"Höchstens ein Jahr in Erfurt"

Markus Könen wollte in Thüringen nur kurz studieren: Jetzt wird er in Erfurt zum Priester geweiht

Erfurt (BiP). Der Weg zu Markus Könen im Priesterseminar führt in den dritten Stock. Erst zwei Treppen mit rasanter Steigung und einer schnellen Drehung, dann geradeaus, steil eine weitere Treppe herauf, am Ende links und sofort wieder rechts, den Gang hinunter. Fast wie eine Achterbahn, denkt der Besucher atemlos. Fast wie mein Weg zum Priesteramt, sagt Markus Könen und lacht. Pfingstsamstag wird er von Bischof Joachim Wanke im Erfurter Dom geweiht.


Was immer Markus Könen auf die Spur gebracht hat, Theologie zu studieren - der Wunsch, Priester zu werden, war es nicht. "Nach dem Abitur hab ich eigentlich nicht so recht gewusst, was ich machen sollte", erzählt der heute 33-Jährige, der in Mülheim an der Ruhr groß geworden ist. Die Bedenkzeit war damals knapp, da Könen wegen einer Knieverletzung, die er sich beim Handball zugezogen hatte, nicht zum Bund musste. Mit der gleichen Geschwindigkeit, die seine Gegner beim Torlauf fürchten mussten, entschied er sich, nach Bonn zu gehen: das Lehramt als vages Berufsziel vor Augen und getrieben vom Wunsch, von zu Hause weg zu kommen und etwas Neues auszuprobieren.


Nicht, dass er sich daheim unwohl gefühlt hätte, bei den Eltern und den zwei Brüdern. Und auch die Erfahrungen in der Schule ließen ihn nicht das Weite suchen. Ganz im Gegenteil. "Die hamm mich fürs ganze Leben geprägt", sagt Könen mit unverkennbarem Ruhrgebietsakzent über seine Jahre am Essener Don-Bosco-Gymnasium. Die Schule in der Trägerschaft des Salesianer-Ordens, der sich besonders um Jugendliche kümmert, legt Wert auf ein lebendiges, anregendes Schulleben. "Da war nicht 13 Uhr Schluss", begeistert sich Könen noch heute, "da ging es erst richtig los." Besonders hat ihn die Spiritualität des Ordensgründers Don Bosco, wie sie die Patres der Schule vorlebten, angezogen. "Don Bosco steht als Heiliger nicht auf einem Podest, sondern ist wie ein guter Freund, der andere durch sein fröhliches Wesen, seine Hemdsärmeligkeit und den tiefen Glauben für sich einnimmt", versucht Könen das Faszinosum des Heiligen zu beschreiben.


Diese Faszination führte ihn im zweiten Bonner Semester als Ordensanwärter zu den Salesianern nach Köln. "Aber das war dann doch nichts für mich", sagt er und nennt sein jugendliches Alter als einen Grund. "Wenn du als 20-Jähriger vor der Entscheidung stehst, zur Fete oder zur Abendbesinnung zu gehen, entscheidest du dich für die Fete." Könen studierte in Bochum weiter und überlegte zwischendurch, doch lieber Krankenpfleger zu werden. Mit der Arbeit in einem Krankenhaus hatte er sich schon in Bonn das Studium finanziert. "Ich bin Pragmatiker, kein Mensch der Wissenschaft", beschreibt er sich selbst. Aber die Eltern rieten ihm, erst zu Ende zu studieren und dann etwas Neues anzufangen.


Immerhin sollte es Markus Könen noch zu einem neuen Studienort bringen: Erfurt. Das war 1996. Anfang des Jahres hatte ihn seine Freundin verlassen, mit der er fast drei Jahre zusammen gewesen war. Auch wenn damals für Könen eine Welt zusammenbrach, führte ihn nicht der Liebeskummer in die Thüringer Landeshauptstadt. Professor Römelt, der in Erfurt Moraltheologie lehrt und wie Könens Firmpate zum Redemptoristen-Orden gehört, hatte ihn eingeladen. "Ich war sofort in die Stadt verliebt", erinnert sich Könen an seine Ankunft. Und er blieb, um hier sein Studium abzuschließen. "Höchstens ein Jahr", hatte er Familie und Freunden im Ruhrgebiet gesagt. Es sollte anders kommen. Markus Könen entschied sich, im Bistum Erfurt zu bleiben - als Jugendreferent. Auch wenn ihn Gott, wie Könen sagt, ab und zu gestichelt habe, wollte er als Laientheologe und nicht als Priester in den kirchlichen Dienst. "Während des Studiums habe ich zwar immer wieder mal mit dem Gedanken gespielt, Priester zu werden, aber offensichtlich war ich noch nicht so weit."


Nach einem Gemeindepraktikum in Suhl kam Markus Könen im September 1997 nach Rudolstadt-Schwarza. "Ich war so etwas wie ein Reisender in Sachen Jugendpastoral, der von Schwarza aus nach Saalfeld, Rudolstadt und Bad Blankenburg fuhr, um dort in den Pfarreien zu arbeiten", beschreibt er seine damalige Tätigkeit. "Aber Jugendarbeit lebt von Beziehungen. Darum muss der Jugendreferent einen festen Punkt haben, wo er erreichbar ist. Und er muss nicht für die Jugendlichen, sondern mit ihnen handeln." Könen war nicht umsonst in die Schule Don Boscos und seiner Salesianer gegangen. Noch von Suhl aus nahm er Kontakt mit der Jugend in Schwarza und Umgebung auf, um sich und seine Pläne vorzustellen und die Wünsche und Vorstellungen der Jugendlichen zu hören. Daraus entwickelte sich in Schwarza, was später "Centro" heißen würde: ein Anlaufpunkt für Jugendliche, mit offenen Angeboten (auch für Nichtchristen) und Möglichkeiten, sich für die Jugendarbeit in den Pfarreien fit zu machen. Alles unter Mitgestaltung und Mitverantwortung der Jugend selbst und seit 2002 in eigenen, neu gebauten Räumen an der Kirche.


Von Anfang an legte Könen großen Wert auf die Anbindung an die Pfarrei und die Zusammenarbeit mit der benachbarten Regelschule. "Viele Schüler haben an unseren Ferienlagern teilgenommen und ich selbst habe Tage der Orientierung für die Schule durchgeführt." Das ist ihm wichtig. "Kirchliche Jugendarbeit soll Perspektiven und Orientierung bieten, damit Leben gelingen kann", zeigt sich Könen überzeugt.


Auch für ihn tat sich eine neue Perspektive auf. "Nach meinem 30. Geburtstag trieb mich die Frage nach meiner Berufung stark um, und ich wollte endlich eine Entscheidung, um in Frieden leben zu können." Markus Könen orientierte sich dabei, wie schon so oft, an einer Erfahrung Don Boscos: "Halte dich fest an Gott: Mach es wie der Vogel, der nicht aufhört zu singen, auch wenn der Ast bricht, weil er weiß, dass er Flügel hat." Knapp anderthalb Jahre später war er sich über seinen weiteren Weg klar und meldete sich im Erfurter Priesterseminar an. In Schwarza hatten viele diesen Schritt geahnt, auch wenn Könen das Wort "Gott" sehr diskret im Mund führt. Manches wird aber auch im Tun spürbar: "Ohne Glaube und Vertrauen auf Gott", sagt Markus Könen, "hätte ich vieles nicht tun können." Ende der Achterbahnfahrt.


Peter Weidemann

Pressemitteilung zur Priesterweihe