Der Kardinal mit dem SaxophonKurzporträts aus Lateinamerika



Multitalent mit Mut und Saxophon: Kardinal Oscar Andr?s Rodr?guez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa (Honduras)

Einseitigkeit liegt ihm nicht. Der Mann studierte und unterrichtete Physik, Mathematik und Chemie, erwarb außerdem ein Diplom in klinischer Psychologie und Psychotherapie und absolvierte ein Studium in Philosophie und Theologie. Er spricht sechs Sprachen fließend und beherrscht Latein und Griechisch. Er spielt Saxophon und Klavier, hat Harmonie, Komposition und Kontrapunkt gelernt. Kardinal Oscar Andr?s Rodr?guez Maradiaga ist nicht nur vielseitig begabt, er ist auch äußerst umtriebig und sozialpolitisch engagiert. Als Präsident des Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM) von 1995 bis 1999 hat der Honduraner immer wieder auf die Schuldenlast der so genannten Dritten Welt hingewiesen und für Entschuldung plädiert. Weltweit bekannt geworden ist der Erzbischof von Tegucigalpa als Schirmherr der deutschen Kampagne "Erlassjahr 2000". Beim Kölner Weltwirtschaftsgipfel 1999 übergab er Bundeskanzler Gerhard Schröder einen Sack mit 17 Millionen Unterschriften für eine weitreichende Entschuldung armer Länder.

Unerschrocken prangert der im Februar 2001 zum Kardinal ernannte 59-jährige Rodr?guez auch die Missstände in seinem Land an. Honduras zählt zu einem der ärmsten Länder Lateinamerikas. Schuld an der Misere sind nach Ansicht des Kardinals nicht zuletzt die Korruption und Raffgier der herrschenden politischen Klasse. Die beiden großen Parteien in Honduras förderten hauptsächlich die Interessen der Wirtschaftskräfte und die der politischen Machthaber. Stimmenkauf und Wahlgeschenke seien an der Tagesordnung. Gleichzeitig verhinderten die Parteien die Bildung alternativer Kräfte, die die Rechte und Interessen der verarmten Bevölkerungsmehrheit garantieren könnten. Immer wieder fordert der Kardinal von den Politikern in Honduras, aber auch in anderen lateinamerikanischen Ländern, ihre "egoistischen Einstellungen und Verhaltensweisen" zu ändern.


Förderung von Frauen und Mädchen: Schwester Juliana Cubilla Morales und Schwester Sara Esperanza Ru?z Flores, Bistum David (Panama)

Unterrichten und gärtnern, organisieren und helfen, zuhören und trösten, schneidern und beten - die Ordensfrauen Juliana und Sara und ihre beiden Mitschwestern aus der malerischen Ortschaft Remedios in Panama haben immer genug zu tun. Seit mehr als 10 Jahren ist ihr Orden "Misioneras de la Caridad y Providencia" in der armen Region der Provinz Chiriqu? angesiedelt. Hilfe und Förderung von Mädchen und Frauen ist der Arbeitsschwerpunkt der Schwestern in blütenweißer Tracht. So unterhalten sie etwa ein kleines Internat neben dem Schwesternhaus. Die Mädchen, die bei ihnen untergebracht sind, stammen aus armen Verhältnissen, die Mehrheit von ihnen gehört zu der größten indianischen Ethnie Panamas, den Ngöbe. Ihre Familien leben weitab im Gebirge, zu weit von der Sekundarschule in Remedios. Daher wohnen die Mädchen die Woche über bei den munteren, gerne lachenden Ordensfrauen - und fühlen sich dort äußerst wohl.

Neben der Betreuung der Schülerinnen bieten die Schwestern Koch-, Näh-, Haushalts- und Stenographieunterricht für Frauen aller Altersgruppen an. Die Kurse sind immer sehr gut besucht. In einigen Monaten sollen in den kleinen Räumen des Schwesternhauses auch Computergrundkurse stattfinden. "Wir versuchen, den Frauen Dinge beizubringen, die ihnen zum einen erlauben, den Haushalt gut zu führen, und die ihnen außerdem ermöglichen, etwas Geld zu verdienen", erläutert Oberin Juliana das Ziel ihrer Arbeit.


Bedroht wegen Einsatzes für Gerechtigkeit: Bischof Alvaro Leonel Ramazzini Imeri, Bistum San Marcos (Guatemala)

Bischof Ramazzini hat lernen müssen, mit Bedrohungen und Einschüchterungsversuchen zu leben. Der 54-jährige Guatemalteke wurde schon häufig von Gruppen bedroht, denen sein Einsatz für Gerechtigkeit und für soziale Veränderungen zu Gunsten der armen indigenen Bevölkerungsmehrheit nicht passten. So schickte ihm etwa ein so genanntes "Notkomitee für die Verteidigung des Privateigentums" im April 1996 einen Drohbrief, weil er und Franziskanerinnen seiner Diözese San Marcos sich für Landlose engagierten. Im Zusammenhang mit dem Prozess um seinen im April 1998 ermordeten Amtsbruder Juan Gerardi wurden Bischof Ramazzini und andere katholischen Kirchenvertreter von Militär und Regierung misstrauisch beobachtet, wenn nicht gar ausspioniert. Das konnte den Bischof jedoch nicht davon abhalten, mutig die guatemaltekische Regierung und das Militär zu kritisieren, rasche Aufklärung von Verbrechen und soziale Gerechtigkeit für die benachteiligte indigene Bevölkerungsgruppe zu fordern.

Ramazzini ist Mitglied der Kommission "Pastoral der Erde/Landverteilung" bei der Guatemaltekischen Bischofskonferenz. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit sind Ökumene sowie Migration, ein wichtiges Thema in Guatemala: Während des 36 Jahre lang dauernden Bürgerkriegs mussten rund eine Million Menschen aus ihrer Heimatregion fliehen. Heute versucht die Kirche Heimkehrern bei der Reintegration zu helfen sowie Einwanderer, etwa aus Chiapas, zu unterstützen. Die Migrationsbewegungen sind gerade in der Diözese von Bischof Ramazzini sehr stark, denn San Marcos liegt an der Grenze zu Mexiko. Doch nicht nur in den Grenzgebieten gibt es viel Arbeit. Etwa die Hälfte der 30 Pfarreien von San Marcos liegt im Landesinneren, teilweise nur zu Fuß oder mit dem Pferd erreichbar. Das schreckt den Bischof und seine Mitarbeiter jedoch nicht von regelmäßigen Besuchen ab. Er weiß, dass man sie überall braucht.


Erziehung zum Frieden und zur Versöhnung: Weihbischof Gregorio Rosa Ch?vez, Bistum San Salvador (El Salvador)

Mut, Friedenswillen und Gerechtigkeitssinn kennzeichnen Weihbischof Gregorio Rosa Ch?vez aus San Salvador. Während des Bürgerkriegs in El Salvador setzte sich der 59-jährige beharrlich für einen friedlichen Dialog der Konfliktparteien ein - trotz Kritik und Bedrohungen seitens der Militärregierung und ihrer Anhänger, die sich zunächst strikt gegen Friedensverhandlungen sträubten. Dank der Vermittlungsbemühungen Chavez? und anderer Vertreter der katholischen Kirche kam es dennoch zu einem Dialog, der nach mehreren Unterbrechungen zu der Unterzeichnung eines Friedensabkommens 1992 führte. Für seinen couragierten und erfolgreichen Einsatz für den Frieden erhielt Weihbischof Ch?vez 1996 den Hessischen Friedenspreis. "Mit seiner Tätigkeit als Vermittler und Versöhner hat Monse?or Rosa Ch?vez in exemplarischer Weise gezeigt, wie man in einem hohen kirchlichen Amt unparteiisch, aber nicht unkritisch zugunsten des Friedens und der Gerechtigkeit tätig werden kann", heißt es in der Preisurkunde.

Erziehung zum Frieden und zur Versöhnung: Das ist auch heute noch ein Hauptanliegen des Weihbischofs. Besondere Bedeutung kommen dabei seiner Ansicht nach den Familien, der Schule und den Medien zu. Der Medienexperte Ch?vez, der nach seinem Theologie- und Philosophiestudium in San Salvador soziale Kommunikationswissenschaften im belgischen Leuven studierte, ist Mitglied der Kommission für soziale Kommunikation beim Lateinamerikanischen Bischofsrat (CELAM) und Vorsitzender der Medienkommission der Bischofskonferenz El Salvadors. Darüber hinaus ist er verantwortlich für die Caritas in Lateinamerika.


Schwarze Kultur in Lateinamerika: Bischof Uriah Ashley, Bistum Penonom? (Panama)

Er sei "ein Stück weit nach Hause zurückgekehrt", sagte Uriah Ashley, als er 1994 als frisch geweihter Bischof die Leitung der neugegründeten Diözese Penonom? übernahm. Denn in der Region von Penonom?, südlich von Panama-Stadt gelegen, hatte er als junger Priester seine ersten Messen gefeiert. Der 1944 im panamaischen Almirante geborene Ashley begrüßt es, dass es in Lateinamerika zunehmend schwarze und indianische Bischöfe gibt. Ashley selbst ist afrikanischer Abstammung. Er gehört zu den etwa 14 Prozent Schwarzen und Mulatten Panamas, deren Vorfahren entweder in der Kolonialzeit von der Westküste Afrikas nach Panama verschleppt wurden oder die Mitte des 19. Jahrhunderts aus den Antillen nach Panama kamen, um sich dort als billige Arbeitskräfte zu verdingen. Die Mehrheit der Schwarzen Panamas lebt heute unter ärmlichen Bedingungen und wird oft mit Vorurteilen und Ablehnung konfrontiert. Als Vorsitzender der Kommission für Afro-Pastoral bei der Panamaischen Bischofskonferenz setzt sich Ashley für die schwarze Bevölkerungsgruppe ein. Wichtig ist ihm auch, dass Elemente schwarzer Kultur und Religiosität in die Liturgie mit einfließen.

Im besonderen Maß setzt sich Bischof Ashley zudem für die arme Landbevölkerung seines Bistums ein, das die Agrarprovinz Cocl? im Zentrum des Landes umfasst. Vorher gehörte Cocl? mit seinen knapp 200.000 Einwohnern zum Erzbistum von Panama-Stadt. Durch die Schaffung des neuen Bistums von Penonom? kann die Kirche vor Ort und verstärkt auf die Probleme der Bevölkerung - Arbeitslosigkeit, Armut, Bildungsnotstand - eingehen. Neben den zahlreichen Aufgaben, die er in seiner Diözese zu bewältigen hat, ist der trotz aller Arbeit stets gelassen und freundliche Bischof Ashley Vizepräsident der panamaischen Bischofskonferenz.

Porträts: Verena Hanf, Adveniat

Erföffnung der Adveniat-Aktion 2001 "SORGT FÜ;R GERECHTIGKEIT" in Erfurt

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