg als Hoforganist diente und auf der anderen Seite mit Martin Luther Briefe austauschte.
Unbeachtet muß in diesem Konzert die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg bleiben, als in den konfessionell gemischten Städten wie Erfurt, Frankfurt am Main, Hildesheim, Speyer, Worms oder Augsburg katholische Musiker selbstverständlich in evangelischen Kirchen engagiert wurden und die lutherischen Stadtpfeifer selbstverständlich auch die Bläserpartien in den katholischen Kirchen übernahmen, also eine überkonfessionelle Zusammenarbeit betrieben, wie sie noch heute in den Erfurter Kirchenmusiktagen weiterlebt.
Sieben weitere Konzerte
Am Freitag, den 7. September um 20 Uhr schließt sich ein Wandelkonzert in Zusammenarbeit mit dem "Kirchensprung" an, welches Erfurter Choräle zum Thema hat, also Choräle, die in Erfurt entstanden sind: Um 20 Uhr beginnt es in der Augustinerkirche, dann geht es um 20.45 Uhr in die Lorenzkirche sowie zum Schluß um 21.30 Uhr in die Reglerkirche. Die Choräle werden mit Gesang, Orgel und Blechbläsern vorgestellt.
Am Samstag, 8. September findet um 19.30 Uhr ein Konzert für Saxophonquartett ("fo(u)r Fans") und Orgel in der Predigerkirche statt (Orgel: Matthias Dreißig).
Am Sonntag, 9. September wird um 10 Uhr ein Kantatengottesdienst in der Predigerkirche gefeiert (mit der Augustinerkantorei, dem Andreas-Kammerorchester, Ltg: LKMD Dietrich Ehrenwerth), der sich in Gestalt der Kantate "Ein feste Burg ist unser Gott" BWV 80 auch dem Themenjahr Reformation und Musik widmet.
Am Dienstag, 11. September ist um 19.30 Uhr das "Ensembe Morales", benannt nach dem spanischen Komponisten Cristóbal de Morales (1500 - 1553), im Hohen Chor des Erfurter Domes zu Gast: Vier junge Leipziger Sänger, allesamt ehemalige Thomaner, singen Musik der Renaissance, von Cristóbal de Morales, Josquin des Prez, Thomas Tallis, William Byrd ("Mass for four voices"), Leonard Lechner, Orlando di Lasso und Balthasar Resinarius.
Am Mittwoch, 12. September um 20 Uhr erklingen in der Augustinerkirche musikalische Annäherungen an Martin Luther mit dem Titel des von Luther aus dem lateinischen Original (Media in vita) übersetzten Chorales "Mitten wir im Leben sind". Aufführende sind das Ensemble Nu:n, Orgel (Volker Jaekel), Saxophone (Gert Anklam), Gitarren und Live-Elektronik (Falk Zenker). Ein Beitrag zum Themenjahr Musik und Reformation.
Am Freitag, 14. September um 19.30 Uhr spielt Prof. Michael Kapsner ein Orgelkonzert mit barocker Orgelmusik an der historischen Barockorgel von Franciscus Vockland in der Cruciskirche (auch Neuwerkkirche genannt, Adresse: Klostergang).
Am Samstag, 15. September um 20 Uhr findet im Dom das Abschlußkonzert der Erfurter Kirchenmusiktage 2012 statt - ein Höhepunkt, welcher mit einer zweifachen Premiere aufwartet:
Der Dombergchor singt zusammen mit Solisten und dem Thüringischen Kammerorchester Weimar unter der Leitung von Prof. Silvius von Kessel im Dom das "Magnificat" von Johann Sebastian Bach, welches zugleich Grundlage einer Tanzaufführung des Tanztheaters Erfurt (Ltg: Ester Ambrosino) ist. Die Tänzer werden also das Werk zeitgleich auf ihre Weise darstellen und deuten. Dieser "Bach-Tanz" ist eine Premiere für den Erfurter Dom! Der Domchor wird dabei nicht wie üblich nur an einer Stelle stehen, sondern auch seine Standorte verändern sich im Verlaufe des gut halbstündigen Werkes. Nur das Orchester bleibt natürlich an seinem Platz sitzen.
Desweiteren wird eine Uraufführung erklingen: George Alexander Albrecht hat eine Elisabeth-Motette über die heilige Elisabeth von Thüringen geschrieben, die er dem Erfurter Domorganisten Silvius von Kessel gewidmet hat. Der Text stammt von Hellmut Seemann, dem Präsidenten der Stiftung Weimarer Klassik. Und in diesem besonderen Konzert muß auch der dritte Teil besonders sein: Es erklingen das Magnificat und das Salve Regina und zwei weitere Werke für Gemischten Chor von Arvo Pärt, sozusagen als Gegenüber zu Bachs Magnificat.
www.kirchenmusik-erfurter-dom.de
Quelle: Pressemitteilung der Erfurter Kirchenmusiktage. Den Inhalt verantwortet der Absender.