„Die gute Stube des lieben Gottes“

Kirche St. Marien in Niederorschel ab Palmsonntag wieder offen

 

Bild: Ole Bechert, Grafikdesign

Der Palmsonntag ist in diesem Jahr für die Gemeinde von St. Marien in Niederorschel ein ganz besonderer Tag. Nach zweijähriger Planungs- und Bauzeit kann ihre Kirche, die größte Kirche im Eichsfelder Kessel, nun wieder genutzt werden. Ein Festgottesdienst am Palmsonntag mit Weihbischof Reinhard Hauke macht den Anfang.

Der Auslöser

„Guck mal, hier ist Putz heruntergekommen“, war der erste Ausruf kurz vor Weihnachten 2021. Die Folge: Die Kirche musste gesperrt werden. Es folgten Ursachenforschung, Prüfungen, Untersuchungen. Für die Gemeinde keine leichte Zeit; es sah nach Stillstand aus, denn wirklich sichtbar passierte ja erst einmal nichts. Dann im September 2022 – Beginn der Sanierungsarbeiten, die in größerem Umfang als angenommen erforderlich waren. Die Decke musste komplett runter, auch der morsche Fußboden, unter dem kein Pflaster war, hatte dringenden Sanierungsbedarf.
Pfarrer Thomas Münnemann, der die Pfarrei mit Beginn der Sanierungsarbeiten übernommen hatte, sah die Gemeinde und sich vor großen Herausforderungen, zumal die Baupreise explodierten und Lieferschwierigkeiten hinzukamen.

Die Leidenschaft, mit anzupacken

Die Gemeindemitglieder packten mit an. Einige, so der Pfarrer, hätten ihr Bett in der Kirche aufstellen können, so oft waren sie im Einsatz. Alles was denkbar war, wurde in Eigenleistung erbracht. So wurden z.B. alle Kirchenbänke aus der Kirche herausgenommen, nach Kleinbartloff in die Festhalle gefahren, dort gekürzt, abgeschliffen, lasiert, wieder zurückgebracht. Das Orgelgehäuse wurde aufgearbeitet sowie das Gestühl auf der Empore. Vom Opferlichtständer bis zum Totenbuchhalter – alles ehrenamtliche Arbeit.

Ungefähr 80.000 Euro kamen durch verschiedene Aktionen der Gemeinde zusammen. Aus dem schon vor dem Sanierungsfall vorhandenen Wunsch, ein Angebot für Kinder zu installieren, entstand ein Mehrgenerationenchor namens „Domspatzen“. Die Eltern und Großeltern, die ihre Kinder und Enkelkinder zu den Proben brachten, wurden spontan eingeladen, mitzusingen. So entstand der Chor, der mehrere Generationen vereinigt. Unter anderem führte er ein Musical „Der gestiefelte Kater“ auf.

Es gab ein Benefizkonzert, bei dem auch alle anderen Chöre und Scholen des Dorfes mitwirkten; auch die Regelschule sammelte Geld bei dem Konzert für Kirche; Vereine spendeten ihren Erlös vom Weihnachtsmarkt. Die zwei großen Baustellenführungen waren ein voller Erfolg. Das hat viele Leute sehr angesprochen, sie sahen, es tut sich was – das hat die Spendenbereitschaft erhöht, so Pfarrer Münnemann.
 
In jedem Gottesdienst wurde auch für das Gelingen der Kirchsanierung gebetet. Der Hl. Josef wurde zum himmlischen Bauleiter erklärt. „Er hat einmal für Maria ein Haus gebaut, und das hier ist ja eine Marienkirche, da könne er ja noch einmal aktiv werden", und wenn man sich die sanierte Kirche jetzt ansieht, hat der Heilige ganze Arbeit geleistet.

Die andere Seite des Sanierungsfalls

Es gibt Sehnsucht danach, dass das Gemeindeleben wieder richtig losgeht, erzählt der Pfarrer. Vor der Baustelle war Corona. Man kam von einer Durststrecke in eine neue. Durch Corona, so der Eindruck, war viel weggebrochen im Gemeindeleben und es war der starke Wunsch da, dass das Gemeindeleben wieder Fahrt aufnimmt.
Er berichtet von einer Baustellenführung im Mai. Bierzeltgarnituren waren aufgestellt, für Kaffee und Kuchen gesorgt und Spiele für Kinder vorbereitet. Bei schönsten Wetter gab es vor der Baustellenführung eine Marienandacht. Es kamen „Land und Leute“.  Die Hoffnung ist, ein sympathisches Bild von Gemeinde vermittelt zu haben, dass z. Bsp. auch eine junge Familie sagen kann, „da kann man hingehen“.

Vielleicht gab ja der Abbruch des Deckenputzes einen Aufbruch…

Eine kleine Bildergalerie zeigt die Kirche als Baustelle und in ihrem neuen Glanz


Das ist nun Vergangenheit

VORHER
    

 
Verpackter Taufstein und verpackte Kanzel
Fotos Baustelle: Andrea Wilke

NACHHER

 

   
Das Altarbild, das das ehemalige düstere ersetzt, wurde auf dem Dachboden gefunden

     

   

 

 

 
Auch der Beichtstuhl bekam eine neue Verglasung, die wie die Windfänge die Deckenbemalung aufnimmt

 
Kurze Absprachen - und ein Pfarrer, der glücklich und dankbar über die gelungene Sanierung und seine über alle Maßen engagierte ehrenamtliche Helfer:innen ist

Fotos, die die sanierte Kirche zeigen: Ole Bechert, Grafikdesign