Außerordentliche Führung durch außerordentliche Kunst

Zur „Erfurter Nacht der Kirchen und der Synagoge“ öffnet auch die Schottenkirche mit der Hildegard-Hendrichs-Ausstellung ihre Pforten

Figurengruppe aus dem Hedwigsaltar von Hildegard Hendrichs; Bild: Peter Weidemann

Anlässlich der „Erfurter Nacht der Kirchen und der Synagoge“ am Samstag, 24 Juni, ist auch die Werkschau der Erfurter Künstlerin Hildegard Hendrichs (1923-2013) in der Schottenkirche von 19 bis 22 Uhr geöffnet. Unter dem Titel „Kunst im Dienst der Frohen Botschaft Christi“ präsentiert dort das Bistum Erfurt bis Mitte September eine Retrospektive auf das Leben und Werk der Holzbildhauerin, die auch gemalt und Arbeiten in Kupfer angefertigt hat. Um 20 Uhr führen die Kuratoren der Ausstellung, Sandra Kästner, Duderstadt, und Falko Bornschein, Erfurt, durch die Ausstellung.
 
Das Leben und Wirken Hildegard Hendrichs ist trotz langer Aufenthalte in Italien auf das Engste mit Thüringen und seiner Landeshauptstadt verbunden. Auf der Staatlichen Schnitzschule in Empfertshausen (Rhön) erlernte die gebürtige Berlinerin die Kunst der Holzbildhauerei, seit 1960 lebte und arbeitete sie bis zu ihrem Tod in Erfurt. Unbeirrt von allen äußeren Entwicklungen schuf Hendrichs ausdrucksstarke Skulpturen, Reliefs, Kupfertreibarbeiten und Malereien. Alle ihre Werke zählen zur christlichen Kunst. Wie eindrucksvoll Hendrichs das Leben und gerade auch Leiden der Menschen ihrer Zeit einzufangen wusste, zeigt besonders der unter dem Eindruck der Nachkriegsjahre geschaffene sogenannte Hedwigsaltar von 1949. Die Haltung und der Gesichtsausdruck der unter dem Kreuz Christi versammelten Menschen wirken auf den heutigen Betrachter erschreckend modern. Man kennt solche „Gesichter“. Sie sind jeden Tag im Fernsehen zu sehen, wenn über den Krieg in der Ukraine berichtet wird.
 
Im Laufe der Zeit änderte sich Hendrichs Stil, wie Falko Bornschein, der die Idee zur Ausstellung hatte, erklärt. „Zeigen die Werke Hildegard Hendrichs der 1940er Jahre noch eine starke Anlehnung an die äußere Realität des Figürlichen, so intensiviert sie sowohl den körperlichen als auch den seelischen Ausdruck ihrer Figuren später durch abstrahierende Vereinfachung des Gegenständlichen und Betonung insbesondere der Augen und Hände. Hendrichs entwickelte eine expressive Formensprache, die oft mit einer Milde und Heiterkeit oder in sich gewandter meditativer Versenkung in der Mimik korreliert.“
 
Rund 350 Kunstwerke hat die Künstlerin geschaffen, manche davon überlebensgroß. Aber sie beschränkte sich nicht auf die bildende Kunst. In der zweiten Lebenshälfte widmete sich Hildegard Hendrichs ergänzend dem Verfassen von Meditationstexten sowie der Komposition von Liedern und Instrumentalstücken. Die Ausstellung zeigt einen repräsentativen Ausschnitt ihrer 50-jährigen künstlerischen Tätigkeit. Einzelne der Texte und Melodien Hildegard Hendrichs´ sind in der Ausstellung über QR-Codes abrufbar.
 
Öffnungszeiten: Samstag, 24. Juni, von 19 bis 22 Uhr. Ansonsten: Montag bis Freitag, 11 bis 19 Uhr; Sonntag, 13 bis 19 Uhr. Zur Ausstellung ist im Verlag Schnell & Steiner ein von Falko Bornschein herausgegebenes Begleitbuch zum Preis von 35 Euro erschienen (ISBN 978-3-7954-3822-7).