Ein Kreuz auf dem Weg

Hintergründe zum Kreuz "Wo Gott ist, da ist Zukunft"

Von Jugendpfarrer Timo Gothe, Erfurt

Im Januar 2011 wurden die ersten Pläne entwickelt, zur Vorbereitung auf den Papstbesuch ein Holzkreuz anfertigen zu lassen, das mit der Jugendwallfahrt am 21./22. Mai seinen Weg durch das Bistum antreten soll. Dabei war nicht daran gedacht, wie beim Weltjugendtag das Kreuz von Etappe zu Etappe zu tragen, es sollte auch keine Kopie des bekannten Kreuzes werden. Vielmehr sollte dieses Kreuz an ausgewählten Orten (bei den Wallfahrten des Bistums) aufgerichtet werden, stehen, hinweisen, ein Zeugnis sein und zeigen, dass das Bistum sich auf einem längeren geistigen Weg befindet und der Papstbesuch eben kein "pastoraler Meteoriteneinschlag" wird, der im Bistum nur einen geistigen K(r)ater hinterlässt.

Ab März fanden Gespräche mit dem Holzbildhauer Heinz Günther statt, der sich für die Idee von Beginn an aufgeschlossen zeigte und das Werk in Angriff nahm. Als in der Karwoche 25 Jugendliche aus Erfurt einen Werkstattbesuch unternahmen, vom Kreuz sich ein Bild machten, es aufrichteten und selbst mit Hammer und Schnitzeisen am Holz arbeiten durften, war dadurch eine ganz besondere Verbundenheit der Jugendlichen zu diesem Kreuz entstanden.

Das Kreuz hat die Maße von 4 m Länge und 2,2 m Breite. Längs- und Querbalken sind jeweils 32 cm breit und 8 cm stark. In den dazugehörigen Fuß gestellt, bekommt das Kreuz eine Höhe von knapp 4,5 m. Es ist damit von beeindruckender Größe.

Da das Kreuz nicht für einen Ort gefertigt wurde, sondern eine Reise durch das Bistum antritt und somit durch viele Hände geht und immer wieder transportiert werden muss, wurde ein leichtes Lindenholz gewählt, das aber zu Lasten der Wetterbeständigkeit des Kreuzes geht.


Zum Künstler

Heinz Günther, Holzbildhauer seit 1976, wohnt in Hüpstedt, Eichsfeld

Referenzen:
-lebensgroße Weihnachtskrippe Stadt Heiligenstadt
-Ephraimpalast Berlin: Schnitzereien an der Eingangstür
-Kirche Leipzig-Grünau: St. Martin Relief
-Magdeburg: Plastik "Johannes der Täufer"
-Marienhospital Bonn-Venusberg: 12 Heiligenfiguren
-Berlin, Schloss Charlottenburg: 2 Engel
-Dodge City: Plastik "St. Bonifatius"
-Weihnachtskrippe in Kirche Dortmund (Gropenbruch)
-Weihnachtskrippe in Kirche Vollenborn
-St. Bernhard, Klosterkirche Reifenstein
-St. Elisabeth, Raphaelsheim Heiligenstadt
-beschnitzte Türfüllungen, Kirche Wingerode
-beschnitzte Seitenwangen für Kirchenbänke, Wingerode
-12 Apostel (Halbrelief), Kirche Hundeshagen
-beschnitzte Türfüllungen, Kirche Hundeshagen

www.holzgestalter-guenther.de


Theologische Zugänge zum Kreuz

Die Wundmale

Das Kreuz enthält 5 Durchbrüche, das Holz ist im Umfeld der Löcher an diesen Stellen gerissen. Innen sind die Durchbrüche rot eingefärbt.
Die Anordnung der Durchbrüche auf dem Kreuz entspricht nicht der klassischen Ikonografie von 2 Handwunden, 2 Fußwunden und der Seitenwunde Jesu, hat aber durch die Fünfzahl einen eindeutigen Bezug dazu.

Die Wundmale Jesu finden im Johannesevanglium Erwähnung und betonen das wahre Menschsein Jesu, die blutige Realität seines Todes, die Leiblichkeit, sowie die Identität des Irdischen mit dem Auferstanden. Das Holz des Kreuzes von Heinz Günther ist regelrecht durchbrochen, durchstoßen worden. Man sieht förmlich die Gewalt und die Kraft, die dort am Werke waren; Ernsthaftigkeit, ja Brutalität, von Passion und Karfreitag. Aber zugleich ist mit den Wundmalen ein Durchbruch geschaffen worden. Durchbruch zum Leben. Im Freien aufgestellt, fällt Licht durch die Wundmale, sind sie ins Licht getaucht schon Zeugnisse der Osterbotschaft: Das Leben hat besiegt den Tod.

Das Motto: Wo Gott ist, da ist Zukunft

Eine Seite des Kreuzes enthält in großen Lettern das Motto des Papstbesuches in Deutschland 2011.

Die Gottesfrage wach zu halten, sieht daher Papst Benedikt XVI. als eine der zentralsten Aufgaben seines eigenen Dienstes wie den der Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden insgesamt. Das Motto ist ein Wort von Papst Benedikt XVI. selbst, das er während seines Besuchs des österreichischen Marienwallfahrtsortes Mariazell im Jahre 2007 geprägt hat.

Heinz Günther hat das Motto so deutlich auf das Kreuz gebracht, weil das Kreuz einer Einstimmung und geistigen Vorbereitung der Papstreise dient. Ohne den Papstbesuch hätte es den Auftrag zu diesem Kreuz nicht gegeben. An den Ereignissen und Orten, wo es aufgerichtet wird, verweist es auf ein ganz konkretes Ereignis - die Begegnung mit dem Heiligen Vater in unserm Land.

Das Kreuz für die Vielen

Während die eine Seite ein Schriftzug prägt, ist die andere Seite nicht so eindeutig zu entschlüsseln. Erst mit genauerem Hinsehen oder nach längerer Betrachtung werden die Züge von Menschen sichtbar. Gestalten treten aus dem Holz hervor, größtenteils nur angedeutet. Man erahnt unter der Herzwunde eine Mutter mit Kind, man erkennt im Querbalken Kniende. Im Scheitelpunkt von Längs- und Querbalken sind Gesichter deutlicher herausgearbeitet. Im oberen Abschnitt des Längsbalkens sind Fußabdrücke.

Im Kreuz wird sichtbar, dass Gott darin das Heil für die Menschen will. Wir Menschen müssen das Kreuz nicht fliehen. Zugleich ist diese Seite Sinnbild dafür, dass das Kreuzesgeschehen nicht abgeschlossen ist, sondern andauert. In die Geschichte der Menschheit, der Kirche, ragt das Kreuz hinein, bildet es sich ab.

Zwei Seiten eines Kreuzes, wobei nicht abschließend gesagt werden kann, welches Vorder- und Rückseite sind. Das Kreuz von Heinz Günther ist so beredtes Beispiel für das, was Benedikt XVI. immer wieder betont: Vernunft und Glaube, intellektuelle Anstrengung und gläubiges Vertrauen stehen nicht im Widerspruch, sondern ergänzen und brauchen einander.