Gott bittet um Einlass mit seinen guten Gaben derErlösung

Hirtenbrief zur

österlichen Bußzeit von Diözesanadministrator Weihbischof Reinhard Hauke

Liebe Schwestern

und Brüder im Herrn,

während andere -

und vermutlich auch Gemeindemitglieder - nach Rosenmontag und Faschingsdienstag

Erholung brauchen, gehen wir Christen in die Fastenzeit und befassen uns mit

dem Gedanken der Buße und Umkehr. Für einen Christen gehört beides gut

zusammen: Das Fest der Verkleidung und des Hineinschlüpfens in eine andere

Gestalt, die man gern einmal sein möchte, und die Vorbereitung einer Zeit der

inneren Erneuerung - der Bußzeit. Wenn wir davon erzählen, werden wir gefragt: "Macht

man das so heute?". Man macht das mehrheitlich natürlich nicht, aber uns

ist es als Christen wichtig und wertvoll, eine Zeit der Vorbereitung auf das

Hochfest des Glaubens - das Osterfest - zu haben und sinnvoll zu gestalten.

Dazu gibt es verschiedene Traditionen, die ich in diesem Hirtenwort gern in

Erinnerung bringen möchte, um zu sagen: Auch wenn es nicht alle so machen: Uns

ist es wichtig und wertvoll!

Dabei scheint mir

ein Gedanke am Anfang sehr wichtig zu sein: Machen wir es, um einfach

alternativ zu sein? Das wäre mir zu wenig. Für 

mich  ist wichtig, was ich im 1.

Johannesbrief lese:

"Wir wissen,

dass wir ihm - Gott - ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir

werden ihn sehen, wie er ist. Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich, so

wie Er heilig ist." ( 1 Joh 3, 2b-3).

Um Gott erkennen

zu können, ist es notwendig, sich auf die Art Gottes eingestimmt und

eingestellt zu haben. Wir hoffen darauf, dass wir das einmal erreichen, aber

wir wissen auch, dass es letztlich ein Geschenk ist: die Gotteserkenntnis, der

Glaube und die Kraft, den Alltag aus dem Glauben zu gestalten.

Aber: Umkehr -

wie macht man das?

Ich möchte dazu

an Zeichen erinnern, die im Laufe der Jahrhunderte uns Christen zugewachsen

sind und die Fastenzeit prägen.

Das

Aschenkreuz

"Du bist

schmutzig auf der Stirn! Hast Du Dich heute nicht ordentlich gewaschen?" -

solch eine Frage kann uns gestellt werden, wenn wir am Aschermittwoch oder

heute nach dem Gottesdienst aus der Kirche kommen und einem Freund oder

Arbeitskollegen begegnen. Zwar kennen viele Zeitgenossen das Wort "Aschermittwoch",

weil ja da "alles vorbei sein soll", was das Faschingsfeiern

betrifft, aber dass es mit einem Kreuzzeichen zu tun hat, das mit Asche auf die

Stirn gezeichnet wird, dass wissen nur die Insider. Sich bewusst beschmutzen

lassen, dazu braucht es eine besondere Motivation. Diese wird deutlich in dem

einen Segenswort, das bei der Auflegung der Asche gesprochen wird: "Bedenke,

Mensch, dass Du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst". Auch

beim Aschenkreuz für Kleinkinder und junge Menschen kann diese Formel verwendet

werden. Aber: "Macht man so etwas?" - Erinnerung an die

Vergänglichkeit menschlichen Lebens? Es ist eine Provokation in unserer Zeit,

die doch so gern vom vollen Leben in Gesundheit und Wohlstand spricht. Gern

schieben wir an den Rand, was uns die Lebensfreude verderben könnte. Krankheit,

Arbeitslosigkeit, Einsamkeit und Tod haben keinen festen Platz in der

Gesellschaft, die das Paradies auf Erden versprechen möchte. Und dennoch gibt

es in unserem Leben diese Realitäten. Sie sollen uns nicht die Freude am Leben

verderben. Sie sollen uns jedoch daran erinnern, dass wir nicht alles in der

Hand haben, sondern auf Hilfe von Gott oder von Mitmenschen angewiesen sind und

dass das "normal" ist. Ich sage dazu: Die Erinnerung an die

Vergänglichkeit des Menschen lässt uns den Alltag in einem neuen Licht sehen -

dem Licht der Liebe und des Segens Gottes. Wer Gott an seiner Seite weiß, kann

den Alltag in guten und bösen Tagen leichter bewältigen. Das Aschenkreuz

schafft damit ein neues Realitätsbewusstsein.

Fasten des

Geistes und Leibes, um Tieferes zu erkennen

Die Fastenzeit

hat ihren Namen durch die Praxis des Fastens bekommen. Fasten im Zusammenhang

mit Wellness - das verstehen alle. Aber: Fasten, um seine Sensibilität für Gott

zu erhöhen - das macht man nicht, außer wir Christen tun es, die wir ein

Interesse an der Erkenntnis Gottes haben. Fasten ist eine Wellness-Aktion

besonderer Art. Z.B.: In den Kirchen werden die schönen Bilder zugehängt: Es

geht um das Fasten der Augen. In der Gottesdienstgestaltung beschränken wir uns

auf die Liedbegleitung: es geht um das Fasten der Ohren. Ab dem Gloria des

Gründonnerstags schweigen die Kirchenglocken: Es geht um das Fasten der

Tradition des Glockengeläuts. Am Passionssonntag werden sogar die heiligen

Zeichen des Kreuzes verhängt und am Karfreitag und Karsamstag fastet die Kirche

durch den Verzicht auf die Eucharistiefeier, was ihr ja sonst als unverzichtbar

erscheint. "Glaube verdirbt die Lebensfreude" - diesen Vorwurf müssen

wir uns dann gefallen lassen. Am Karfreitag wird es dann noch besonders für

alle Bürger unseres Landes spürbar, dass wir Fastenzeit haben, wenn es keine

öffentlichen Tanzveranstaltungen geben darf und auch der Frühlingsrummel auf

dem Erfurter Domplatz und anderswo eingestellt ist. Lange Gesichter von Kindern

und Erwachsenen können wir dann sehen. "Das macht man nicht!" - sagen

uns dann unsere Mitbürger und reichen Beschwerden beim Oberbürgermeister ein.

Können wir dann als Christen gute Argumente einbringen, wenn es heißt: Das hat

mit den Christen zu tun? Haben wir Mut zu sagen: Das Fasten der Augen, der

Ohren und der Gewohnheiten hilft uns, für das liebevolle Handeln Gottes an

allen Menschen aufmerksam zu werden? Es wird uns dann sicherlich auch Unverständnis

entgegen gebracht, aber vielleicht haben wir damit auch die Chance, im Gespräch

Nachdenklichkeit auszulösen. Entscheidend wird sein, ob wir mit der Argumentation

glaubwürdig sind, d.h. uns selbst es wichtig ist, dieses Fasten mit Leben zu

erfüllen und unserer Seele, d.h. unserer Gottesbeziehung, etwas Gutes tun zu

wollen.

Buße, um die

Tür zu öffnen

In der

Offenbarung des Johannes hören wir im Sendschreiben an die Gemeinde von

Laodizea den schönen Text, in dem Gott spricht:

"Ich stehe

vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem

werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir."

(Offb 3, 20).

Der Bibelkenner

hört darin die Stimme des guten Hirten, wie ihn die Bildworte Jesu im

Johannesevangelium beschreiben. Gott ist ein vornehmer Besucher, der nicht

einfach in mein Leben einbricht, sondern zurückhaltend und behutsam mit uns

Menschen umgeht. Nur, wer die Tür ihm öffnet, hat eine Chance, an der

Freundschaft mit Gott teil zu haben. Gott ist kein Hausierer, der uns etwas

aufschwatzen möchte und auch wir - die Kirche - sind keine Hausierer, die den

Mitmenschen etwas aufschwatzen möchten oder ihnen Fragen nennen, die sie nicht

haben. Gott bittet um Einlass mit seinen guten Gaben der Erlösung und der

Heiligung. In der Fastenzeit soll für alle Katholiken das Bußsakrament ein

fester Bestandteil der Vorbereitung auf das Osterfest sein, weil sich hier das

Angebot des Heiles und die Bereitschaft, es auch anzunehmen, konkretisiert.

Weil Gott auf uns mit seiner Liebe zukommt, die sich besonders im Leiden und

Sterben seines geliebten Sohnes zeigt, ist der Neuanfang möglich und nicht

allein von uns zu meistern. Die Zusage der Liebe Gottes ist hörbar, wenn der

Priester uns die sakramentale Zusage der Vergebung unserer Sünden vermittelt.

Das bekommen wir bei keinem Arztgespräch oder Austausch mit einem lieben

Menschen, so wichtig auch beides ist.

Kreuzweg

gehen, um die Spuren Gottes zu erkennen

Die Tradition des

Kreuzweggebets ist eine feste Größe im Leben unser Gemeinden. Im Eichsfeld

gehen die Christen gern die Kreuzwegstationen außerhalb der Städte und Dörfer.

Mancher konnte in Jerusalem die "Via dolorosa" entlang gehen und dort

den Kreuzweg beten und erinnert sich dann zu Hause an diese Stationen des

Leidens Jesu. Wir schauen dabei Bilder an - mehr oder weniger naturalistisch.

Wir bedenken, was auf diesem Weg geschehen ist und was das Tun Jesu für ihn

bedeutet hat und für uns bedeuten kann. Wir beugen dabei das Knie und sagen: "Wir

beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich, denn durch dein heiliges

Kreuz hast du die Welt erlöst!" Wir beugen das Knie vor dem leidenden

Christus und verehren ihn, weil unsere Worte nicht reichen, um auszudrücken, zu

welcher Dankbarkeit ihm gegenüber wir eigentlich verpflichtet sind.

Am Palmsonntag

gehen viele Katholiken des Bistums und darüber hinaus bei der

Palmsonntagsprozession in Heiligenstadt inmitten der Darstellungen des Kreuzweges

Jesu. Damit sagen die Beter: "Der Kreuzweg war nicht nur vor 2000 Jahren.

Er erneuert sich in seinem Leiden in unserer Zeit immer wieder. Wir glauben

aber, dass dieser Leidensweg auch für uns zum Heil ist."  Zum ehrfürchtigen Nachsinnen und Beten des

Kreuzwegs lade ich herzlich ein und möchte es in diesem Jahr auch in

Heiligenstadt bei der Palmsonntagsprozession mit allen Betern tun.

Ostern ist

mehr als ein Frühlingsfest

Wir können lange

darüber streiten, wie es zum Namen und Termin des Osterfestes gekommen ist. Für

mich ist es in jedem Fall mehr als ein germanischer Brauch oder ein

Frühlingsfest. Wir Christen feiern damit unsere Zukunft, die durch die

Auferstehung Jesu Christi möglich geworden ist. Ich freue mich, dass es in

dieser Fastenzeit auch wieder Erwachsene gibt, die sich auf die Taufe

vorbereiten und um das Gebet der Gemeinde bitten. Durch die biblischen Texte

werden sie eingeladen, zusammen mit uns die Sehnsucht nach dem Wasser des

Lebens zu erneuern oder auszudrücken. Vielleicht fragen sie uns nach dem Sinn

der katholischen Traditionen in der Fastenzeit. Dann sollten wir mit Stolz und

Freude davon erzählen können, welchen Reichtum wir haben und wie kostbar uns

das Aschenkreuz, das Fasten, die Buße, der Kreuzweg, die Palmsonntagsprozession

und viele andere Zeichen sind. Es wird die Fastenzeit dann für uns alle eine

Zeit des Heiles sein, auf die wir niemals mehr verzichten wollen und die wir

für alle unsere Freunde und Bekannten wünschen, weil wir sie am Herzen haben,

wie Gott sie an seinem Herzen hat - ob sie es wissen, oder nicht.

Es segne Euch in

dieser Zeit des Glaubens und der Erneuerung der gute und barmherzige Gott, der

Vater + und der Sohn + und der Heilige Geist.

Erfurt, am 1.

Fastensonntag 2013

Weihbischof Dr.

Reinhard Hauke
Diözesanadministrator