Leben ohne Verfallsdatum

Osterwort von Bischof Joachim Wanke


Osterwort von Bischof Joachim Wanke: "Die Osterhoffnung hilft mir, dem Leben zu trauen - auch dann, wenn es Kraft kostet"

An eine Verlängerung des irdischen Lebens über den Tod hinaus glaube ich nicht. Darin bin ich mit vielen meiner Thüringer Landsleute, wie ich jüngst einer Befragung entnahm, einig. Dass mag manche bei einem Bischof überraschen. Dennoch bleibe ich dabei. Woran ich freilich glaube, ist ein neues, höheres Leben, ein Leben ohne Verfallsdatum.


Das kann freilich nicht von Medizinern oder von Genetikern hergestellt werden. Denn diese mögen menschliche Zellen auf Dauer vielleicht haltbarer und widerstandsfähiger gegen Krankheiten machen, aber ein hinausgeschobener Verfall ist dennoch ein Verfall. Zudem, das merken wir immer deutlicher: Der Preis dafür ist hoch.


Das Osterfest, an dem die Christen die Auferstehung Jesu aus dem Grab feiern, hat nicht die Belebung eines Leichnams zum Inhalt. Das Leben in Gott ist vielmehr so etwas wie der nächste "dialektische Sprung" der belebten Materie in eine uns bisher unbekannte, höhere, völlig neue Daseinsweise. Ob eine Pflanze erahnen kann, was tierisches Leben bedeutet? Oder eine Fledermaus, wie es sich "anfühlt", ein Mensch zu sein?


Mein etwas scherzhafter Vergleich hinkt natürlich. Aber er lässt erahnen, worum es eigentlich bei der christlichen Osterhoffnung geht. Nicht das Alte und Bekannte soll verlängert werden. Es geht um einen Neuansatz Gottes in der Schöpfung. Bei Jesus Christus hat er den Anfang gemacht. Wer sich an ihn und seine Lebenspraxis hält, traut Gott zu, dass er auch einmal den eigenen Lebenshunger stillen kann. Wozu hat er ihn uns gegeben, wenn angeblich im Tode alles aus ist? Diese Osterhoffnung hilft mir, dem Leben zu trauen - auch dann, wenn es Kraft kostet.


Ich wünsche allen Thüringerinnen und Thüringern ein gesegnetes und frohes Ostern!

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