Miteinander – füreinander: Salz der Erde – Licht der Welt

Predigt von Bischof Wanke zur Bistumswallfahrt am 15.09.2002

Liebe  Mitchristen!
Woher  nimmt  Jesus  eigentlich  seine  Sicherheit?  Er  sagt  zu  seinen  Jüngern: „Ihr  seid  (!)  das  Salz  der  Erde.  Ihr  seid  (!)  das  Licht  der Welt."  Es  braucht  nicht viel  Phantasie,  sich  das  armselige  Häuflein  seiner  Jünger  vorzustellen.  Und dazu  noch  die  damalige  Welt,  die  in  vielem  nicht  anders  war  als  die  unsrige.

Es gehörte  schon  Mut  dazu, diese  Schar  als  Boten  in  die Welt  zu  schicken. „Geht zu  allen  Völkern  und  macht  alle  Menschen  zu  meinen  Jüngern". Ob  sich Petrus  später  im  Stillen  doch  manchmal  gefragt  hat, ob  Jesus  eigentlich  wusste, was  in  einer  Großstadt  wie  Rom  los  ist?  Und  Paulus,  der  sich  mit  seiner Predigt  unter  die  eingebildeten  Intellektuellen  auf  den  Areopag  in  Athen  wagte? -  übrigens  mit  nur  mäßigem  Erfolg.  Nicht  in  Athen, sondern  in  Korinth  hat er eine  christliche  Gemeinde  gesammelt,  in  einer  Stadt,  die  mit  ihrer  „Reeperbahn"  in  der  ganzen  Mittelmeerwelt  einschlägig  bekannt  war.

Nein -  weltfremd  waren  die  Jünger  Jesu  durchaus  nicht.  Sie  wussten, was  los war.  Die  Berichte  und  Briefe  des  Neuen  Testaments  zeigen,  dass  die  Jünger Jesu  keine  Scheuklappen  trugen. Sie wussten  um  die  Schwächen  der  Menschen,  auch  um  ihre  eigenen.  Dennoch  hat  sich  an  ihnen  Jesu  Wort  bewahrheitet.  Sie  und  viele  Frauen  und  Männer  in  ihren  Fußspuren  haben  etwas  gewagt, wozu  uns  scheinbar  der  Mut  fehlt:  Sie  haben  die Worte  Jesu  ernst  genommen.
Sie  sind  Licht  geworden,  das  geleuchtet  hat,  und  Salz, Würze  für  eine  Gesellschaft,  die  der  Auferstehungsbotschaft  mit  Spott  begegnete,  oftmals  sogar  mit Schikanen  und  Polizeieinsatz.  Es dauerte  mehrere  Generationen.  Aber  dann war  das  Evangelium  in  der  Öffentlichkeit  präsent.

Solche  Botschafter  des  Evangeliums  fanden  sich  in  allen  Generationen.  Ohne Bonifatius  stünde  hinter  mir  heute  vermutlich  etwas  anderes  als  unser  Mariendom,  und  ohne  Elisabeth  hätten  die  Armen  noch  lange  auf  Krankenfürsorge warten  müssen.

Und  wir  heute  in Thüringen,  im  Eichsfeld  des  Jahres  2002?  „Ach, Jesus,  wenn Du wüsstest,  was  jetzt  los  ist!" -  so  bete  ich  manchmal!  Das  „Schlimme"  ist: Jesus  weiß  es!  Er weiß:  Die  Menschen  sind  mit  Arbeiten  und  Spaßhaben  beschäftigt.  Er weiß:  Gott -  das  ist  für  viele  ein  Fremdwort  geworden,  und  Leben nach  seinem  Gebot  -  angeblich  etwas  für  Zurückgebliebene.  Und  die  Kirche? Sie  steht  sich  scheinbar  selbst  im Weg. Sie  ist  behaftet  mit  ihren  Sünden  aus
Vergangenheit  und  Gegenwart,  den  tatsächlichen  und  manchen,  die  ihr  noch zusätzlich  angedichtet  werden.  Salz?  Licht?  Was  ich  landauf  landab  höre,  lässt sich  etwa  so  zusammenfassen:  „Lieber  Bischof!  Wir  suchen  uns  selbst  das, was  unser  Leben  würzt!  Und  Beleuchtung  vom  Himmel  haben  wir  nicht  nötig. Wir  machen's  uns  schon  allein  hell  genug!"

Also  doch:  Die  Fahnen  einziehen?  Still  und  unerkannt  als  Christen  leben  und alles  Gott  überlassen?  Dagegen  stehen  die Worte  Jesu. Sie  sitzen  uns  wie  ein Stachel  im  Fleisch.  Es  gibt  die Versuchung,  diese  Worte  abzuschwächen.  Etwa so:  „Damit  sind  die  Bischöfe  gemeint!"  „Also  lieber  Bischof:  Walte  Deines  Amtes -  aber  lass  uns  kirchliches  Fußvolk  bitte  in  Ruhe!" Oder:  „Die  Priester  sind gemeint,  die  Ordensleute!"  Oder  gar  „der  Papst  und  die  da  in  Rom!" Ja -  die sind  auch  gemeint.

Aber  am  Sinn  der  Worte  Jesu  gibt  es  nichts  zu  deuteln: Alle  Christen  sind  gemeint:  Die, die  ein  Amt  haben  und  die  keines  haben, die  im  Rampenlicht  stehen und jene,  über  die  kein  Journalist  berichtet.  Alle,  die  katholischen,  die  evangelischen,  die  freikirchlichen,  alle, die  es  irgendwie  mit  ihrem  Getauftsein  ernst nehmen  wollen.  „Ihr  seid  das  Salz  der  Erde!  Ihr  seid  das  Licht  der  Welt!"

Je  länger  ich  Bischof  bin, desto  mehr  brennen  mir  diese Worte  Jesu  im  Herzen. Diese Worte  provozieren  mich.  „Was  tust  Du, lieber  Bischof,  damit  mein  Evangelium  zu  den  Menschen  kommt?  Müssen  euch  erst  Terroristen  das  Fürchten lehren?  Muss  erst  ein  Schüler  zum  Mörder  werden, ehe  ihr  Christen  aus  eurer Reserve  hervorkommt?"

Im Sinne  Jesu  Licht  und  Salz  in  der Welt  sein -  was  kann  das  heißen?  Lasst mich  zwei  Gedanken  entfalten.

1. Das entscheidende Licht  und  Salz  ist Jesus  Christus  selbst.  Er ist unter uns
am Werk.

Das  dürfen  wir  nie  vergessen.  Nicht  wir  beleuchten  und  würzen, sondern  wir sind  selbst  „Beleuchtete"  und  „Gewürzte" -  von  Ihm,  unserem  Herrn. Taufe  und Firmung  haben  dazu  den  Grund  gelegt.  Die  Eucharistie  verbindet  uns  immer neu  mit  Ihm.  Die  wiederholte  Kommunion  mit  unserem  Herrn  will  uns  langsam und  beharrlich  Jesus  ähnlich  machen, wobei  ob  dieser  Zumutung  der  alte  Adam  in  uns  Zeter  und  Mordio  schreit.  Und  zudem  ist  uns  das  Wort  Gottes  geschenkt.  Es  provoziert  uns  mit  seinen  Herausforderungen,  wie  etwa  das  Leitwort  der  heutigen  Wallfahrt! Jesus  Christus  ist  im  Heiligen  Geist  unter  uns  am Werk.  Er  verändert  Biographien.  Er  lässt  Menschen  neu  anfangen.  Er  macht  aus  mutlosen  Jüngern  kraftvolle  Zeugen  -  auch  heute.  Das  ist  durchaus  zu  merken.  Inmitten  der  Gleichgültigkeit  der  vielen  - auf  einmal  melden  sich  junge  Männer  zum  Priesterberuf  und junge  Frauen  lassen  sich  als  Gemeindereferentinnen  senden.  Inmitten  der  Kirchenferne  der  Gesellschaft  - auf  einmal  suchen  Erwachsene  die  Taufe.  Inmitten eines  Ortes, einer  Stadt,  in  der  die  meisten  am  Sonntagmorgen  ausschlafen oder  ihren  Hund  ausführen,  kommt  eine  treue  Schar  zum  Gottesdienst.  Inmitten  einer  Gesellschaft,  die  am  liebsten  mit  dem  Finger  auf  andere  zeigt,  bekennen  Menschen  sich  zu  ihrer  Schuld.  Sie  suchen  das  Bußsakrament.  Sie  sagen nicht, was  heute  so  gängig  ist:  tua  culpa,  durch  deine  Schuld.  Sie  sagen  vielmehr:  mea  culpa,  durch  meine  Schuld.

Noch  viele  andere  Zeichen  der Wirksamkeit  des  Geistes  Christi,  seines  Evangeliums  entdecke  ich.
Was  mich  überwältigt  hat -  und  lasst  mich  dies  an  dieser  Stelle  einmal  ausdrücklich  sagen:  Die  Hilfs-  und  Spendenbereitschaft  der  Gläubigen  und  vieler Thüringer,  den  Flutgeschädigten  an  Elbe  und  Mulde  zu  helfen. Wir  haben  in unserem  Bistum  eine  Spitzenkollekte  von  über  300.000  EURO  gehabt.  Und  das Bistum  legte  noch  einmal  den  gleichen  Betrag  dazu.  Eine  solche  Kollekte  ist  in Zeiten  knappen  Geldes  nicht  selbstverständlich.  Danke  dafür!

Aber  noch  mehr  Danke,  dass  dies  (und  manches  andere  mehr,  was  ich  nicht weiß  und  was  nicht  in  den  Zeitungen  steht) Zeugnis  gibt  von  der  lebensverwandelnden  Kraft  Christi.  Es  gibt  das  Salz  und  das  Licht  Christi  mit  seinen  guten  Auswirkungen  unter  uns,  innerhalb  unserer  Gemeinden  und  auch  außerhalb  unserer  Kirche.

Jesus  konnte  Menschen,  die  noch  unentschieden  und  ängstlich  waren,  sagen: „Du  bist  nicht  fern  vom  Reich  Gottes!"  (Mk  12,34).  Es  gibt  Menschen,  die  unsicher  sind,  worin  sie  ihr  Herz  festmachen  können. Sie fragen:  „Kann  man  wirklich  darauf  vertrauen,  dass  es  Gott  gibt?  Spricht  diese  Welt  mit  ihrem  Leid  und ihren  Schrecken  nicht  gegen  ihn?"  Und  im  Blick  auf  den  11. September:  „Macht Religion  nicht  fanatisch  und  gewalttätig?"
Ja,  es  gibt  Missbrauch  von  Religion. Auch  der  Name  Gottes  ist  nicht  dagegen gefeit,  Fanatikern  als  Rechtfertigung  für  Menschenhass  und  Mord  zu  dienen. Aber  der  Missbrauch  von  Dingen  sagt  bekanntlich  nichts  über  deren  eigentliche Qualität.  Der  Gott  Jesu  Christi  ist  ein  Liebhaber  des  Lebens.  Er  hat  es erfunden.  Er  gibt  uns  die  Chance, es  mit  Mut  und  Kraft  in  Freiheit  zu  gestalten. Und  im  Übrigen: Wir  Christen  schauen  auf  einen  verwundeten  Gott.  Das  gibt  es
meines  Wissens  in  keiner  der Weltreligionen.  Der  Gott  Jesu  siegt  nicht  mit  Waffen,  sondern  mit  leidensbereitem  Erbarmen.  Ja, er  lässt  uns  Menschen  Freiheit -  aber  leidet  an  der  missbrauchten  Freiheit  mit.

Es  braucht  darum  gütige  Menschen,  um  Mut  zu  machen, an  die  Güte  Gottes  zu glauben.  Es  braucht  vertrauende  Menschen,  damit  andere  lernen, ebenfalls  zu vertrauen,  sich  selbst  loszulassen,  den  Sprung  der  rettenden  Lebensübergabe an Gott  zu  wagen. - Darum  dieser  zweite  Gedanke:

2. Das Evangelium wirkt aus eigener Kraft, aber es sucht Zeugen.

Ausgerechnet  in  Korinth,  der  berüchtigten  Stadt,  hört  Paulus  in  einer Vision  die Worte  des  Herrn:  „Rede  nur,  schweige  nicht!  Denn  ich  bin  mit  dir,  niemand  wird dir  etwas  antun. Viel  Volk  nämlich  gehört  mir  in  dieser  Stadt"  (Apg  18,10). Viel Volk  gehört  ihm  auch  in  dieser  Stadt  Erfurt,  in  unserem  Land  Thüringen  mit seinen  Städten  und  Dörfern.  Die  Menschen  hier  wissen  es  nur  noch  nicht  und können  so  nicht  „den  Vater  im  Himmel  preisen" (Mt  5,16).

Ich frage  mich  manchmal:  Warum  ist  der  mächtige  Gott  so  interessiert,  dass das  armselige  Häuflein  seiner  Gläubigen  ihn  den  Nichtglaubenden  bezeugt? Kann  er  nicht  selbst  dafür  sorgen, dass  er  gepriesen  wird,  er,  der  sich  „aus dem  Munde  der  Kinder  und  Säuglinge  Lob  schaffen"  kann  (Ps  8,3)?  Ich  denke: Gott  hat  das  so  eingerichtet  um  unseretwillen.  Damit  wir  nicht  lahm  und  müde werden,  vergesslich  und  träge!  Es  gibt  die  ungläubige  Welt,  damit  wir  gläubiger
werden.  Es  gibt  die  Herausforderung  der  Ungetauften,  damit  wir  erkennen,  wie reich  wir  beschenkt  sind.

Die Evangelisierung  der  Welt  fängt  bei  uns  selbst  an -  und  zwar  durch  den  Mut, mit  dem  wir  selbst  uns  dem  Herrn  zuwenden.  „Herr -  fange  bei  mir  an,  mit  der Bekehrung,  mit  der  Glaubensfreude,  mit  dem Wagen  und  Loslassen,  dem  Verzeihen-Können  und  dem  Leben  aus  dem  Vertrauen!" Wenn  das  geschieht, braucht  ihr  euch  keine  Sorgen  machen, ob  ihr  Licht  und  Salz  werden  könnt. Dann seid  ihr  es, ohne  es zu  merken  oder  gar  ausdrücklich  zu  wollen.

Und  auch  diese  Erfahrung  werdet  ihr  machen: Auf  dem  Weg  der  Nachfolge Christi  können  wir  nur  bleiben, weil  wir  durch  andere  gestützt  und  zum  Weitergehen  ermuntert  werden.  Unser  christlicher  Glaube  lebt  vom  Glauben,  Hoffen und  Lieben  vieler,  die  mit  uns  gehen.  Für  mich  waren  das,  neben  manch  anderen,  die  das  gar  nicht  wissen,  meine  Mutter,  mein  alter  Heimatpfarrer,  meine katholische  Klassenlehrerin  an  der  sozialistischen  Oberschule,  mein  theologischer  Lehrer  Heinz  Schürmann,  es  war  vor  allem  der  unvergessene  Bischof Hugo  Aufderbeck.  Das  ist  das  Strukturprinzip  von  Kirche:  Miteinander  und  füreinander -  Licht  und  Salz  sein.  Aber  darin  und  auf  diese  Weise  eben  auch  für die Welt,  für  die  kirchenfernen  Nachbarn  und  Kollegen.

Und  lasst  mich  aus  aktuellem  Anlass  noch  dies  anfügen: Wir  stehen  bei  diesem Tun  nicht  unter  Erfolgszwang.  Bei  dem  derzeitigen  Wahlkampf  der  Parteien  ist  das  bekanntlich  anders.

Die armen  Wahlkämpfer!  Manchmal  möchte  ich  ihnen  zurufen:  „Es  ist  gut.  Ihr habt jetzt  alles  so  schön  und  auch  mehrfach  gesagt.  Gönnt  euch  jetzt  ein  wenig Ruhe  und  Erholung!  Wir  werden  am  nächsten  Sonntag  schon  richtig  wählen!"

Aber  nein: Sie  dürfen  sich  nicht  ausruhen!  Die  Kurven  der  Meinungsforschungsinstitute  sitzen  ihnen  im  Nacken.  Sie  sind  zum  Erfolg  verurteilt!  Darum:  Einsatz  bis  zum  letzten  Tag, sonst  gibt  es Ärger  mit  der  Zentrale. Ich  gebe zu:  Der Vergleich  ist  etwas  unfair.  Werbung  für  politische  Überzeugungen  vor  wichtigen  Wahlen  ist  etwas  anderes  als  der Verweis  auf  Gott  und das Vorleben  christlicher  Werte.  Das  Evangelium  hat  es  besser  als  Parteiprogramme:  Es  gilt  länger  als  4  Jahre. Vor  allem:  Es  ist  nicht  auf  Mehrheiten  angewiesen.  Es entfaltet  auch  dort  seine  Kraft,  wo  es  Minderheiten  leben  und glaubwürdig  bezeugen.  Und  zudem  gilt:  Das  Evangelium  zielt  auf  Bekehrung, nicht  auf  schnellen  Applaus.

Doch  leite  ich  aus  diesem  Hinweis  auf  unsere  unermüdlichen  Wahlkämpfer auch  eine  Mahnung  an  uns  als  Wählerinnen  und Wähler  ab. Meinen  wir  nicht, ein  demokratisches  Gemeinwesen  lebe  nur  vom  gelegentlichen  Wahlgang  seiner  Bürgerinnen  und  Bürger.  Es  lebt  davon, dass  wir  auch  zwischen  den  Wahlgängen  verantwortlich  leben  und  handeln.
•  Das  bedeutet  beispielsweise,  uns  trotz  der  heute  so  geweiteten  Freiheitsräume  dennoch  an  Recht  und  Gesetz  zu  halten.
•  Das  bedeutet,  in Treue  zu  selbstgewählten  Bindungen,  etwa  in  Ehe  und Familie zu  stehen.
•  Das  bedeutet,  uns  in  der  Pluralität  der  Meinungen  ein  feines  Gespür  für Wahrhaftigkeit  und  Aufrichtigkeit  zu  bewahren  und  nicht  billigen  Parolen oder  einer  Agitation  aus  dem  Bauch  heraus  aufzusitzen.
  Das  bedeutet,  im  Suchen  des  eigenen  Nutzens  den  Mitmenschen  nicht zu  vergessen.
•  Das  bedeutet,  Kinder  nicht  als  Schadensfall  anzusehen  und  das  Recht der  Ungeborenen  auf  Leben  zu  achten.
•  Und  das  bedeutet,  uns  nicht  von  Zukunftsängsten  umtreiben  zu  lassen.
Wer  nur  auf  mögliche  Schreckensszenarien  starrt  wie  das  Kaninchen  auf die  Schlange,  wird  in  der  Tat  handlungsunfähig, ja:  er wird  zukunftsunfähig!  Er  verliert  die  Freude  am  Leben.

Liebe  Mitchristen,  liebe  Gäste  dieses  Wallfahrtsgottesdienstes!
Der  Dienst,  in  den  uns  Jesu  Wort  vom  Salz  und  vom  Licht  nehmen  will,  ist  keine Überforderung. Was  wir  sein  sollen, sind  wir  schon  längst.  Wir  müssen  nur das  aktivieren, was  Gottes  Geist  in  uns  hineingelegt  hat.  Das  Licht  des  Evangeliums  Gottes  auf  den  Leuchter  stellen  -  das  ist  keineswegs  unmöglich  oder  gar wirkungslos,  auch  nicht  hier  bei  uns,  bei  Menschen,  die  mit  der  Zeit  merken, dass  die  irdischen  Lichter  zu  flackern  anfangen  und  das  Salz  des  so  heftig  angepriesenen  Konsums  anfängt,  schal  zu  werden.

Ich  rufe  die  katholischen  Christen,  ich  rufe  die  Mitchristen  in  der  Ökumene  auf:
Bleiben  wir  diesem  Land  nicht  das  Gotteszeugnis  schuldig!  Die  Menschen  haben  ein  Anrecht  darauf,  Gott,  den  Vater  unseres  Herrn  Jesus  Christus  zu  kennen -  und  sich  von  ihm  Leben  schenken  zu  lassen,  bleibendes,  „nachhaltiges" Leben,  Leben  in  Fülle, wie  Jesus  sagt.  Nach  diesem  Leben  suchen  wir  Menschen,  ob  wir  religiös  sind  oder  nicht. Wir  halten  Ausschau  nach  einem  Halt, der  wirklich  Halt  gibt.  Viele  Erfurter  haben  das  nach  dem  schrecklichen  26. April  dieses  Jahres  bewegend  zum  Ausdruck  gebracht.  Wir  möchten  unser  einmaliges,  so  kostbares  Leben  einem  Geheimnis,  einer  Liebe  anvertrauen,  ohne  den dumpfen Verdacht,  dabei getäuscht,  dabei  „verschaukelt"  zu  werden.

Liebe  Mitchristen!  Können  wir  diesen  Verdacht  zerstreuen?  Wir  kennen  doch den,  der  allein  Halt  im  Leben  und  Sterben  geben  kann  und  dessen  Liebe  den Menschen  nicht  klein, sondern  groß  macht. Von  diesem  Gott  gilt  es  zu  sprechen,  nicht  nur  mit  Worten,  sondern  mit  der  Sprache  unseres  Lebens,  mit  der Sprache  unseres  Herzens.  Ihr  könnt  es - und  ihr  tut  es,  mehr  als  ihr  meint!

Nehmt  diese  Botschaft  von  der  heutigen  Wallfahrt  mit:  Auch  das  Thüringen  des Jahres  2002  ist  Gottes  Ackerfeld.  Es  ist Zeit  zur  Aussaat.

Ihr  Jugendlichen,  gerade  ihr,  die  ihr  im  Sommer  in Toronto  mit  dabei  gewesen seid!  Steckt  mit  eurer  Begeisterung  die  anderen  an!  In  Niederorschel  und  in Jena,  in  Heiligenstadt  und  in  Eisenach  Salz  und  Licht  Christi  zu  sein  ist  noch spannender  als  in  Toronto!

Es gibt  einen  lockeren  Spruch,  der  auf  die  heutige  Welt  der Werbung  gemünzt ist:  „Tu  Gutes  -  und  rede  davon!" Ich  möchte  diesen  Spruch  abwandeln:  „Lebe  aus dem  Evangelium -  und  lass
andere erkennen, warum  du das tust!"  Es  könnte  sein,  dass  uns  dabei  selbst ein  Licht  aufgeht!  Amen.