Kein Abschied für immer

Letzter Gottesdienst in Klosterkirche Kerbscher Berg gefeiert

Innenraum der Klosterkirche St. Petrus Baptista und Gefährten auf dem Kerbschen Berg; (c) Bistum Erfurt

„Ich fühlte mich als Teil vom Kerbschen Berg, dieser war mir zu meiner zweiten Heimat geworden“, erzählt Bernd am Beginn des Gottesdienstes. Er berichtet davon, wie sehr ihn die Franziskaner fasziniert und geprägt haben, die dort tätig waren (seit 1864), den Schock, als diese den Kerbschen Berg 1994 verließen und die Freude über das danach entstandene Familienzentrum, das für ihn und seine Familie zum Treffpunkt wurde, von dem aus viele bis heute anhaltende Freundschaften entstanden. Neben dem ca. 50jährigen schildern noch zwei Frauen ihre Erlebnisse, die sie mit der Klosterkirche auf dem Kerbschen Berg in besonderer Weise verbinden. 

Dass der Gottesdienst mit diesen drei Erzählenden begann, hatte seinen Grund. Denn es hieß Abschied nehmen am 12. Januar. Es war nicht nur ein Abschied von der Krippe (an diesem Tag war das Fest der Taufe des Herrn, welches die Weihnachtszeit beschließt). Es war auch ein Abschied von der Klosterkirche, die nun (innen) zu einer Familienkirche umgebaut wird. 

Wie viele sich dieser Kirche verbunden fühlten, zeigte sich nicht nur daran, dass sie an diesem Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt war, sondern auch schon in den Tagen zuvor. Pia Schröter, die Leiterin des Familienzentrum, begegnete in der Kirche etlichen Besuchern, die einfach nur noch einmal in „ihre“ Kirche kamen, um sich von ihrer jetzigen Gestalt zu verabschieden. Die schlichten und mit merklichen Gebrauchsspuren behafteten Kirchenbänke, die in der dann umgebauten Kirche keinen Platz mehr haben, seien gegen eine Spende wie warme Semmeln weggegangen und haben nun bei Privatleuten ein neues Domizil gefunden.

Ein besonderer Moment war während des Gottesdienstes die Zeremonie der Tauferneuerung. Die Taufe ist das grundlegende Sakrament; mit ihr beginnt das Leben in der christlichen Gemeinschaft. Für nicht wenige geschah dies in der Klosterkirche. Pfarrer i.R. Hubert Müller lud die Kinder ein, ihren Eltern mit dem Weihwasser ein Kreuz auf die Stirn zu zeichnen, und da es viele Kinder waren, kam einiges in Bewegung in der Kirche.

Nach dem Gottesdienst wurde das Allerheiligste mit einer kleinen Prozession auf den Weg in die Pfarrkirche St. Gerhard in Dingelstädt gebracht und die Figur der Hl. Anna Selbdritt in den Saal des Familienzentrums. Hier werden bis zum Ende des Kirchenumbaus, der mit knapp zwei Jahren veranschlagt ist, die Familiengottesdienste gefeiert.

Nach 15 Jahren unermüdlichen Einsatzes von Pfarrer i.R. Hubert Müller als Geistlicher Beirat des Familienzentrums dankten ihm die Mitarbeitenden und die Familien für sein Engagement mit einem besonderen Geschenk. Er bekommt im Frühjahr ein Hochbeet (überreicht wurde ihm schon mal eine Miniaturausgabe davon). Das Holz für dieses wird aus der Klosterkirche genommen, welches für die „neue“ Kirche nicht mehr gebraucht wird.

Pfarrer Müller, der in diesem Jahr 85 Jahre alt wird, erzählte von seinen Anfängen auf dem Kerbschen Berg. Eines war zu spüren: die Freude an diesem Dienst und dass er keineswegs müde ist, um nicht noch weiter als Geistlicher Beirat auf dem Berg tätig zu sein.

Bei gemütlichen Beisammensein endete dieser Sonntagvormittag - mit Dankbarkeit für das Vergangene sowie mit Zuversícht und Vorfreude auf das Kommende.

Zum Umbau der Kirche

Die geschichtsträchtige Kirche St. Petrus Baptista und Gefährten hat im Lauf der Zeiten viele Menschen willkommen geheißen. Damit sie auf Zukunft hin ein einladender Ort der Gemeinschaft, der Stille und des Innehaltens und des Gebetes bleibt, wird sie nun als Familienkirche umgestaltet. Die geplante Umgestaltung verbindet Tradition mit modernen Ansprüchen des Glaubenslebens und schafft so einen Ort der Offenheit und Inspiration.

Die Kirche soll Menschen aus verschiedenen sozialen, kulturellen, weltanschaulichen und religiösen Hintergründen ansprechen und ihnen die Möglichkeit bieten, sich auszutauschen und voneinander zu lernen.

Nach der Neugestaltung bleiben weiterhin Gottesdienste und Andachten ein zentraler Bestandteil dieser Kirche, aber auch andere Veranstaltungsformate sind im neuen Konzept realisierbar. So werden zukünftig Familiengottesdienste, Gesprächskreise sowie kulturelle Veranstaltungen ermöglicht, die die Gemeinschaft fördern und zum Austausch anregen.

Die Fertigstellung des Umbaus ist für 2026 geplant.

 


Auf dem Weg ins Zwischenquartier, d.h. Saal des Familienzentrums - bis der Umbau der Kirche beendet ist

Erst gab es den Segen zum Abschluss des Gottesdienstes, und dann…

das Dankeschön an Pfarrer i.R. Hubert Müller

Fotos: Andrea Wilke

Am Tag danach wurde begonnen, den Platz vor der Kirche für den nötigen Bauplatz herzurichten und die Kirche auszuräumen

Das Kircheninnere wurde schnell ausgeräumt

Fotos: Pia Schröter