Jeder kann Zeichen der Hoffnung setzen

Fastenhirtenbrief 2025 von Bischof Ulrich Neymeyr

(c) Bistum Erfurt / Marco Wicher

Meine lieben Schwestern und Brüder im Herrn,
das Jahr 2025 ist in unserer Kirche ein Heiliges Jahr. Es steht unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“. Pilgern hat in unserem Bistum eine gute und lange Tradition. Viele Gläubige pilgern zu den Wallfahrtsorten unseres Bistums oder sie pilgern zu Fuß oder mit dem Fahrrad nach Vierzehnheiligen oder Walldürn. Sie steigen aus dem Alltag aus, um bewusst mit Gott unterwegs zu sein. Sie nehmen Gebetsanliegen mit auf den Weg und sind so „Pilger der Hoffnung“
Die Verkündigungsbulle für das Heilige Jahr trägt den Titel „Spes non confundit“: „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen.“ Papst Franziskus hat in dieser Verkündigungsbulle acht „Zeichen der Hoffnung“ benannt. Diese Zeichen der Hoffnung sollen Zuversicht bringen in das Leben von Menschen, deren Schicksal dem Papst besonders am Herzen liegt. Ich möchte Ihnen diese Zeichen der Hoffnung gerne vorstellen: 

Zunächst und zuerst ersehnt der Heilige Vater Zeichen der Hoffnung für die Menschen, die in den Kriegsgebieten unserer Erde leben müssen. Er fragt „Ist es ein zu großer Traum, dass die Waffen schweigen und aufhören, Zerstörung und Tod zu bringen?“, und fordert: „Die Diplomatie darf in ihrem Bemühen nicht nachlassen, mutig und kreativ Verhandlungsräume für einen dauerhaften Frieden zu schaffen.“ Was wir alle dazu beitragen können, um die Menschen von der Geißel des Krieges zu befreien, ist unser tägliches Gebet um Frieden. Seit Jahrhunderten beten wir nach dem Vaterunser: „Erlöse uns, oh Herr, von allem Bösen und gib Frieden in unseren Tagen.“ Ich möchte die Gläubigen an den Kirchorten einladen, sich zu Friedensgebeten zu versammeln. Das kann auch eine Fasten- oder Kreuzwegandacht sein, die mit einem Gebet um Frieden endet. In unserem Gotteslob finden Sie viele schöne Gebetstexte.

Das zweite Zeichen der Hoffnung, das der Papst für das Heilige Jahr erbittet, ist überraschend: Er beklagt den „Verlust des Wunsches, das Leben weiterzugeben“ und er erhofft für junge Menschen die Zuversicht und den Lebensmut, Kinder zu bekommen. Er schreibt: „Denn der Wunsch junger Mensch, als Ausdruck der Fruchtbarkeit ihrer Liebe neue Söhne und Töchter zu zeugen, verleiht jeder Gesellschaft eine Zukunft und ist eine Frage der Hoffnung.“ Junge Paare brauchen Menschen, die mithelfen, ihre Kinder zu betreuen, damit sie nicht zu einer Last, sondern zu einer Freude werden. Ich danke allen, die sich für den sogenannten Enkeldienst einspannen lassen und damit auf selbstgestaltete Freizeit verzichten. Sie werden belohnt durch die Herzlichkeit der Kinder und durch ein gutes Verhältnis zu ihren Enkelkindern.

Das dritte Zeichen der Hoffnung möchte der Papst den Gefangenen schicken. Ihr Schicksal liegt ihm sehr am Herzen. Er hat auch in einem römischen Gefängnis eine Heilige Pforte eröffnet und bittet die politisch Verantwortlichen im Heiligen Jahr um „Formen der Amnestie oder des Straferlasses“. Mir fällt auf, dass, wenn einmal in den Fürbitten für Gefangene gebetet wird, dies immer mit der Einschränkung versehen wird, dass sie zu Unrecht im Gefängnis sind. Wir sollten auch für die Gefangenen beten, die zu Recht im Gefängnis sind und – wie der Papst – Mitgefühl haben, welch´ harte Strafe der Freiheitsentzug ist.

Der Papst bittet auch um Zeichen der Hoffnung für die Kranken und dankt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitswesens, „die unter oftmals schwierigen Bedingungen ihren Dienst in liebevoller Fürsorge für die Kranken und Schwächsten ausüben.“ Das sollte alle ermutigen, für die Kranken zu sorgen, gerade auch für diejenigen, die unter einer psychischen Erkrankung leiden. Sie brauchen unser Verständnis und unsere Geduld. Manchmal fällt es besonders schwer, Verständnis zu haben, wenn eine Kollegin oder ein Kollege erkrankt, weil sein Fehlen für die Gesunden mehr Arbeit bedeutet. Da hilft die schlichte Erkenntnis: Lieber für einen erkrankten Kollegen die Arbeit mitmachen als selbst krank zu sein.

Ein weiteres Zeichen der Hoffnung benötigen nach Meinung des Papstes die jungen Menschen. Er fordert, dass sie Perspektiven haben auf eine Schul- und Berufsausbildung und einen Arbeitsplatz. Auch in unseren Kirchengemeinden sollten Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene willkommen sein, auch und besonders wenn sie auf der Suche sind und kritische Fragen stellen. Ich danke allen, die sich haupt- und ehrenamtlich in unserem Bistum in der Kinder- und Jugendpastoral engagieren. Wenn kleine Kinder im Gottesdienst sind, muss uns das froh machen, auch wenn sie sich zu Wort melden und auf ihre Weise mitfeiern. Das können wir von den Christen in anderen Ländern lernen, die es überhaupt nicht stört, wenn Kinder im Gottesdienst laut sind oder umherlaufen.

Für den Papst darf es auch nicht an Zeichen der Hoffnung für Migranten fehlen. Er schreibt: „Ein Empfang mit weit geöffneten Armen, wie es der Würde eines Jeden entspricht, muss mit Verantwortungsbewusstsein einhergehen, damit Niemandem das Recht verwehrt wird, sich eine bessere Zukunft aufzubauen.“ Ich danke allen, die sich für jene Menschen engagieren, die bei uns Zuflucht suchen. Sie kennen die Probleme der Geflüchteten. Sie wehren sich gegen plumpe Verallgemeinerungen. Sie motivieren die Geflüchteten dazu Deutsch zu lernen, Integrationskurse zu besuchen und eine Arbeit aufzunehmen. Sie müssen dabei auch manche Enttäuschung verkraften.

Auch die älteren Menschen verdienen für Papst Franziskus Zeichen der Hoffnung, weil sie oft Einsamkeit und Verlassenheit erfahren. Da dem Papst besonders Großeltern am Herzen liegen, denkt er besonders an „die Großväter und Großmütter, die für die Weitergabe des Glaubens und der Lebensweisheit an die jüngeren Generationen stehen. Mögen sie Halt erfahren in der Dankbarkeit ihrer Kinder und in der Liebe ihrer Enkelkinder, die in ihnen wiederum Verwurzelung, Verständnis und Ermutigung finden.“ Ich ermutige oft in Firmpredigten die Großeltern dazu, ihren Enkelkindern Glaubenszeugen zu sein und ihnen zu erzählen, was ihnen der Glaube bedeutet und wann die Hoffnung auf Gott sie getragen hat.

Schließlich bittet der Papst eindringlich um Hoffnung für „die Milliarden von Armen, denen oft das Lebensnotwendige fehlt.“ Der Papst will alle nachdenklich und sensibel machen für arme Menschen und schreibt: „Wir begegnen jeden Tag armen oder verarmten Menschen, bisweilen können das gar unsere Nachbarn sein.“ Es gibt Gott sei Dank in unserer Gesellschaft viele Initiativen des Caritasverbandes und anderer sozialer Träger, in denen sich auch Ehrenamtliche engagieren. Auch der Papst dankt allen, die dadurch Hoffnung in das Leben armer Menschen bringen. 

Das Heilige Jahr steht unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“. Es soll uns nicht nur darin ermutigen, tiefer aus der Hoffnungskraft unseres Glaubens zu leben, sondern es soll uns auch motivieren, Zeichen der Hoffnung in das Leben anderer Menschen zu bringen. 

Möge so das Heilige Jahr 2025 ein Jahr des Segens sein.
Ihr Bischof Ulrich Neymeyr