Bischof Joachim Wanke
Beitrag von Bischof Joachim Wanke in der Südthüringer Zeitung (stz)
Im Folgenden dolumentieren wir einen Beitrag, den Bischof Joachim Wanke für die Südthüringer Zeitung (stz) mit dem Erscheinungsdatum 30.10.2008 verfasst hat:
von Joachim Wanke, Bischof von Erfurt
Meine Antwort gleich vorweg: Der Reformationstag ist für mich weder Anlass zur Freude noch zur Trauer. Er ist für mich vielmehr so etwas wie ein "Buß- und Bettag". Wie meine ich das?
Immer wieder gab es in der Geschichte der Kirche Spaltungen. Derzeit steht die weltweite Anglikanische Kirche vor der Gefahr einer Spaltung. Es geht um die Bewertung der praktizierten Homosexualität. Werden später jene, die eine Trennung herbeigeführt haben, diese Trennung "feiern"? Ich hoffe, es kommt zu keiner Trennung. Denn zu feiern gäbe es wirklich nichts.
Mir fällt ein, was der Apostel Paulus in vergleichbaren Situationen den Gemeinden schreibt. Heftig umstritten war damals das Essen von Fleisch, das aus heidnischen Tempelfleischereien stammte. Paulus gibt den Rat: "Darum lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander. Zerstöre nicht um der Speise willen Gottes Werk" (Röm 14,19f).
Nun möchte ich nicht die Streitfragen damals und heute alle auf eine Stufe stellen. Paulus hat bekanntlich auch um die "Wahrheit des Evangeliums" gekämpft, nicht weniger engagiert als der Mönch Martin Luther. Aber er hat ebenso zielstrebig und energisch den Zusammenhalt mit den Altaposteln in Jerusalem gesucht. Paulus wusste: Die Kirche Gottes kann nur eine in sich geeinte Kirche sein. Jede Spaltung widerspricht ihrem Wesen.
Deshalb ist für mich der Reformationstag ein Anlass zur Selbstbesinnung. Wo geben wir Katholiken heute den im Glauben getrennten Geschwistern Anlass zum Ärgernis? Gehören die Fragen, bei denen wir uns streiten, wirklich zur "Wahrheit des Evangeliums" - oder sind sie nur "Menschensatzungen?" Und meine protestantischen Mitchristen möchte ich fragen: Gilt auch heute der Grundsatz der Reformationszeit: Zurück zu den Quellen? Was ist mit den 1500 Jahren gemeinsamer Glaubensgeschichte? Würden alle "Freiheiten", die wir (Katholiken und Evangelische) uns heute nehmen, bei Paulus und Martin Luther Verständnis finden?
Wir können das Faktum der Trennung nicht ungeschehen machen. Die Frage ist aber, ob wir diese Trennung "schönreden" und theologisch vertiefen, oder ob wir sie als eine offene Wunde ansehen, die der Heilung bedarf. Ich werde am Reformationstag um die Einheit der Kirche beten.
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