Pressemitteilung der Evangelischen Stadtakademie "Meister Eckhart" und des Katholischen Forums:*
Umfragen und Statistiken zeigen, dass sich die Bestattungs- und Trauerkultur in unserer Gesellschaft wandelt. Alte Muster und Praktiken werden aufgegeben. Manchmal tritt Neues an ihre Stelle. So möchte nur noch etwa ein Drittel aller Deutschen (36 Prozent) im Sarg auf dem Friedhof bestattet werden. Ein weiteres knappes Drittel (30 Prozent) zieht eine Urnenbestattung vor und ungefähr ebenso viele (34 Prozent) haben andere oder auch gar keine diesbezüglichen Wünsche. Wie eine Emnid-Umfrage (2002) ergab, ist es 8 Prozent "ganz egal, was mit meiner Leiche passiert". Ebenso groß ist der Anteil derer, die eine Seebestattung wünschen, und derjenigen, die "irgendwo in der freien Natur bestattet werden" möchten.
Nicht nur in Erfurt hatten spätestens in den neunziger Jahren die anonymen Bestattungen beträchtlich zugenommen. In einigen Städten betrug sie innerhalb von fünf Jahren rund 30 Prozent. In Berlin z. B. stieg die Zahl solcher Bestattungen zwischen 1990 und 1995 von 8177 auf 10.468. Solche anonymen Bestattungen finden auf unterschiedliche Weise statt; zum Beispiel als Sarg- oder Urnenbeisetzungen in Anwesenheit oder auch unter Ausschluss einer Trauergemeinde oder auf Aschestreuwiesen.
Diesem Trend begegnet die Erfurter Friedhofsverwaltung seit einiger Zeit mit dem neuen Angebot einer Mischform, welche gut angenommen wird: Ü;berschaubare Urnengemeinschaftsanlagen erhalten Stelen, auf denen die Namensreihe der Bestatteten zu lesen ist.
Brauchen Menschen erkennbare Orte für eine würdevolle Erinnerung an ihre Verstorbenen? Sind andernfalls zusätzliche innere und kulturelle Verluste zu verkraften? Nach christlichem Menschenbild wird herkömmlicher Weise davon ausgegangen, dass eine individuelle Grabpflege dem Verhältnis des Einzelnen zu seiner Identität, zum Nächsten und zu Gott am ehesten gerecht wird. Dies scheint auch dem Verhältnis von Zeit und Ewigkeit zu entsprechen, wie es persönlich erfahrbar wird. Lassen sich solche Voraussetzungen schadlos außer Kraft setzen? Was ist jenseits der Gebührenordnung möglicherweise zu gewinnen?
"Brauchen Tote Namen?" Die Jenenser Volkskundlerin Dr. Barbara Happe wird ihre Forschungsergebnisse dazu vorstellen. Auch als Vorstandsmitglied der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal ist sie mit den neuen Entwicklungen befasst. Zuvor wird eine fachkundige Führung durch Jens Kratzing mit der entsprechenden Situation auf dem Erfurter Hauptfriedhof vertraut machen.
Das Katholische Forum im Land Thüringen und die Evangelische Stadtakademie "Meister Eckhart" Erfurt laden gemeinsam mit dem Garten- u. Friedhofsamt zum öffentlichen Nachdenken ein. Im anschließenden Gespräch wird es auch darum gehen, sich den letzten Fragen am Grab zu stellen und persönliche Orientierungen zu überprüfen. Moderation: Dr. Aribert Rothe.
Termin:
Mittwoch, 1. Juni 2005 17.00 Uhr - Führung (Treffen am Haupteingang);
18.00 Uhr - Vortrag und Gespräch (Trauerhalle)
*Die Verantworung für den Inhalt der Pressemitteilung liegt beim oben angeführten Absender
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