"Kann ja mal passieren!"

Der Erfurter Jugendreferent Robert Weidler berichtet über Köln im Ausnahmezustand


Es wird hier in Köln und Umgebung kaum ein Lied gesungen, bei dem nicht die ganze Gemeinschaft freudig mitklatscht. Fahnenmeere entstehen, wenn Jugendliche aus mehreren Nationen zusammenkommen, und Redner müssen damit leben, ständig durch tosenden Beifall unterbrochen zu werden. Die Freude, den Weltjugendtag miterleben zu dürfen, setzt offensichtlich viel Bewegungsenergie frei.


Doch den Begeisterungsstürmen und "La Ola-Wellen" folgen bei Gebeten und Gottesdiensten regelmäßig ruhige Momente, Meditationen und Zeiten der Stille. Auch das tut wirklich gut! Denn so ganz nebenbei müssen immer wieder überfüllte Bahngleise und S-Bahnen, lange Fahrzeiten, längere Warteschlangen oder Probleme bei der Essensversorgung sowie notorischer Schlafmangel verkraftet werden. Da die meisten der Weltjugendsteilnehmer aus dem Bistum Erfurt in Neuss und kleineren Vororten untergebracht sind, gehen allein für die Hin- und Rückfahrt nach Köln Stunden drauf. Glücklich, wer da nicht drei S-Bahnen fahren lassen muss, es sei denn, man ergattert einen der begehrten Sitzplätze, um etwas "Augenpflege" betreiben zu können.


Was Unbeteiligten als Chaos anmuten mag, nehmen die Jugendlichen eher "cool". Bevor sich überhaupt die kleinste Aufregung über verpasste Züge oder die vermeintlich ungenügende Organisation einstellen kann, haben Italiener, Brasilianer oder Afrikaner längst ein Lied angestimmt. Selbst verwöhnteste Deutsche lassen sich davon anstecken und können sich nicht mehr richtig ärgern.


Bei den karnevalserprobten Kölnern und Düsseldorfern springt der Funke noch schneller über. "Wir sind ja wirklich einiges gewöhnt, aber diese Jugendlichen, die möchte ich am liebsten alle einfach nur mal richtig drücken. Toll, was die für eine herzliche und freundliche Stimmung hier verbreiten.", freut sich eine Einheimische inmitten unzähliger Pilger an einer S-Bahn-Station. Endlich kommt der Zug, alle drängen nach vorne, auch die Frau will hinein, doch der Wagen ist längst schon überfüllt. Kein Stirnrunzeln, keine zornigen Worte. "Kann ja mal passieren!", lacht die Frau und singt beim nächsten Lied der Pilger einfach mit.


Robert Weidler



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