Die Fastenzeit ist mehr Gewinn als Verzicht, weil sie den Reichtum des Lebens entdecken lässt...
Der Karnevalswitz der Saison erzählt von drei Diäten, die jemand einhält: "Von einer Diät wird man ja nicht satt", heißt die Pointe, und dem Hungerkünstler ist Mitleid gewiss und meist auch ein wenig Schadenfreude. Wer hätte es nicht selbst schon einmal versucht, überflüssige Pfunde loszuwerden - und ist dabei gescheitert.
Auch beim Fasten mit christlicher Intention kann man scheitern, aber nur dann, wenn man - nicht zunimmt. "Abzuspecken ist gewiss erlaubt, aber es geht um ein Mehr: in der Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zu den Mitmenschen", erklärt Domkapitular Gerhard Stöber das Paradoxon.
Die Fastenzeit stelle keinen Körperkult in den Mittelpunkt, sagt der Leiter des Erfurter Seelsorgeamtes, ihr Ziel sei eine Neuausrichtung des Fastenden. "Indem ich mich einschränke, werde ich sensibel für das, was ich brauche. Ich kann entdecken, was mir gut tut und wer und was in meinem Leben wirklich wichtig ist", meint Stöber.
Gewissermaßen zur Entschlackung wie beim körperlichen Fasten kommt es dann, wenn Fehlhaltungen und schlechte Gewohnheiten korrigiert werden. "Das ist gemeint, wenn Christen von Umkehr sprechen: Richtungsänderung, vielleicht sogar: runter vom falschen und rauf auf den richtigen Weg." Das tue dem ganzen Menschen gut, ist der Domkapitular überzeugt.
Das Fasten beschränkt sich darum nicht nur auf das Essen. "Es soll ebenso auf Zeit raubende Vergnügungen wie auf gedankenlosen Konsum verzichtet werden", sagt Stöber. Durch den Verzicht würden Zeit, Geld und Mittel frei für die Auseinandersetzung mit der eigenen Person, für die Begegnung mit Menschen und die Solidarität mit den Armen, für das Gebet zu Gott und die Meditation.
Dass die persönliche, soziale und religiöse Dimension des Fastens eine untrennbare Einheit bilden, sei der Kirche wichtig, meint der Seelsorgeamtsleiter. Das würde dem christlichen Menschenbild entsprechen. "Jeder Mensch ist einzigartig, kann aber nicht ohne andere Menschen leben, und seine Existenz und Freiheit verdanken sich Gott, dem Ziel des Lebens", erklärt er.
Um das immer wieder zu entdecken und bewusst zu halten, brauche es besonderer Zeiten und Gelegenheiten. "Die Fastenzeit bedeutet also mehr Gewinn als Verzicht, weil sie mich den Reichtum meines Lebens entdecken lässt," unterstreicht Stöber. Christen könnten darum heiter fasten. "Zumal das Ziel Ostern heißt, das Fest der Auferstehung! Das bedeutet Zukunft über den Tod hinaus."
Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit