Freude über neuen Mitarbeiter Gottes

Predigt von Weihbischof Reinhard Hauke zur Diakonenweihe von Lukas Hennecke am 12. September in Bernterode

 

Bild: Andreas Sturm

Wir haben uns an die Aussage gewöhnt, dass Maria die Mutter Jesu ist und ihr Ja dazu gesagt hat, dass sie den Messias zur Welt bringen soll. Wir wissen um ihr Ringen und Fragen, wie das alles passieren soll und kann. Wir wissen vom Ringen des heiligen Josef und vom Erzengel Gabriel, der extra zu Josef geschickt wurde, um ihm alles zu erklären und ihm Mut zu machen.

Wir haben uns als Christen an den Gedanken gewöhnt, dass Gott in das Leben von Maria und Josef eingegriffen hat und diese beiden Juden bereit waren, sich um das Werden und Wachsen des Messias in ihrer Mitte zu sorgen. Schauen wir auf das Evangelium mit wachsamen Augen und hören wir mit wachsamen Ohren, dann spüren wir etwas davon, wie spannungsreich dieses Kommen Gottes in die Welt von Nazareth war.

Maria erschrickt bei den Worten des Engels. Sicherlich war sie auch schon allein von seinem Kommen erschreckt worden, denn wann kam schon mal ein Engel in Nazareth an. Maria fragt nach, wie Gott das Werden eines Kindes ermöglichen will, wenn sie keinen Ehemann hat. Wir hören aber auch von ihrer Antwort, in die Glaube, Hoffnung und Liebe eingeschlossen sind: Ich bin die Magd des Herrn. Was Gott beschlossen hat, soll geschehen!

Am Gedenktag Mariä Namen feiern wir heute eine Diakonenweihe. Wir freuen uns über die Bereitschaft eines jungen Mannes aus Bernterode, sich für den Dienst im Bistum Erfurt zu Verfügung zu stellen. Wir hören von seiner Bereitschaft zum ehelosen Leben um des Himmelreiches willen, von seiner Bereitschaft zur Sorge um die Armen und um die Verkündigung des Evangeliums. Lukas Hennecke sagte mir, dass er besonders einen Satz aus dem Hebräerbrief liebt, in dem es heißt: „Wir haben keine Stadt, die bestehen bleibt, sondern wir suchen die künftige.“ (Hebr 13,14). Das Evangelium und zahlreiche andere biblische Zeugnisse berichten von den Menschen, denen es wichtig geworden war, davon zu berichten, wie Gott in ihr Leben eingegriffen hat, damit sie wach werden für die Wirklichkeit Gottes in dieser Welt und andere auf diese Wirklichkeit aufmerksam machen.

Wie wichtig das zu sein scheint, wurde mir deutlich als in einem Bibelkreis ein Teilnehmer davon erzählte, dass die Reaktion eines Norddeutschen auf den Gruß eines Bayern mit „Grüß Gott!“ dieser antwortete: „Den haben wir hier nicht!“  Wir wissen davon, wie präsent der Glaube an Gott im Eichsfeld noch ist und wie seltsam es erscheint, von Gott zu reden und an ihn zu glauben in vielen Teilen Thüringens und darüber hinaus.

Oft können wir nicht von Neuevangelisierung sprechen, sondern von Erstverkündigung und Mission. Es ist eine wichtige Aufgabe unserer Seelsorgerinnen und Seelsorger, deshalb die Sprache der Menschen zu kennen und zu verstehen, d.h. die Gedankenwelt von Kindern und Jugendlichen, von Erwachsenen und Senioren. Was sind Anknüpfungspunkte für die Botschaft vom Himmelreich?
Lukas Hennecke ist in seinem Praktikum gern in die Bauwagen gestiegen, um Jugendliche zu besuchen, die dort ihr Zuhause gefunden hatten. Nicht überall gibt es ja Jugendclubs, wo man sich treffen kann oder die auch für Jugendliche attraktiv sind. Hier hat sich eine besondere Tradition entwickelt. Sicherlich waren die Themen der Diskussionen im Bauwagen ähnlich wie die an anderen Orten, an denen sich Jugendliche versammeln, aber es ist gut, wahrzunehmen, wo und wie Jugendliche ihr Leben gestalten. Das ist wie „ihre Sprache lernen“.

Für mich ist ein Bauwagen eigentlich ein Ort für Bauleute, die etwas gestalten wollen. Das klingt hoffnungsvoll, wenn vielleicht die Jugendlichen nicht alle Baumeister von Gebäuden werden wollten, sondern viele Bereiche des Lebens als ihren Bauplatz erkennen, den sie gestalten wollen. Jugendliche können im Bauwagen unter sich sein und werden nicht beobachtet und gleich wieder reglementiert. Sie suchen ihre Freiheit und wollen selbstbestimmt leben. All das gehört zum Leben junger Menschen und Anknüpfungspunkte für das Evangelium ergeben sich, wenn wir als Glaubende darauf hinweisen können, wie behutsam Gott mit uns Menschen umgeht.

Er tritt in das Leben von Maria ein und mutet ihr etwas zu. Er spricht aber zugleich von der Kraft des Allerhöchsten, die ihr geschenkt wird. Das kann ihr Mut machen, sich mit einem Ja dafür zu entscheiden. Solche Entscheidungen für etwas Gutes werden nicht immer positiv gesehen. Auch wird es Fragen geben, wenn heute ein junger Mann die Ehelosigkeit um des Himmelreiches verspricht – eine kirchliche Regelung, die bis heute Diskussionen auslöst; aber an der festgehalten wird, weil die katholische Kirche die Erfahrung gemacht hat, dass dieses Lebenszeugnis unter anderem auch dazu beiträgt, die neue Wirklichkeit des Himmels wahrzunehmen, die sonst so leicht übersehen wird.

Aber auch durch unsere Worte als Verkünder des Evangeliums bringen wir Gedanken in die Welt, die zum Nachdenken anregen. Mit unserer Entschiedenheit für die Bewahrung des Lebens von der Zeugung bis zum Tod stehen wir oftmals allein da. Auch innerhalb der Ökumene ist es ein Thema geworden und wir müssen um gute Aussagen ringen, die unsere Überzeugung vom Leben, das allein in Gottes Hand liegt, zum Ausdruck bringen. Wir trauen uns zu sagen, dass freie Träger von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen nicht nur einen eigenen Stil haben, sondern auch einen wesentlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten können, d.h. Wertevermittlung passiert, die sonst in dieser Weise nicht geschieht. Wir sind der Überzeugung, dass die Ellenbogenmentalität dem sozialen Frieden nicht dient, sondern das Vorbild der großen Heiligen wie der heiligen Elisabeth von Thüringen uns helfen kann, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit als Lebensprinzip in der Gesellschaft zu verankern.

Gern denke ich an das Ringen eines jungen Mannes, der mich kürzlich fragte, ob es gut sei, sich als Praktikant in einem Bekleidungsgeschäft so sehr zu engagieren, dass die alteingesessenen Kollegen ihm sagen: „Du verdirbst mit Deinem Engagement die Preise!“ – was bedeutet: „Mach langsamer, denn sonst fällt auf, dass wir keine große Lust haben.“ Ich habe ihn ermutigt, bei seinem Engagement zu bleiben, denn was soll in der Zukunft werden, wenn wir den jungen Menschen die Lust am Engagement und Vorwärtskommen nehmen?

Eingangs habe ich behauptet, dass es im Eichsfeld keine Überraschung bei der Mittelung gibt, dass Gott konkret in diese Welt eintritt und uns Menschen zum Mittun einlädt. Ist es so? Wie reagieren Eltern, wenn sie von ihren Kindern hören, dass sie bei der Kirche arbeiten wollen oder sogar ins Kloster eintreten möchten oder Priester werden wollen? Gibt es ein Verständnis dafür, dass Gott sehr konkret wird in seinen Erwartungen an uns?

Am letzten Wochenende habe ich die Eltern unserer Priester zu einem Wochenende in das Marcel-Callo-Haus eingeladen. Trotz Corona-Bedingungen waren 15 Eltern allein oder als Ehepaar gekommen. Zu spüren war, dass sie froh sind, mit ihren Söhnen einen wichtigen Beitrag zum Leben des Bistums Erfurt geleistet zu haben. Es geht ja nicht nur darum, dass junge Menschen sich konkret für die Kirche engagieren, sondern wie sie auch mitgetragen werden von Eltern, Geschwistern, Freunden und der Familie.


Es braucht in unserer Kirche eine Freude darüber, dass Gott bis heute Menschen in seinen konkreten Dienst ruft. Heute verspüren wir diese Freude in der Pfarrei Niederorschel und besonders hier in Bernterode. Möge diese Freude andauern und auch weiterhin junge Menschen motivieren, ihr Ja zu sagen zu dem, was Gott mit ihnen und durch sie in der Kirche und besonders in unserem Bistum bewirken möchte. Amen.