Ein für allemal

Predigt von Weihbischof Reinhard Hauke auf dem Kerbschen Berg bei der Wallfahrt anlässlich des Weltgebetstages um geistliche Berufe am 30. April 2023

(c) Bistum Erfurt / Nadine Grimm

In einem Kommentar zum Hebräerbrief schreibt der Exeget Otto Kuss, der von 1905 bis 1991 lebte und in München Professor war: „Es ist nunmehr geschehen, was überhaupt geschehen konnte, ein für allemal, endgültig, und es ist durch Jesus Christus geschehen.“

Das bedeutet für diejenigen, an die sich dieser Hebräerbrief wendet und damit auch für uns: Gewissheit in der Hoffnung, aber auch Bewährung in Verantwortung und Ausdauer, weil es keine andere Befreiung von unseren Sünden geben kann und wird. Der Hebräerbrief betont sehr deutlich, wie wichtig und endgültig heilbringend der Tod und die Auferstehung Jesu Christi für uns Menschen gewesen sind.

Wir müssen nicht weiter nach einem Heiland suchen, der unser Leben entlastet von aller Schuld, die wir persönlich auf uns geladen haben oder durch die Geschichte uns aufgelegt wurden. Schuld aus der Geschichte der alten und jüngsten Zeit wird uns immer wieder neu vor Augen gestellt. Wir haben uns einerseits schon daran gewöhnt, dass wir als katholische Kirche schlecht gemacht werden, aber wir wollen auch alle Kräfte mobilisieren, dass es auch gute Nachrichten gibt.

Was wir mit der heutigen Wallfahrt zum Ausdruck bringen wollen, ist ja unser Vertrauen in Gott, der bis heute und auch heute Menschen beruft, sich für das Evangelium einzusetzen, wie es der Sendungsbefehl Jesu an seine Apostel ausdrückt: Geht hinaus in alle Welt und lehrt alle Völker und tauft sie auf den Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

In der letzten Woche haben wir den heiligen Petrus Canisius gefeiert, der als erster deutscher Jesuit sich besonders darum bemüht hat, die Beschlüsse des Konzils von Trient umzusetzen und dafür einen Katechismus schrieb –den sogenannten „Kanisi“. Er gilt als der 2. Apostel Deutschlands nach dem heiligen Bonifatius. Petrus Canisius hat in großer Aufmerksamkeit für die Fragen der Menschen des 16. Jahrhunderts und für die Botschaft des Evangeliums gelebt. 200 Jahre vorher lebte die heilige Katharina von Siena, die wir gestern gefeiert haben. Sie war das 23. Kind eines Wollfärbers aus Siena und starb mit 33 Jahren als Ordensfrau, nachdem sie bewirkt hatte, dass der Papst aus Avignon wieder nach Rom zurückkehrte. Von 1309 bis 1377 residierten die Päpste in Avignon, weil der französische König dem Papst Schutz und Sicherheit zugesagt hatte. Sie war als Ordensfrau auch Politikerin in Kirchenfragen und konnte aufgrund ihrer inneren Sicherheit durch den Glauben auch zu einer neuen Ordnung außerhalb – nämlich in der Kirche – sorgen.

Der Heilige Geist Gottes bewirkt die Berufungen in jeder Zeit. Es braucht eine Aufmerksamkeit für sein Wirken und Rufen. Es braucht das Hören, das wir auf dieser Wallfahrt besonders thematisiert haben. Wenn es viele Hörer seines Rufens gibt, dann kann die Kirche mit sicherem Schritt in die Zukunft gehen.

Papst Franziskus hat die Kirche zum Hören eingeladen. In der Vorbereitung der Bischofssynode zum Thema „Synodalität“ geht es ihm besonders um diese Fähigkeit zum Hören. Das Wort Gottes und auch die Fragen der Menschen heute sollen gehört werden. Wenn das Hören dazu führt, dass eine Gesinnungsänderung eintritt oder eintreten muss, sind die Reaktionen sehr unterschiedlich. Dass ich selbst den Texten zugestimmt habe, die dann die neue Grundordnung für den kirchlichen Dienst ermöglicht haben, wurde auch mir schon angekreidet. Dass es aber eigentlich darum geht, Menschen so anzunehmen wie sie sind, und zu einem engagierten Leben in der Kirche einzuladen, war dabei nicht im Blick.

Es ist aufgrund unserer Hinordnung auf Jesus Christus wichtig, seinen Maßstab der Gottes- und Nächstenliebe ständig zu betonen. An ihm allein müssen wir uns messen lassen und dieser Maßstab fordert uns bis hinein in unsere privaten Entscheidungen. „Wie würde Jesus Christus handeln und mit dem konkreten Problem umgehen?“ – diese Frage stelle ich mir täglich, wenn ich Personalfragen, Themen in der Jugendpastoral, der Caritas oder auch im Hinblick auf die Weltkirche zu beantworten habe. Wir müssen keine erneute Erlösung von allen Fragen und vor allem der Schuld der Menschen bewirken. Wir müssen auch nicht täglich ein neues Opfer der Hingabe an Gott bringen, sondern wir sind eingeladen, uns mit der Hingabe an Gott zu verbinden, wenn wir Eucharistie feiern. Aus dieser Hingabe an Gott erwachsen die Berufungen in die verschiedenen Dienste im Volk Gottes. Wir beten für alle, die sich engagieren wollen, dass es eine Zurüstung des Gottesvolkes für den Dienst des Glaubenszeugnisses gibt, und wir beten für alle, die in den Pfarreien sich einbringen, damit bis in die Familien hinein der Strahl der guten Nachricht kommt.

Für mich besteht die Erlösung auch darin, dass ich mir nichts Neues ausdenken muss, was die Menschen froh und frei macht. Das hat Jesus Christus ein-für-allemal getan. Dafür dürfen wir heute und besonders in der österlichen Zeit von Herzen danken. Wir sind damit nicht befreit vom Tun, aber wir sind befreit vom Neuüberlegen, was der Weg zum Heil ist. Ephapax – heißt das griechische Wort und bedeutet; „Ein-Für-Allemal“. Unsere Aufgabe besteht darin, dieses „Ein-Für-Allemal“ bekannt zu machen in Worten und Taten. Dafür wünsche ich uns Gottes Segen. Amen.


Lesung: Hebr 10, 12-14