Erfurt (BiP). Ü;ber 1.600 Euro spendeten die Teilnehmer der Jugendwallfahrt des Bistums Erfurt für einen Kinderspielplatz in Lugoj (Rumänien). Von dem Geld werden Mitglieder des Ökumenischen Arbeitskreises "Rumänienhilfe-Lugoj" (Schlotheim) vor Ort Materialien für Spielgeräte kaufen und aus Deutschland Werkzeug, Schrauben und Nägel nach Rumänien transportieren. Der Spielplatz wird dann gemeinsam mit Jugendlichen aus Lugoj im Frühjahr 2004 aufgebaut. In der westrumänischen Stadt herrscht nach Schließung einer Textilfabrik, dem Hauptarbeitgeber, große Armut. Selbst Kinder müssen durch Betteln zum Lebensunterhalt der Familien beitragen.
Anlage:
Erlebnisbericht über das Armenviertel "Iosif Constantin Dragan" in Lugoj
An einem grauen Wintertag fahren wir mit den Fahrrädern aus der Stadt. Es geht über die Bahnlinie und dann an Feldern vorbei. Vor uns sehen wir den alten Schornstein der ehemaligen Textilfabrik und Häuserblocks. Am Wegrand steht ein Kreuz mit Blumen geschmückt. Es ist kalt und die Strassen sind leer. Wir kommen an einer Kneipe vorbei, ein paar Menschen stehen davor. Auf der Strasse begegnet uns ein Mütterchen, das Zweige und Holz in einem Sack auf dem Rücken trägt. Eine lange Strasse führt durch das Viertel. Zwischen den Blocks kommen wir auf schlammigen Wegen zu Baracken. Teilweise haben diese keine Türen oder Fenster. Ob sie wohl verlassen sind? Nein, sagt Alina, die Leute sind unterwegs, um irgendwie etwas zu essen aufzutreiben. Manche haben Gelegenheitsjobs, wenige eine Anstellung in einer der anderen Fabriken gefunden, die meisten gehen betteln.
Als nach der Revolution 1989 die Textilfabrik der etwa 50.000 Einwohner zählenden Stadt Lugoj zunehmend weniger produzierte und schließlich geschlossen wurde, begann die Geschichte des "Textilviertels", wie es im Volksmund heißt, umzuschlagen. Die meisten Menschen hatten in der großen Textilfabrik gearbeitet. Einige Familien haben mit ihren Ersparnissen ihre Wohnungen in den Blocks gekauft, andere leben in Baracken, die ihnen von der Fabrik zur Verfügung gestellt wurden. Viele von ihnen sind in den Ruin geraten, es gab keine neue Anstellung zu finden. Oft haben sie viele Kinder und leben vom Kindergeld, etwa 6 Euro pro Kind im Monat.
Die meisten Familien im "Textilviertel" sind bei der Stadt verschuldet, so dass im letzten Jahr die Strom- und Wärmeversorgung eingestellt wurde. Manche besitzen einen Ofen, es wird alles nur mögliche verbrannt. In vielen Baracken herrschen Schmutz und Elend, der Gesundheitszustand besonders der Kinder und der alten Menschen ist prekär. Etwa 80 % der hier lebenden Menschen sind arbeitslos. Die etwa 300 Kinder gehen zur Schule. Hier bekommen sie zumindest eine warme Mahlzeit. Ihre Familien haben aber kaum Geld für den Bus ans andere Ende der Stadt, wo die Hilfsschule liegt. Die Kinder müssen betteln statt spielen. Aber sie haben nicht einmal etwas zum Spielen; einen "richtigen" Spielplatz sowieso nicht.
Judith Dirk, Mühlhausen
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