Brotbrechen gestern und heute

Predigtgedanken von Weihbischof Reinhard Hauke am Ostermontag 2020

Bild: Martha Gahbauer; In: Pfarrbriefservice.de

 „.. als er das Brot brach“  (Apg 2, 14. 22-33; 1 Kor 15, 1-8.11; Lk 24, 13-35)

Als Empfehlung für die Gestaltung der häuslichen Liturgie in der Kar- und Osterzeit dieses Jahres mit seinen Einschränkungen bei den öffentlichen Gottesdiensten wurde oftmals der Hinweis gegeben, das gemeinsame Essen mit dem Zeichen des Brotbrechens zu praktizieren, was ja mit normalem Brot oder auch Mazzen möglich ist, das gekauft werden oder selbst hergestellt werden kann, d.h. ungesäuertes Brot.


Für Gründonnerstag und auch Ostern wäre das ein schönes Zeichen in Erinnerung an das Brotbrechen Jesu im Abendmahlssaal und auch bei den Begegnungen Jesu mit dem Auferstandenen, wie wir es heute von der Begegnung mit den Emmausjüngern gehört haben.


Der Ritus des Brotbrechens ist ein fester Bestandteil der christlichen Liturgie und hat bisweilen sogar der Feier im Ganzen den Namen gegeben: Feier des Brotbrechens.  Als die Zahl der Gläubigen zunahm, wurde das Brot schon vor der Austeilung gebrochen oder geteilt.


In der abendländischen Liturgie kennen wir die kleinen Hostien, die an die Gläubigen ausgeteilt werden und die von den Gläubigen schon vor dem Gottesdienst in die Schale gelegt wurden. Es wird auch wegen der Symbolik empfohlen, wenn es möglich ist, große Hostien zu teilen, wenn die Anzahl der Gläubigen überschaubar ist – z.B. in einer Wochentagsmesse.


In der orientalischen Liturgie wird das große eucharistische Brot auf dem Diskos (große Patene) schon vor der Liturgie geteilt und die Teile mit symbolischer Anordnung auf den Diskos gelegt. Für uns ist es schon selbstverständlich geworden, dass wir in der Eucharistiefeier die heilige Kommunion empfangen und deshalb Hostien eingelegt werden oder große Hostien bereitgelegt sind, aber das war Jahrhunderte lang keine Praxis.


Mit Zunahme der Bußgesinnung ab dem 13. Jahrhundert  wuchs bei den Gläubigen auch die Sorge – und sie wurde durch Bußprediger verstärkt -, ob sie ausreichend vorbereitet sind für den Kommunionempfang. Die enge Verknüpfung von heiliger Beichte und Kommunionempfang wurde daher empfohlen, was dazu führte, dass manche nur 1x im Jahr nach dem Empfang des Bußsakraments – meistens in der Osterzeit – zur heiligen Kommunion gingen, da ja auch das Bußsakrament mindesten 1x im Jahr empfangen werden sollte.  


Im 16. Jahrhundert wurde im Zusammenhang mit dem Trienter Konzil ein für die ganze Kirche gültiges und einheitliches Messbuch verfasst, in dem dann festgeschrieben wurde: Wenn es Kommunikanten gibt, soll nach dem Empfang der heiligen Kommunion durch den Priester diese auch an die Gläubigen ausgeteilt werden.“ Hier wurde zumindest mitgeteilt, dass ein Kommunionempfang an dieser Stelle möglich ist. Schon Papst Johannes XXIII. hat dann 1964 diesen Hinweis verändert und angeordnet, dass die Kommunionausteilung grundsätzlich stattzufinden hat, und nicht eine Ausnahmeregelung ist oder als solche auch nur erscheint.


Im erneuerten Ritus nach dem II. Vatikanischen Konzil wurde dann deutlich gemacht, dass die Austeilung und der Empfang  der heiligen Kommunion  durch die Gläubigen ein wesentlicher Bestandteil der Eucharistiefeier ist. Wenn in diesen Tagen manche Gläubige im Zusammenhang mit einem Beichtgespräch oder einem eigens ausgemachten Termin um die heilige Kommunion bitten, sind das Extremsituationen, die aber auch zeigen, wie wichtig den Gläubigen der Kommunionempfang geworden ist. Vielen Gläubigen sind die Augen dafür neu aufgegangen, dass wir in diesem Brotbrechen und –empfangen eine besondere Gemeinschaft mit Jesus Christus finden können.  


Als Begleitgesang zur Brotbrechung gilt das Agnus Dei. Oftmals ist es eng mit dem nachfolgenden Friedensgruß und Friedenszeichen verbunden, die sich natürlich einer großen Beliebtheit erfreuen und oftmals mit großer Musik gestaltet werden. Das geschieht bisweilen zum Nachteil des Agnus Dei, das dann oftmals weggelassen wird, da ja dann zwei Gesänge in enger Aufeinanderfolge für den Liturgen und Kirchenmusiker ein Problem darstellen. Auch hier bedarf es durch den Liturgieverantwortlichen einer großen Aufmerksamkeit, dass der Ritus der Brotbrechung nicht zu gering geachtet und rein technisch verstanden wird, da es ja oftmals lediglich um eine Teilung der großen Hostie des Priesters geht.


Wenn es aber so ist, dass Jesus Christus das Austeilen des Brotes und des Weines als Zeichen seiner Hingabe an uns sehen wollte, muss es diesen Ritus geben, um die Hingabe Jesu bis zur Selbstauflösung zum Ausdruck bringen zu können. Wie könnte man es besser tun als durch das Teilen von Brot und Wein.


Was die Emmausjünger erkannt haben, müssen sie umgehend in Jerusalem vermelden. Sie gehören zu den Zeugen des Auferstandenen und erleben wie alle anderen Auferstehungszeugen einerseits  große Freude und anderseits große Skepsis. Sie bleiben aber bei ihrem Zeugnis und wir sind froh, dass es uns bis heute überliefert wird. Die Osterzeit wird durch die verschiedenen Berichte der Auferstehungszeugen geprägt.

Manchmal sind es auch Sammlungen von Berichten wie am Ende des Markusevangeliums, das mit dem Satz endet (Mk 16,8): „Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ Im Kommentar der neuen Einheitsübersetzung heißt es dazu:
„Der Abschnitt (16,9-20) findet sich nicht bei den ältesten Textzeugen. Er ist eine im 2. Jahrhundert  entstandene Zusammenfassung der in anderen Evangelien stehenden Berichte über die Erscheinungen und Anweisungen des Auferstandenen.“  In der genannten Zusammenfassung findet sich dann aber sowohl der Hinweis auf die Emmausjünger als auch auf die Begegnung der Elf, „als sie bei Tisch waren“ (Mk 16, 14).


Wir sind Jesus Christus, dem Auferstandenen, also nicht nur nahe, wenn seine Worte überliefert und verkündet werden, sondern auch von seinen Taten die Rede ist, die wir dann nachvollziehen und zu denen das Brotbrechen wesentlich dazu zählt.  Damit sind wir auch beim gemeinsamen Essen und Trinken bei Tisch in unseren Wohnungen dem Auferstandenen nahe, denn er hat seine Gegenwart schon an das Vorhandensein von zwei oder drei Gläubigen geknüpft, die in seinem Namen versammelt sind.  Zu Hause kann dann besonders die Osterkerze auf dem Tisch beim gemeinsamen Essen an diese Nähe erinnert.


Ich wünsche uns allen die Erfahrung der Nähe des Auferstandenen im Wort, in den Zeichen und im Sakrament, damit wir gestärkt  durch diese besondere Zeit der Herausforderung an Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft  und Glaube gehen. Amen.