Pressemitteilung der Caritas im Bistum Erfurt:*
Erfurt / Thüringen (cpd).- Mit einer Auftaktveranstaltung am 26. April 2005 startete der Caritasverband für das Bistum Erfurt e.V. ein einjähriges Projekt zum Thema: "Kinderarmut in Thüringen". Mitarbeiter/innen, Kinder und Eltern aus sieben ausgewählten Katholischen Kindertageseinrichtungen im Bistum Erfurt stellen sich im Projektzeitraum dem Thema und erproben in ihren Einrichtungen modellhaft praktische Vorgehensweisen zum Thema Kinderarmut. Wichtige Ergebnisse werden in einem abschließenden Projektbericht dokumentiert. Das Projektende ist für Herbst 2006 geplant. Das Referat in der Auftaktveranstaltung zum Thema: "Kinderarmut in Thüringen: Zahlen, Daten Fakten" hielt Prof. Ronald Lutz von der Erfurter Fachhochschule. Teilnehmende Projektkindergärten kommen aus Erfurt, Heiligenstadt, Lengenfeld, Bad Salzungen, Günterode und Struth.
Vorbild für die Thüringer Initiative war ein Projekt in Kölner Kindergärten auf den Jahren 2002-2004. Hier gab es Befragungen der pädagogische Mitarbeiter/innen und Träger. Darüber hinaus wurden in ausgewählten Tageseinrichtungen modellhaft praktische Vorgehensweisen zum Thema Armut erprobt. Schwerpunkte ergaben sich in den Bereichen: soziale, kulturelle und gesundheitliche Aspekte, dem Faktor Bildung, der ungleichen Chancenverteilung, Prävention, der Stärkung vorhandener Fähigkeiten und des Selbstbewusstseins der Kinder und Eltern und der Einbeziehung des gesamten Caritas Hilfenetzes in die Arbeit.
Projekt / Zeitraum und Verlauf in Thüringen
Gründe für das Projekt benannte Diözesan-Caritasdirektor Bruno Heller bei der Projektvorstellung: "In den Caritas-Sozialdiensten nehmen wir unter Hartz VI - Bedingungen einen Anstieg der Hilfebedürftigkeit wahr. Im Jahr 2004 stieg z.B. die Zahl der Besucher in der Allgemeine Sozialberatung Erfurts um 13%. Armut zählt zu den Tabu-Themen in unserer Gesellschaft. Solange es geht, wahrt man den Schein. Armut betrifft besonders Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern und Menschen mit Migrationshintergrund. Wir wollen das Schweigen über ein Tabuthema brechen. Wir brauchen in der Gesellschaft Sensibilität, Prävention und Solidarität."
Projektbegleiter ist ein Kinderbuch mit dem Titel "Was ist los mit Marie?"
Die Geschichte einer Bärengruppe aus dem Kinderbuch zeigt, dass es im Umgang der Menschen miteinander wichtigere Faktoren gibt als finanzielle Leistungsfähigkeit, als Geld. Kinder aus unterschiedlichen Familien schließen im Kindergarten schnell und unbefangen Freundschaften. Eltern, Erzieher/innen können dies unterstützen und fördern. Die Geschichte der kleinen Bären soll - pädagogisch betrachtet - die Empathie, das Einfühlungsvermögen von Kindern stärken. Und sie soll Erziehungsberechtigten, Erzieherinnen helfen, das Thema "Armut" neu zu entdecken und sich intensiver als bisher damit zu befassen.
Kinderarmut in Thüringen an
Prof. Lutz: Kinder haben in einer reichen Gesellschaft ungeheure Möglichkeiten, doch diese Möglichkeiten gelten längst nicht mehr für Alle. Für immer mehr Kinder gilt genau das Gegenteil. Wir wissen so von über einer Million Kinder in Sozialhilfe, das sind in manchen Regionen im Osten nahezu 25 % aller Kinder. Prognosen gehen von einer deutlichen Steigerung dieser Kinderarmut in den nächsten Jahren aus, hervorgerufen durch Hartz IV und mögliche weitere Reformen. Wir wissen aus Schuluntersuchungen über eine Zunahme von Verhaltensstörungen, Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen, Ernährungs- und Bewegungserkrankungen, die sich insbesondere bei sozial benachteiligten Kindern häufen. Wir wissen aber auch von wachsender Gewalt gegen Kinder in der Familie und in der nahen Verwandtschaft. Kindheit ist nicht nur gespalten, sie wird für manche zu einem Risiko mit zunehmend offenem und gefährlichem Ausgang. Prof. Lutz wird das Projekt begleiten und an der Auswertung 2006 mitwirken.
Sieben Modellkindergärten mit eigenen Konzeptionen
Die Caritas startete heute in 7 Modell-Kindergärten, in Erfurt "St. Ursula" und im Erfurter Kolping-Kindergarten "Regenbogenland" , im südthüringischen Bad Salzungen, und im Eichsfeld in Lengenfeld/Stein, Günterode, Heiligenstadt und Struth. Jeder Modellkindergarten hat eine eigene Konzeption erarbeitet. Geplant sind Aktionstage, Begegnungen, Elternarbeit, praktische Hilfsaktionen, theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema, praktische Verhaltensweisen im Umgang mit Armut und um Partnerschaften: z.B. mit den Pfarrgemeinden. Das Geamtprojekt hat eine einjährige Laufzeit und wird im Spätsommer 2006 ausgewertet.
Im Bereich des Caritasverbandes gibt es z.Zt. 74 Kindertagesstätten mit einer Kapazität von 4.566 Plätzen. 595 Mitarbeiterinnen sind hier beschäftigt.
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