Gott behütet

Predigt von Weihbischof Reinhard Hauke beim Bistumsjugendtag im Palumpa-Land am 26.August

Bild: Wunibald Wörle / Skulptur: Willem BredemeyerIn: Pfarrbriefservice.de

Bei starker Sonne sollte man eine Kopfbedeckung tragen. Das Ozon-Loch kann für unsere Haut gefährlich werden. Gut einkremen und einen Schattenplatz suchen ist ein guter Tipp. Wir haben Sonne in vollem Maß genossen. Regen ist schon fast eine Besonderheit.
 
Der Beter des Psalms 121 erkennt den Wert des Schattens und sagt: Gott ist wie ein Schatten, der uns behütet vor zu starker Sonneneinstrahlung und vor dem Mond, der uns süchtig macht. Er behütet auch vor dem Fall. Mein Fuß tritt fest auf.

Der Schutz vor Sonne, Mond und dem Sturz ist nur ein Beispiel für den Schutz vor dem Bösen und damit beschützt er das Leben und sein Hin-und-Her, die Licht- und Schattenseiten. Der Beter  kennt sich im Leben aus und weiß, dass sich der Mensch niemals allein retten kann. Er braucht Freunde, Helfer und Unterstützer.

Brauchen wir diesen Schutz? Brauchen wir überhaupt den Schutz durch Gott? Haben wir nicht gute Versicherungen abgeschlossen – oder unsere Eltern haben das für die Kinder getan. Gibt es einen Schutz, der noch mehr wert ist als die Versicherung gegen Unfall und Katastrophen und den man auch nicht mit Unterschriften besiegeln kann?

Kürzlich verteilten fromme Männer und Frauen kleine Amulette auf dem Domberg mit dem Bildnis der Gottesmutter. Natürlich gibt es die Möglichkeit, sich im Gebet Gott und der Gottesmutter oder den Heiligen anzuvertrauen. Wenn ein Amulett als Erinnerung an diesen Schutz gesehen wird, ist es okay. Wenn es magisch verstanden wird, habe ich ein Problem damit. Unser Problem als Menschen ist, dass wir so oft die Erinnerung an das Gute brauchen, das uns helfen kann und schon geholfen hat. „Gott sei Dank!“ habt ihr sicherlich auch schon oft gesagt und euch dabei daran erinnert, dass hier etwas passiert ist, das eigentlich nicht so ganz selbstverständlich war.

Die Erinnerung an die Zusage des Schutzes von Gott vor dem Bösen, vor Gefahren für Leib und Seele geschieht beim Lesen in der Heiligen Schrift, beim Gebet und besonders beim Gottesdienst. Wir werden dort gesegnet. Segen bedeutet: Gott sagt etwas Gutes zu uns – benedicere! Ob ich zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Motorrad, Auto oder Moped unterwegs bin: Ich weiß mich unter dem Schutz Gottes! Das bedeutet nicht, dass ich leichtsinnig werden darf. Als der Teufel Jesus in Versuchung führen wollte, hatte er sogar ein Wort vom Schutz Gottes aus dem Psalm 91 zur Begründung genommen: „Seinen Engeln befiehlt Gott, dich zu behüten… sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“ Doch hier kontert Jesus mit einem anderen Bibelwort aus dem Buch Deuteronomium: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.“  Mit einem rasanten Fahrstil würde man Gott auf die Probe stellen. Das sollte man unterlassen.
 
Für mich ist besonders wichtig, dass sich die Jugendlichen auch um den Schutz ihrer Seelen kümmern und dabei Gott als Helfenden in Anspruch nehmen. Was kann der Seele, d.h. der Beziehung zum Guten und letztlich zu Gott schaden? Es ist alles das, was meine Gedanken schief und dunkel macht. Kürzlich sah ich einen Krimi – was ich eigentlich gern tue – und dabei wurde berichtet, wie deutsche Jugendliche einen Syrer brutal getötet hatten, der eine deutsche Frau belästigt hatte. Es war zwar gut, dass sie die Frau beschützt hatten, aber dann haben sie diese gute Tat ausgenutzt, um einen ihnen verhassten Ausländer mit Schlägen und Fußtritten zu töten. Der Film war so realistisch, dass ich ihn vor Schreck ausgemacht habe. Die Frage blieb: Kann man so böse sein und so viel Hass haben, weil jemand kein Deutscher ist – was man ja nicht immer an der Hautfarbe und Sprachfähigkeit erkennen kann.

Wir „Bleichgesichter“ sind ja schon sehr unterschiedlich in der Aussprache der deutschen Sprache: Thüringer, Sachsen, Franken, Hessen, Bayern und die Mecklenburger. Um wieviel größer ist die Vielfalt an Hautfarbe und Tradition in Deutschland. Wir können auch den zugesagten Schutz Gottes nicht allein für uns als Bewohner Deutschlands okkupieren. Gottes Zusage gilt weltweit.

„WahnsinnIch – kann der Welt etwas geben: Aufbruch in Gottes Namen!“ – das war das Wort und Thema für diesen Bistumsjugendtag. Wir können der Welt den Schutz Gottes bekannt machen, den er allen Menschen anbietet. Durch unseren Glauben und das Leben aus dem Glauben setzen wir ein Zeichen dafür, dass Gott eine Realität mit Wirkung ist. Manchmal würden wir uns zwar das Wirken Gottes noch deutlicher wünschen als wir es im Alltag spüren. Hier kann helfen, sich auch für die Glaubenszeugen heute zu interessieren, die sagen: „Gott sei Dank!“ Marcel Callo, dessen Namen schon viele von euch gehört haben und dessen Leben im Bildungshaus in Heiligenstadt dargestellt ist, wurde zwar von den Nazis getötet, aber sein Herz und seine Gedanken waren klar und gut bis in den Tod.

Ihr habt euch Paten bei der Firmung ausgesucht, die Euch ein Beispiel christlichen Lebens geben sollen und wollen. Ich hoffe, dass das möglich ist und sie es tun. Manche haben in Rom bei der Ministrantenwallfahrt oder auch beim Weltjugendtag Zeugen des Evangeliums erlebt wie z.B. Papst Franziskus. Ich selbst kann bezeugen, dass mich die Freundschaft mit Jesus Christus im täglichen Bemühen um die Kirche unseres Bistums stärkt, auch wenn der Alltag bisweilen getrübt ist durch Enttäuschungen. Warum melden sich in diesen Tagen kaum junge Christen, um sich für einen Dienst in der Kirche ausbilden zu lassen? Warum gehen die Zahlen der kirchlichen Trauungen zurück und viele leben einfach so zusammen? Ich bin sicher: Es hat damit zu tun, ob ich mich in meinem Leben behütet fühle von Gott und den Mitmenschen.

Darum ist der Psalm 121 so wichtig. Wir müssen versuchen, die Worte des Beters zu unseren Worten zu machen. Vielleicht sagen wir sie anfangs sehr leise. Aber manchmal darf es auch ein lauter Jubel sein, der aus frohem Herzen kommt. Amen.


Psalm 121[Ein Wallfahrtslied.]
 
 Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: / Woher kommt mir Hilfe?
 Meine Hilfe kommt vom Herrn, / der Himmel und Erde gemacht hat.
 Er lässt deinen Fuß nicht wanken; / er, der dich behütet, schläft nicht.
 Nein, der Hüter Israels / schläft und schlummert nicht.
 Der Herr ist dein Hüter, der Herr gibt dir Schatten; / er steht dir zur Seite.
 Bei Tag wird dir die Sonne nicht schaden / noch der Mond in der Nacht.
 Der Herr behüte dich vor allem Bösen, / er behüte dein Leben.
 Der Herr behüte dich, wenn du fortgehst und wiederkommst, /
 von nun an bis in Ewigkeit.