„Aller guten Dinge sind drei!“ – das ist ein deutsches Sprichwort, das zum Ausdruck bringt: Es wird etwas zum dritten Mal versucht oder geschieht zum dritten Mal, um endlich zu einem Ergebnis zu kommen. Als Herkunft dieses Sprichwortes wird die Praxis genannt, dass mit „Ding“ ursprünglich „Thing“ gemeint war und bedeutete: Dreimal im Jahr wurde das Gericht – der Thing – bei den Germanen gehalten. Der Angeklagte musste dreimal geladen werden, eher er dann in Abwesenheit verurteilt werden konnte, wenn er nicht gekommen war.
Zum dritten Mal begegnet Jesus als der Auferstandene seinen Jüngern und immer noch erkennen sie ihn nicht: Petrus, Thomas, Natanael, Jakobus, Johannes und zwei andere Jünger. Sieben Apostel gehen wieder ihrem Alltagsgeschäft nach: Fische fangen. Das hatten sie gelernt und das konnten sie alle – mehr oder weniger gut. Petrus scheint bei dieser Idee der Anführer gewesen zu sein und alle anderen sechs machen mit. „Was soll man auch machen, wenn Jesus nicht mehr da ist?“ – werden sie sich gesagt haben.
Der Evangelist Johannes bezeugt diese Begegnung und war vielleicht selbst als Zebedäussohn mit seinem Bruder Jakobus dabei. Johannes erinnert im Evangelium an die zweimalige Begegnung mit dem Auferstandenen, als alle hinter verschlossenen Türen waren und Jesus gesehen hatten: einmal ohne den Apostel Thomas und einmal mit ihm. Im angefügten zweiten Schluss des Johannesevangeliums wird dann von dieser Begegnung des Auferstandenen mit den Aposteln am See von Tiberias berichtet und damit war es die dritte Begegnung, zu der man sagen könnte: es ist der dritte Versuch Jesu, seine Jünger aus der Lethargie herauszuholen, dass sie jetzt zu nichts anderem in der Lage zu sein scheinen, als ihrem Alltagsgeschäft als Fischer zurück zu kehren.
Wenn der Evangelist diese Begegnung beschreibt und auch von der vermeintlichen Blindheit der Apostel spricht, dann bekennt er sich selbst zu dieser Blindheit als einer der Apostel, der aber auch zugleich wohl der erste war, der Jesus als den Auferstandenen vom Boot aus erkannt hat, denn der Jünger, den Jesus liebte, sagte zu Petrus: „Es ist der Herr!“ Wir deuten dieses Wort so, dass Johannes als der Lieblingsjünger eine besondere und innere Herzenserkenntnis hatte, die ihn befähigte, so zu erkennen und zu bekennen. Das ist eine besondere Gabe, die sich im Gefüge der Apostel in diesem Fall sehr positiv auswirkt – besonders für den Apostel Petrus, der erst danach alles in Bewegung setzt, um bei Jesus zu sein. Die Apostel hätten schon bei der Aufforderung Jesu aufmerksam werden müssen, als er sie nochmals zum Fischfang ausschickt, denn das kannten sie ja schon von einem ähnlichen Ereignis am See von Tiberias, als Jesus sie ganz am Anfang ihres Weges mit Jesus angesprochen und aufgefordert hatte. Aber bei dieser heutigen Aufforderung Jesu folgen die Jünger ohne Widerspruch. Der Evangelist Lukas berichtet von dem ersten wunderbaren Fischfang, wo es noch eine kleine Widerrede des Petrus gibt, die hier aber fehlt. Es scheint also hier schon anfanghaft klar zu sein, wer hier zum erneuten Fischfang einlädt. Das wunderbare Ergebnis sollte dann nochmals stutzig machen und die Aussage des Lieblingsjüngers klärt die Situation gänzlich auf.
Ich frage mich: „Wie oft muss mir der Auferstandene begegnen, bis ich ihn erkenne und bekenne? Wie oft gehe ich nach der Begegnung und Erfahrung mit ihm wieder meinem Alltagsgeschäft nach und tue so, als ob nicht passiert wäre?“ Ähnliches könnte in diesen Tagen passieren, wenn Geschäfte, Schulen und Kirchen wieder offen haben. „Hat sich was verändert? Haben wir daraus etwas gelernt?“ Vielleicht kann man diese Veränderung nutzen, um die Frage zu beantworten, die hinter diesem Evangelium steht: „Hat sich mit der Tatsache der Auferstehung Jesu in meinem Leben etwas verändert?“ Auch wenn wir in diesem Jahr Ostern sicherlich anders gefeiert haben als sonst, so bleibt doch die Botschaft: Christus ist auferstanden! Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass eine einmalige Begegnung mit Jesus Christus oder die tiefe Erfahrung seiner Gegenwart uns schützt vor dem Zweifel und dem Unglauben. Es bedarf deshalb wohl der jährlichen Festfeier und damit Gedenkfeier der Geburt, des Todes und der Auferstehung Jesu, damit wir immer wieder über dieses Geheimnis nachdenken, es für uns neu entdecken und würdigen und Gott Dank sagen, dass er uns mit diesem Geheimnis des Lebens und Wirkens Jesu beschenkt hat. All das brauchen wir nicht mehr, wenn wir einmal in der Anschauung Gottes leben dürfen. Dann ist alles präsent, wirklich und für uns zu einer ewigen Freude geworden.
Der heutige Sonntag, an dem wir mit der öffentlichen Feier der Gottesdienste in Thüringen wieder beginnen können, ist eine besondere Freude für alle, denen diese Sonntagsgottesdienste gefehlt haben. Wenn wir auch noch mit einem Schutzkonzept die Gottesdienste feiern müssen, so ist es doch nun wieder besser als bei gestreamten Gottesdiensten möglich, die Erfahrung der Gemeinschaft der Glaubenden und die Erfahrung der eucharistischen Nähe Jesu Christi zu machen. Ich bitte alle herzlich, das Schutzkonzept anzusehen als eine Hilfe, dass es so weiterhin möglich ist und die Mitfeier der Gottesdienste noch einfacher werden kann, wenn weitere Lockerungen seitens der Landesregierung genehmigt werden. Ich kenne die Proteste und die harten Worte, die von Einschränkung der Religionsfreiheit sprechen. Auch hier wünsche ich mir, dass dieses Verlangen nach freiheitlicher Ausübung der Religion dauerhaft zur Praxis wird, wenn wieder alles leichter möglich ist, und wir nicht, wie die Apostel, nichts Besseres zu tun gedenken, als „wieder zum Fischen“ zu gehen und so tun, als ob nichts gewesen wäre. Amen.
Lesungstexte des heutigen Sonntags: Apostelgeschichte 2, 14. 22-33; 1 Petrus 1, 17-21; Johannes 21, 1-14)
Evangelium - Joh. 21, 1 - 14
In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal,am See von Tibérias,und er offenbarte sich in folgender Weise. Simon Petrus, Thomas, genannt Dídymus,Natánaël aus Kana in Galiläa,die Söhne des Zebedäusund zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen.Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit.Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot.Aber in dieserNacht fingen sie nichts. Als es schon Morgenwurde, stand Jesusam Ufer.Doch die Jünger wusstennicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden.Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen,so vollerFische war es. Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus:Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei,gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot–sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt,nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. Als sie an Land gingen,sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land.Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren,zerriss das Netz nicht. Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst!Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus trat heran,nahm das Brot und gab es ihnen,ebenso den Fisch. Dies war schon das dritte Mal,dass Jesus sich den Jüngern offenbarte,seit er von den Toten auferstanden war.