Es geht! Anders.

Misereor Fastenaktion 2021.

„Es geht! Anders.“ – so lautet das Leitwort der Fastenaktion 2021. Mit diesem Aufruf möchte MISEREOR deutlich machen, dass eine andere Welt möglich und notwendig ist, um gemeinschaftlich nach einer Welt zu streben, in der alle Menschen in Gerechtigkeit leben können und die Schöpfung für zukünftige Generationen bewahrt wird. Diese andere Welt zu gestalten liegt in unserer Hand. Mit der Fastenaktion lädt MISEREOR dazu ein, wahrzunehmen: Was zählt wirklich für ein Leben, das das Wohl aller Menschen und die uns geschenkten Gemeingüter dieser Welt über die Ausbeutung von Mensch und Natur stellt? Können wir eine Lebensweise verantworten, die auf Massenkonsum und materiellen Wohlstand ausgerichtet ist? Diese Fragen sollen zu spürbaren Schritten der Veränderung anregen.

 

Auf dem Plakat zur Fastenaktion 2021 ist eine Bolivianerin zu sehen, die auf die ruhige Schönheit ihrer Heimat schaut. Gestört wird sie dabei von den Börsenwerten, von einem hauptsächlich auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftsmodell. Die Botschaft: Lassen wir uns nicht von der Sorge um die Börsenwerte einnehmen, sondern von der Schönheit der Natur ermutigen – lassen wir uns nicht von und mit einer Wirtschaftsform unterdrücken, sondern von der Vision einer sozial-ökologisch orientierten Gesellschaft begeistern. Die Zeit ist reif für ein gemeinschaftliches Handeln für eine Welt, die das Wohl aller Menschen im Blick hat und die Schöpfung bewahrt

 

 

Mit der Fastenaktion lädt MISEREOR zu einer Neuausrichtung unserer Lebensweise ein: In der Corona-Krise haben wir gelernt, dass ein anderes, verantwortungsvolles Leben möglich ist. In Deutschland und auf der ganzen Welt. Wie viel Kraft aus dem gemeinsamen Willen zur Veränderung erwachsen kann, beweisen MISEREOR-Partner in Bolivien. Dort fördert die PSC Reyes indigene und kleinbäuerliche Gemeinschaften in ihrer Anbauweise im Einklang mit der Natur. CEJIS unterstützt indigene Völker dabei, ihre Rechte wahrzunehmen und ihre Gebiete zu schützen.

Mit Ihrer Spende leisten Sie einen wertvollen Beitrag dazu – danke!
Spendenkonto IBAN DE75 3706 0193 0000 1010 10

Mehr Informationen zur diesjährigen Fastenaktion finden Sie unter fastenaktion.misereor.de/spenden

Schwerpunktland Bolivien

„Gutes Leben für alle“ wird dringender benötigt denn je. Die MISEREOR-Partner vor Ort zeigen, wie solch ein “Gutes Leben für alle” aussehen kann. Rund 36 ethnische Gruppen leben in dem südamerikanischen Land, fast die Hälfte der über 11,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner bezeichnet sich als indigen. Der “plurinationale” und mehrheitlich katholische Staat ist dabei von großen sozialen, kulturellen und landschaftlichen Kontrasten gekennzeichnet.

Bolivien verfügt über zahlreiche Bodenschätze und ist trotzdem weiterhin eines der ärmsten Länder Lateinamerikas. Die Artenvielfalt dort ist riesig, aber von massiven Abholzungen und Umweltzerstörung bedroht, während der Klimawandel gravierende Auswirkungen zeigt. Das Land steckt heute in vielfältigen Krisen. Mit dem Antritt der Regierung Evo Morales‘ mit seiner Partei MAS (Bewegung für den Sozialismus) schien sich im Jahr 2006 zunächst eine grundsätzliche Wende abzuzeichnen.
Die Hoffnungen vieler Menschen richteten sich vor allem auf die Überwindung der enormen sozialen Unterschiede und der Benachteiligung der indigenen Völker Boliviens sowie auf eine wirtschaftliche Entwicklung mit Rücksichtnahme auf die empfindlichen Ökosysteme des Landes. Tatsächlich gelang es der Regierung der MAS, die Armut in Bolivien wesentlich zu reduzieren. Der Anteil Indigener und Frauen in politischen Entscheidungspositionen stieg deutlich. Ihre Wirtschafts- und staatliche Einnahmenpolitik setzte jedoch fast ausschließlich auf die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und deren Export ins Ausland. Mit dem Verfall der Rohstoffpreise ab ca. 2015/2016 stieß das bisherige Modell an seine Grenzen. Im verzweifelten Bemühen um neue Einnahmequellen forcierte die Politik immer stärker den Bergbau, die Erdgassuche, die Agrarindustrie und den geplanten Bau von Staudämmen.

Die Rechte der indigenen Bevölkerung wie auch ökologische Belange wurden dabei ignoriert. Besondersheftige Auswirkungen hatte ein Pakt der Regierung mit der Agrarindustrie: Durch präsidentielle Dekrete befördert verbrannten allein im Jahr 2019 insgesamt sechs Millionen Hektar Fläche im bolivianischen Tiefland durch gezielt gelegte Waldbrände, davon zwei Millionen Hektar Regenwald. Die Einnahmenverluste konnten jedoch nicht ausgeglichen werden, es zeigte sich eine immer deutlichere wirtschaftliche Krise. Gleichzeitig wurde die Regierungsführung zunehmend autoritärer, die MAS nutzte Mittel der sozialen Polarisierung zum Machterhalt.

Dem von der Organisation amerikanischer Staaten (OEA) bestätigten Vorwurf von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl im Oktober 2019 folgten schwere Unruhen von Gegnern und Befürwortern Evo Morales‘, die schließlich im Verlust der Unterstützung durch das Militärsowie seinem Rücktritt und der Ausreise ins Exilmündeten. Die als Interimspräsidentin ernannte rechtsgerichtete Politikerin Jeanine Añez zeigte eine katastrophale Regierungsführung: die gewaltsame Unterdrückung der Proteste der Anhänger Evo Morales führte zu Toten, die Präsidentin schaffte Fakten zu Gunsten der ihr nahestehenden Agrarindustrie, die Korruption explodierte und die Regierung erwies sich in jeder Hinsicht unfähig, mit der vom Coronavirus in Bolivien ausgelösten Pandemie umzugehen. Der Wahlsieg der MAS im Oktober 2020 mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Luis Arce als Präsidentschaftskandidaten fiel unerwartet hoch aus. Er lässt sich vor allem als ein pragmatisches Votum der Bolivianerinnen und Bolivianer angesichts der unhaltbaren Zustände unter der Übergangsregierung verstehen. Der Kurs der neuen alten Regierung ist dabei noch ungewiss.

Eines steht jedoch bei der tiefen Krise, in der Bolivien steckt, fest: Ein einfaches „Weiter so“ wird nicht funktionieren. Indigene und kleinbäuerliche Gemeinden, Frauen, Kollektive junger Menschen und andere arbeiten mit der Unterstützung von MISEREOR-Partnerorganisationen an konkreten Alternativen und leben sie vor. Sie zeigen, dass es anders geht.

 

Hintergrund: Seit 1959 gestaltet MISEREOR in der katholischen Kirche in Deutschland die Fastenzeit mit und bittet die Bevölkerung mit der Fastenaktion jedes Jahr um Solidarität und Unterstützung für Benachteiligte in Asien und Ozeanien, Afrika und dem Nahen Osten, Lateinamerika und der Karibik. Jedes Jahr stehen ein anderes Thema und ein anders Land im Fokus der Fastenaktion. 2021 lädt sie in bundesweit mehr als 10.000 Gemeinden ein: „Es geht!Anders.“