Christen für Christen: Die Verbindung wird gehalten

Missio lädt die Kirchengemeinden ein, im Oktober eine Gebetskette zwischen Ägypten und Deutschland zu knüpfen

Ägypten ist ein islamischer Staat. Doch in dem Land am Nil leben nicht nur Muslime. Seit dem ersten Jahrhundert gibt es dort Christen, die Kopten, die angesichts der aktuellen Ereignisse um Gebet und Solidarität bitten. Das internationale katholische Hilfswerk Missio, das sich schon lange in Ägypten engagiert, will im Oktober eine Gebetskette zwischen Ägypten und Deutschland knüpfen, in die sich auch die Thüringer Katholiken einfügen können. Ein Gespräch mit Kristin Langos, Missio-Referentin im Bistum Erfurt.


Wie stehen die Kopten zum arabischen Frühling und den aktuellen Spannungen?

LANGOS: Sie fürchten die Gewalt und die Unsicherheit, aber sie begrüßen den Wandel in Richtung demokratischer Verhältnisse. Dafür engagieren sie sich wie viele andere auch, und das nicht nur, weil sie die eigene Situation als wenig geachtete Minderheit verbessern wollen. Es geht ihnen um Ägypten. Dass es eine starke Beziehung dieser Christen zu ihrem Land gibt, kann man an ihrem Namen ablesen: "Kopten" bedeutet übersetzt "die Ägypter". Sie sehen sich als direkte Nachfahren der alten Ägypter und verwenden heute noch einige altägyptische Schriftzeichen im Koptischen, das nur noch im Gottesdienst gesprochen wird. Außerdem ist Ägypten für sie heiliges Land: Hierhin flüchtete die Heilige Familie vor Herodes, hier verkündete der Tradition nach der Evangelist Markus das Evangelium. Die Kopten sind sehr stolz darauf, zu den ersten Christen in der Geschichte zu zählen.

Wie viele Kopten gibt es?

Genaue Zahlen weiß man nicht. Ihre Zahl wird auf ca. acht Millionen geschätzt. Die größte Kirche ist die koptisch-orthodoxe Kirche mit etwa 90 Prozent aller Kopten. Die mit Rom verbundene koptisch-katholische Kirche ist dagegen mit etwa 165.000 Gläubigen sehr klein, sozusagen eine Minderheit der Minderheit, denn die Christen haben in Ägypten einen Bevölkerungsanteil von nur 10 Prozent. Ausgewanderte Kopten gibt es vor allem in Nordamerika, Europa und Australien.

Wie ist die Situation der Kopten in Ägypten allgemein?

Die Situation der Christen ist in Ägypten zwar weniger bedrohlich als in einigen muslimischen Nachbarländern. Hinsichtlich der Religionsfreiheit und der Menschenrechte ist sie aber dennoch inakzeptabel. Es gibt zahlreiche Diskriminierungen. Sie reichen beispielsweise von jahrelangen, oft aussichtslosen Genehmigungsverfahren, um eine Kirche zu bauen, über mangelnde Aufstiegschancen in Staat und Gesellschaft, weil man Christ ist, oder über Unmut über christliche Frauen, die unverschleiert auf die Straßen gehen, bis hin zu körperlicher Gewalt und Zerstörung von Kirchen und Häusern von Kopten.
Das alles sind große Unsicherheiten, manche Kopten wandern aus, wenn sie können. Aber andere Gründe sind für eine Auswanderung schwerwiegender, etwa die allgemeine wirtschaftliche Lage, die für Muslime, die auch auswandern, wie für Christen gleichermaßen problematisch ist, die politische Situation, oder die Schwierigkeiten, trotz guter Ausbildung eine entsprechende Arbeit zu finden. Das Tragische ist, dass die Abwanderung der Kopten nicht nur die Kirchen schwächt, sondern ganz Ägypten schaden kann.

Warum?

Die Kopten wollen, wie gesagt, am Aufbau des Staates mitwirken. Und das tun sie trotz enger Spielräume schon heute. Die Caritas-Arbeit und das Engagement im Bildungssektor sind beeindruckend. Die koptischen Schulen und karitativen Einrichtungen stehen auch Muslimen offen und tragen so zum friedlichen Zusammenleben der Gesellschaft bei. Mit Hilfe von Partnern aus dem Ausland, wie etwa Missio, führen die Kopten Projekte gegen Genitalverstümmelung oder zur Stärkung Jugendlicher durch und vieles andere mehr.

Können wir den Kopten helfen?

Auf jeden Fall! Angesichts der revolutionären Ereignisse im Land hat der Patriarch der koptisch-katholischen Kirche, Ibrahim Isaac Sedrak, gesagt: "Gebete sind das Wichtigste. Nehmt Anteil an der Situation in Ägypten!" - In diesem Sinne lädt Missio im Oktober, dem Monat der Weltmission, alle Gemeinden ein, sich an einer Gebetskette zu beteiligen: An jedem Tag des Monats soll in jedem Bistum in mindestens einer Gemeinde für eine gute Zukunft der Christen und aller Menschen guten Willens in Ägypten gebetet werden. Das muss kein eigener Gottesdienst oder eine Extra-Gebetszeit sein. In wohl jeder Pfarrei gibt es eine Messe, in der ein Gebet für Ägypten gesprochen werden kann.

Gibt es dazu Materialien?

Bei Missio können Doppelkarten mit einer koptischen Ikone (s. Bild oben) und einem Gebetstext kostenlos bestellt werden. Die Karten laden außerdem dazu ein, einen persönlichen Gruß an Patriarch Ibrahim zu schicken - als Zeichen der Solidarität mit den Kopten. Im Internet gibt es auf www.missio-hilft.de weitere Informationen zur Gebetskette und zu Ägypten. Für Rückfragen stehe aber auch ich zur Verfügung.
Ich freue mich übrigens, dass wir im Bistum Erfurt im Oktober den koptisch-katholischen Priester Kamil William Samaan zu Gast haben, der in Kairo ein Waisenhaus leitet und über sein Land und die Christen dort berichten wird. Das Besuchsprogramm von Pfarrer Kamil wird rechtzeitig auf bistum-erfurt.de/termine bekanntgegeben und an die Presse geschickt.

Interview: Peter Weidemann


www.missio-hilft.de


Hinweis zur Gebetskette: Wer an einem Oktobertag während einer Messe, Wort-Gottes-Feier, Rosenkranzgebet, Tagzeitenliturgie oder einem anderen Anlass für eine gute Zukunft der Christen und aller Menschen guten Willens in Ägypten beten möchte, melde sich bitte bei Kristin Langos in der Missio-Diözesanstelle (bitte anklicken!), damit auf der Missio-Webseite diese Gebetszeit eingetragen werden kann.

Gebetskarten: Bestellbar unter Bestell-Nr. 600709, kostenfrei, auch in größeren Mengen, Tel. 0241-7507-235 oder Fax 0241-7507-336, www.missio-hilft.de/de/shop/aktion-1/wms/kostenlos/.


19.7.2013