Pressemitteilung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend - Diözesanverband Erfurt*
Heiligenstadt (BDKJ/weidler). Bekannt ist die Abkürzung PGR eigentlich für "Pfarrgemeinderat". Manch einer mag die drei Buchstaben manchmal vielleicht etwas spöttisch als "Pfarrer gegen Rest (der Gemeinde)" deuten, bei anderen stehen diese aber auch für "pragmatische gemeinsame Ratsentscheidungen". Mit solchen und teilweise auch so formulierten Erfahrungen in diesem Gremium kamen etwa 20 Jugendliche aus dem Bistum Erfurt vom 6.-8. September ins Marcel-Callo-Haus nach Heiligenstadt, um sich darüber auszutauschen.
Die meisten von ihnen sind seit etwa zwei Jahren Vertreter ihrer Jugendgruppe im Pfarrgemeinderat. "Ich bin von unserem Pfarrer dorthin berufen worden", berichtet Mechthild aus Gernrode, "allerdings traue ich mich nur sehr selten, etwas zu sagen. Oftmals habe ich das Gefühl, zu wenig Ahnung zu haben und auch nicht richtig ernst genommen zu werden." So wie sie hatten die wenigsten der Teilnehmer bei der Ü;bernahme ihres Amtes eine Einführung in die damit verbundenen Aufgaben, Rechte und Pflichten erhalten.
Dies war dann auch der Anknüpfungspunkt für das Leitungsteam vom Diözesanverband Erfurt des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), der diese Veranstaltung organisiert hatte. Gemeinsam schaute man sich die wichtigsten Punkte des "Statutes für Pfarrgemeinderäte im Bereich des Bistums Erfurt" an. Kaum einer der Jugendlichen hatte vorher gewusst, dass es so etwas überhaupt gibt. Erstaunt war eine ganze Reihe von ihnen darüber, dass die PGR-Sitzungen öffentlich sind und somit eigentlich alle interessierten Gemeindemitglieder dabei sein dürfen. Als unbedingt nachahmenswert empfanden sie deshalb die von einem Teilnehmer berichtete Praxis, einfach noch jemand aus der Pfarrjugendgruppe mitzunehmen, damit man sich nicht so alleine vorkommt.
Mit einem Rollenspiel wurde dann das Argumentations- und Durchsetzungsvermögen trainiert. Dabei dienten die Renovierung eines Jugendraumes sowie die Vorbereitung eines Gemeindefestes als fiktive Beispiele. Im Anschluß daran schätzten sich die Jugendlichen gegenseitig ein und erhielten Tipps und Hinweise von der Kursleitung.
Am Samstagabend wurde die Veranstaltung dann auch für andere junge Leute der Umgebung geöffnet zu einem Gespräch mit Politikern. Anlass dafür war die bevorstehende Bundestagswahl und die damit verbundene BDKJ-Wette mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, in allen Wahlkreisen des gesamten Bundesgebietes mit jeweils fünf Direktkandidaten ins Gespräch zu kommen. Für den Wahlkreis Eichsfeld/Nordhausen nahmen Manfred Grund (CDU), Eckhard Ohl (SPD), Gerhard Jüttemann (PDS) und Claudius Hille (Bündnis 90 / Grüne) daran teil sowie Martin Henning (FDP) für den verhinderten Kandidaten. Außerdem waren etwa 30 junge Leute bei der Diskussion dabei, die sich mit Politikfeldern wie Arbeitsmarkt, Bildung oder Europa beschäftigte. Die Jugendlichen interessierte darüber hinaus, was die Politiker speziell für die junge Generation in den nächsten Jahren erreichen möchten, welche Drogenpolitik ihre jeweiligen Parteien beispielsweise verfolgen, aber auch, warum nur Männer in diesem Wahlkreis kandidieren. Die Brücke zum Wochenendkurs schlug der Grünen-Politiker Hille, der darauf hinwies, dass Politik nicht nur etwas mit Parteien zu tun hat, sondern von vielen Organisationen gestaltet wird und somit auch eine Vertretung im Pfarrgemeinderat (kirchen-)politische Bedeutung hat.
In der letzten thematischen Einheit richteten die Teilnehmer des Wochenendkurses den Blick noch auf ihre zukünftige Tätigkeit. Einig waren sich alle, dass sie neu motiviert wurden, sich in der nächsten Zeit noch stärker für die Belage der Pfarrjugend und der gesamten Gemeinde einzusetzen. So möchte sich Jacob beispielsweise in seiner Erfurter Pfarrei dafür stark machen, dass die Jugendgruppe künftig bei eigenen Veranstaltungen auch die Küche des Gemeindehauses nutzen darf. Kathrin, Maria und David werden sich verstärkt darum bemühen, dass die drei Heiligenstädter Pfarrjugendgruppen mehr gemeinsam unternehmen. Roberto und Stephan werden ganz praktisch beim Aufbau der Orgel in der Kirche von Brehme mithelfen und Angela will alles daran setzen, dass demnächst in Birkungen nach 10 Jahren wieder eine Neuaufnahme von Neuntklässlern in die Pfarrjugend stattfindet, wo dann auch aktuellere Themen besprochen werden sollen.
Josef aus Jena war der einzige an diesem Wochenende, der erst vor kurzem für den Pfarrgemeinderat nominiert wurde und deshalb noch keine Versammlung miterlebt hat. Auch wenn er Durchsetzungsvermögen, Zuverlässigkeit und Organisationstalent ohnehin zu seinen Stärken zählt, so war er doch ganz froh, von dem ein oder anderen Teilnehmer nützliche Hinweise erhalten zu haben. "Ich freue schon mich auf meine erste Pfarrgemeinderats-Sitzung. Das wird gleich eine Klausurtagung sein, wo ich dann ausführlich von unserem Wochenende berichten kann.", sagte er in der Reflexionsrunde.
Solch eine überregionale Zusammenkunft der jugendlichen PGR-Vertreter hat es in unserem Bistum lange nicht mehr gegeben. Die Teilnehmer waren sich am Ende schnell einig, dass dies öfter mal veranstaltet werden sollte. Vielleicht kommen beim nächsten Mal noch ein paar mehr Jugendliche, auch wenn große Zahlen eigentlich gar nicht so entscheidend sind. In seiner Predigt beim abschließenden Sonntagsgottesdienst betonte Jugendpfarrer und BDKJ-Präses Carsten Kämpf dann auch, dass es vor allem wichtig sei, sich gegenseitig Mut zu machen. Gerade wenn man oft das Gefühl habe, allein(gelassen) zu sein, dürfe man getrost auf das Schriftwort "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, ..." vertrauen. Deshalb seine Deutung der drei Buchstaben PGR: "Partnerschaft gegen Resignation".
Robert Weidler, BDKJ-Geschäftsführer
*Die Verantwortung für den Inhalt dieser Pressemitteilung trägt der oben genannte Absender
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