Vortrag als pdf-Datei zum Herunterladen (bitte anklicken!)
Lassen Sie mich zunächst meiner Freude Ausdruck geben, dass heute eine Komturei Ihres Ritterordens in Thüringen gegründet werden kann. Und: dass diese Komturei den Namen unserer Bistumspatronin trägt! Möge sich diese Gründung unter dem Schutz dieser großen Heiligen unseres Landes gut entfalten und immer mehr kräftigen.
Dass eine solche Komtureigründung hier in Thüringen erfolgen kann, hat etwas mit den Ereignissen im Herbst 1989 zu tun. Wir haben uns in den vergangenen Wochen und Monaten wieder daran erinnern lassen. Die Bilder von damals sind auch heute immer noch beeindruckend. Im Herbst vor 20 Jahren fiel die Mauer und bald danach brach der DDR-Staat zusammen. Auch 20 Jahre nach der friedlichen Revolution im Osten Deutschlands, die damals die Grenzöffnung bewirkte, ist das für mich immer noch ein Wunder. Wir Deutsche haben wahrlich Grund, dafür Gott, dem Herrn aller Geschichte, zu danken, auch wenn wir wissen, welchen Anteil an diesem Geschehen damals glückliche politische Umstände und tapfere Menschen hatten, besonders auch in Osteuropa, aber eben auch im Osten Deutschlands. Nicht vergessen sei auch der Anteil an dieser Freisetzung Osteuropas von Papst Johannes Paul II, der nie an eine längere Zukunft des Kommunismus geglaubt hat.
Da wir heute eine gut durchmischte Festgemeinde aus Ost und West sind, möchte ich diese Gelegenheit nutzen, etwas über jüngste Erfahrungen und anstehende Herausforderungen unserer Bistumskirche, verursacht durch die Wendeereignisse, zu referieren. Das passt zum Anlass dieser Stunde, in der ja eine Gruppe von katholischen Frauen und Männern Ihre Bereitschaft erklärt, als wache Christen die geistlichen Anliegen und Ideale Ihres Ritterordens hier in Thüringen zu leben. Diese Bereitschaft ist ein Geschenk für unsere Ortskirche. Sie trägt dazu bei, das ortskirchliche Leben zu kräftigen, gleichsam das "geistliche Grundwasser" in diesem religiös ausgetrockneten Land zu heben. Das ist Grund zur Freude - aber auch Anlass zu gemeinsamer Besinnung und zum Ausblick auf heute anstehende Aufgaben.
Ich spreche zu Ihnen als katholischer Bischof des neuen (und alten) Bundeslandes Thüringen, einem Land nun wieder in der Mitte Deutschlands gelegen. In der jüngeren Geschichte unserer Kirche in Thüringen gab es zwei tiefe Einschnitte: das Kriegsende 1945 mit seinen dramatischen Auswirkungen (es sei nur an die Flucht und Ausweisung von Millionen Deutschen aus dem Osten erinnert) und die friedliche Revolution 1989/90. Drei politische Systeme haben die Älteren im Osten Deutschlands erlebt: die Nazizeit, den DDR-Staat und nun den demokratisch-freiheitlichen Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland. Im Gefolge dieses raschen Wechsels gab es tief greifende Veränderungen im Leben der Menschen und auch der Pfarrgemeinden. Es gab in den letzten Jahrzehnten mancherlei Bedrängnisse und Verfolgungen, aber eben auch wie jetzt nach dem politischen Umbruch eine Zeit des Aufatmens und neuer Hoffnung.
Wie hat sich die Kirche auf die mit der so genannten "Wende" gegebenem gesellschaftlichen und auch kirchlichen Veränderungen eingestellt?
Zunächst einmal dadurch, dass wir die "gewendete" Situation bereitwillig, aber auch nüchtern mit ihren Licht- und Schattenseiten annehmen. Wir müssen nun unsere Seelsorge unter den Bedingungen einer offenen, pluralen und liberalen Gesellschaft weiterführen.
Ich bringe die uns in den neuen Ländern gestellte seelsorgliche Herausforderung nach der Wende gern auf die folgende Kurzformel: Früher mussten wir in der Seelsorge auf den Verdacht reagieren: Kirche, religiöser Glaube verdirbt das Denken. Wir hatten pastoral an einer ideologischen Front zu kämpfen, was wir mit einigem Erfolg auch getan haben.
Jetzt lautet der "Verdacht": Kirche, Religion verdirbt das Leben. Christ-Sein heiße Bindung, heiße Einengung, heiße Bevormundet-Werden. Der Glaube mache das Leben mickrig und kleinkariert, beschneide die Freiheit und verderbe die Freude am Genießen des Lebens, ja mache die Menschen intolerant und fanatisch. Kurzum: Christentum "stört". An dieser Front pastoral zu kämpfen ist bedeutend schwieriger! In mancher Hinsicht holen wir im Osten jetzt Erfahrungen nach, die in der Seelsorge des Westens schon lange gemacht werden.
Eine wichtige Entscheidung, in Solidarität mit der ganzen katholischen Kirche in Deutschland getroffen, war die Neubegründung des (schon 742 von Bonifatius begründeten) Bistums Erfurt im Jahr 1994. Damit war bei aller historischen und pastoralen Kontinuität des kirchlich-katholischen Lebens in der thüringischen Diaspora und im katholisch geprägten Eichsfeld der Wille zu einem Neuanfang zum Ausdruck gebracht. Wir Katholiken sind in Thüringen eine - durchaus aus alten christlichen Wurzeln gespeiste - "Missionskirche neueren Typs", die ihren Weg in der Spannung von Bewahren und sich Bewähren immer neu finden muss.
Das entscheidende Signal, dass die Erfurter Bistumskirche aussendet, ist dieses: Das Evangelium Jesu Christi gehört originär zu Thüringen dazu. Die neue Komturei Ihres Ritterordens, die hier in Thüringen verwurzelt ist, verstärkt dieses Signal. Der christliche Glaube hat hier nicht nur geschichtliche Wurzeln, er hat hier nicht nur eine reiche, katholische wie auch evangelische Geschichte, sondern er prägt Gegenwart und Zukunft dieses Kulturraumes mit. Darum darf der Blick nicht auf die Vergangenheit gerichtet sein, sondern auf das, was heute für katholische Christen und ihre gemeinsame Sendung ansteht - und das ist durchaus chancenreich und noch längst nicht erschöpfend in seinen Möglichkeiten erkundet, geschweige denn angepackt.
Die Jahrzehnte der Vorwendezeit waren schwerpunktmäßig dem Aufbau und der Festigung der Pfarrgemeinden gewidmet. Staatliche Restriktionen, aber auch fehlende Möglichkeiten, in der Öffentlichkeit zu wirken, verhinderten eine stärkere Ausrichtung des kirchlichen Lebens nach "draußen", wenngleich das Zeugnis der einzelnen Christen, aber etwa auch das der Caritasarbeit innerhalb des DDR-Systems nicht gering eingestuft werden darf. Doch jetzt verlagerte sich nach der Wende eindeutig die Aufmerksamkeit in der Seelsorge auf das Anliegen einer missionarischen Präsenz von Kirche und Christentum. Wir müssen lernen, in einer liberalen, kirchenfernen, aber doch offenen Gesellschaft "das Licht (des Evangeliums) auf den Leuchter zu stellen". Was mich als Bischof bedrängt, ist die Vorstellung: Ein Thüringer würde nach seinem Tode vor Gott stehen und erstaunt zu ihm sagen: "Ich habe noch nie etwas von dir gehört!" Dann hätten wir als Kirche versagt.
Sicherlich hat Gott tausend Möglichkeiten, das Herz der Menschen auch heute zu berühren. Aber zunächst einmal ist es Aufgabe der Kirche, von Gottes Liebe, seinen Verheißungen, seinem heiligen Willen Zeugnis zu geben, und zwar so, dass alle Menschen davon erfahren. Unsere Bistumskirche wird darum mit allen Kräften eine Kirche der Heilssorge sein und bleiben. Das bedeutet: Sie wird den Menschen in diesem Bundesland helfen, sich mit allen Glaubenden zusammen dem österlichen Licht auszusetzen und dadurch Orientierung und Hoffnung für das eigene Leben zu gewinnen.
Dazu ist eine noch mehr in die Tiefe gehende Veränderung im Bewusstsein und Verhalten aller Glieder der Kirche notwendig. Seelsorge als zentrale Lebensäußerung von Kirche kann nicht allein Sache von Pfarrern und hauptamtlichem kirchlichen Personal sein. Träger des Osterlichtes sind alle Getauften und Gefirmten. Mehr noch als früher wird in der Zeit, die vor uns liegt, christliche Existenz zu einer Frage persönlicher Entschiedenheit und im Gefolge dieser Entschiedenheit zu einer Herausforderung, sich auch im Blick auf die eigenen religiösen Grundüberzeugungen von anderen "ins Herz schauen zu lassen".
Jesus Christus und seine das Leben prägende Kraft entdeckt man gleichsam "im Angesicht", in der Biographie gläubiger Menschen. So geht der christliche Glaube durch die Jahrhunderte, von Vater zu Sohn, von Mutter zu Tochter, von Freund zu Freund, von Nachbar zu Nachbar. Das gilt auch für die heutigen Lebensverhältnisse, gerade weil diese die Menschen oftmals vereinzeln und voneinander isolieren. Die Suche nach glückenden Beziehungen ist für den Zeitgenossen häufig ein Einfallstor von Transzendenz. Hier haben wir gerade in Erfurt mit manchen Initiativen, die auch ungetaufte Mitbürger ansprechen, etwa der Lebenswende-Feier für ungetaufte Jugendliche oder den Trauerfeiern für Menschen, die für Ihre Toten keine Grabstätte haben, gute Erfahrungen gesammelt. Es braucht eine kreative Phantasie und Bereitschaft in den Gemeinden und Gemeinschaften, die Fragen und Sehnsüchte der Menschen, die ja auch die unsrigen sind, mit unserem Gottesglauben auf überzeugende Weise in Beziehung zu bringen.
Ich erinnere an die berühmten Fragen Immanuel Kants: Wer bin ich? Woher komme ich? Was darf ich hoffen? Und nicht zuletzt: Was soll ich tun? Das sind Urfragen des Menschen. Sie können vielleicht eine Zeit lang von anderen Dingen übertönt werden, aber immer wieder steigen sie im Innern des Menschen auf - solange der Mensch Mensch bleibt.
Ich erinnere an die Botschaft Jesu. Das bekannte Gleichnis Jesu vom "verlorenen Sohn", oder besser: "vom gütigen Vater", zeigt den Menschen in seinen drei entscheidenden Grundbestimmtheiten: Er ist auf einen Weg gestellt; er ist in ein Gespräch verwickelt, er ist als Gescheiterter dennoch angenommen und beschenkt ("erlöst").
Gott lässt den Menschen seinen Weg gehen - selbstbestimmt, in aller Freiheit. Nirgends im Gleichnis wird das Verlangen des Sohnes getadelt, sich das Erbe auszahlen zu lassen und in die Fremde zu gehen. Und doch bleibt der Vater präsent, selbst im Elend an den Schweinetrögen, aus denen der Verlorene nicht einmal seinen Hunger stillen darf. Sein Ursprung, das Wissen um Gottes Güte, begleitet den Verirrten - und er findet zurück und gnadenhafte, nicht herablassende, sondern herzliche Aufnahme, in der die Vergebungskraft des Vaters größer ist als die Selbstbeschämung des Heimkehrenden. Das ist ja bekanntlich das Ärgernis des Daheimgebliebenen und das Ärgernis der scheinheilig Frommen aller Zeiten, und auch mancher Atheisten: Sie wollen sich nicht verdankt wissen.
Fragen der Lebensdeutung und des Menschenbildes sind wahrlich keine bloßen akademischen Fragen. Sie haben eine überaus praktische Bedeutung, nicht nur für die Lebensführung des einzelnen Menschen, sondern für den Aufbau und Zusammenhalt unserer Gesellschaft insgesamt, eben für gemeinsame Werteüberzeugungen, die gleichsam den geistigen "Kitt" einer Gesellschaft darstellen.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Sozialismus, wie er im Osten Deutschlands praktiziert wurde, an seinem falschen bzw. seinem utopischen Menschenbild gescheitert ist. Unmittelbar mag man sicher noch andere Faktoren für dieses Scheitern verantwortlich machen: wirtschaftliche Ineffizienz des Systems, Unfähigkeit zu politischen und kulturellen Innovationen, Abgleiten in eine ökologische, mehr aber noch in eine geistige Verwüstung, die uns derzeit im Osten so schwer zu schaffen macht. Doch hinter all dem stand und steht, so meine These, ein verkehrtes Menschenbild. Grundlegende Dimensionen unseres Menschseins blieben in diesem System und der dahinterstehenden Weltanschauung ausgeblendet bzw. kamen nicht zur Geltung: die Sehnsucht nach Freiheit, das Gespür für Wahrhaftigkeit, das Verlangen der Menschen sich schöpferisch entfalten zu können, vor allem auch die religiöse Dimension der menschlichen Existenz, das Bewusstsein, sich "verdankt" zu wissen und danken zu können und manches andere mehr.
Das eigentliche Wunder der sogenannten "Wende" in unserem Land ist meines Erachtens die Tatsache, dass sich hier ein Menschenbild, so wie es uns im Ansatz die Bibel vermittelt, gegen das ideologische System durchgesetzt hat. Der konkrete Mensch in seinen Sehnsüchten und Hoffnungen war stärker als ein ausgeklügelter Macht- und Sicherheitsapparat.
Eine der wichtigsten Aufgaben der vor uns liegenden Zeit wäre es, die Konsequenzen aus dem Scheitern der marxistischen Gesellschaftsutopie für den Ausbau und Weiterbau einer freiheitlichen, demokratisch verfassten Gesellschaft zu ziehen. Eine gute Politik muss wissen, mit welchem Menschen sie es zu tun hat. Nicht zuletzt Parteien, die von einer christlichen Grundorientierung ausgehen wollen, sollten sich mit Fragen des Menschenbildes, der Menschenwürde, der Zielbestimmtheit menschlichen Lebens und Arbeitens auseinandersetzen. Ich sehe übrigens das Interesse an solchen Fragen durchaus wachsen, etwa unter der Fragestellung: Wohin treibt unsere Gesellschaft? Was hält sie eigentlich zusammen? Vorrangig vor allen wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Fragen ist unsere Gesamtorientierung angefragt: Wer sind wir? Was wollen wir? Welche Zukunft soll uns bestimmen?
Was bedeutet das für uns als Kirche? Dazu einige wenige Anmerkungen.
Es steht an das gemeinsame Nachdenken und die Verständigung über die Profilierung der "Glaubensbotschaft", ihres zentralen Inhaltes und ihrer Sprachgestalt, und auch über die Gewichtung der kirchlichen Aktivitäten, die letztlich ja nur dazu dienen sollen, dem Evangelium einen Weg zu den Herzen der Menschen zu bahnen. So gilt es Ausschau zu halten nach Anknüpfungspunkten und "Brückenköpfen" für die Frohbotschaft unseres Glaubens im heutigen Lebensalltag der Menschen, der von Pluralismus, Mobilität und wirtschaftlicher Verunsicherung gekennzeichnet ist. Ein solcher "Brückenkopf" ist z. B. die Sehnsucht der Menschen nach einem "Leben in guten Beziehungen", die man sich bekanntlich nicht kaufen, sondern nur schenken lassen kann. Auch ein nichtkirchlicher Thüringer kann zu einem guten Menschen in seiner Umgebung sagen: "Dass du da bist - das ist für mich wie ein Geschenk des Himmels!" Die Menschen hierzulande sind nicht alle Atheisten. Sie können oft nichts mit unserer kirchlichen Tradition anfangen. An uns liegt, es ihnen dazu neue Zugänge zu eröffnen. Aus dem kostbaren Erbe des Evangeliums muss wieder ein neues Angebot werden.
Es wird in Zukunft vermehrt darauf ankommen, herausragende Orte und Ereignisse, gleichsam "Leuchttürme" christlichen Lebens, die in die Gesellschaft ausstrahlen, als Chancen für "Beteilungsmöglichkeiten" auch Nichtgetaufter am kirchlichen Leben anzubieten. Unsere Bildungshäuser, unsere Klöster und Wallfahrten, die Katholikentage, jetzt der kommende ökumenische Kirchentag in München - das sind Beispiele für solch herausragende Orte und Möglichkeiten von Partizipation. Darüber gilt es vermehrt nachzudenken.
In der Spiritualität Ihres Ritterordens spielt etwa der Gedanke der Nächstenliebe, der Fürsorge für die Menschen im Heiligen Land eine große Rolle. Ich bin überzeugt: Es wird zu einer neuen Verknüpfung von Gottesdienst, Seelsorge und "Leibsorge", von Liturgie, Verkündigung und Diakonie kommen müssen. Caritas ist Verkündigung des Evangeliums und Verkündigung stiftet zu Caritas an. Um eine gute Erfahrung aus unserer Ortskirche hier einmal zu nennen: Das "Elisabethjahr 2007" in Thüringen, ökumenisch anlässlich des 800. Geburtstages dieser großen Heiligen gefeiert, war ein starker Impuls, diesem Miteinander von Caritas, Gottesdienst und Seelsorge überzeugend, auch in die Öffentlichkeit hinein, Ausdruck zu verleihen. Es ging uns genau um dieses Miteinander einer Liebe, die (Gott) verkündigt, und eines Glaubens, der (dem Nächsten) dient. Die erste Enzyklika von Papst Benedikt XVI. "Deus caritas est", die ja durchaus programmatisch auf das Miteinander von Gottesglaube und Nächstenliebe zielt, war dabei eine willkommene Hilfe. Und im Blick auf die missionarische Dimension des ortskirchlichen Handelns behaupte ich einmal: Das Elisabethjahr mit seinen vielen Veranstaltungen war gelungene Gottesverkündigung auf "mitteldeutsch". Dieses Jahr hat gezeigt: Wer den Himmel ernst nimmt, wird für die Erde tauglich.
Gemeinhin steckt in den Köpfen vieler Menschen bei uns in Thüringen die Vorstellung: Der religiöse Mensch macht sich untauglich für das wirkliche Leben. Elisabeths Biographie, in diesem Gedenkjahr vielgestaltig buchstabiert, bewies das Gegenteil. Und das haben wohl so manche, von der alten DDR-Ideologie und ihrer Religionskritik beschädigten Thüringer mit Staunen entdeckt. Es ist wohl doch nicht so, dass Religion und Himmel nur etwas ist für "Engel und die Spatzen", wie einst Heinrich Heine gespottet hat. Es ist wohl eher anders: Wer keinen Himmel kennt, bekommt mit der Erde Probleme. Und wer Gott ausblendet, versteht sich selbst nicht mehr. Dies in die Öffentlichkeit unseres Raumes hinein wirkungsvoll und hoffentlich auch nachhaltig vermittelt zu haben, ist für mich so etwas wie eine pastorale Quintessenz des Elisabethjahres.
Und schließlich ein letzter Gedanke: Der "geistliche Grundwasserspiegel" im Leben des einzelnen Christen und der Gemeinden und Gemeinschaften bedarf ständiger Aufmerksamkeit und Pflege. Es gilt eine Frömmigkeit für die heutige Zeit auszuprägen, die der Ausdünnung der Gottesgegenwart im Alltag Widerstand leisten kann. Zu solchen guten geistlichen Erfahrungen eines Christenlebens, das sein Herz in Gott verankert und doch fest mit beiden Beinen auf dieser Erde steht, kann und wird auch Ihr Leben und ihr Glaubenszeugnis im Ritterorden beitragen. Menschen, die ihr Leben im Gottesgeheimnis verwurzeln, bleiben für nichtchristliche Zeitgenossen interessant. Weil das so ist, bin ich für die Zukunft der Kirche in Thüringen zuversichtlich.
Ich schließe mit einem Wort, das ich einmal auf einer Bauwand las, mit der im Frankfurter Flughafen eine Baustelle säuberlich abgesichert war. Da stand in großen Lettern zu lesen: "Damit für Sie der Himmel offen bleibt, haben wir auf Erden viel zu tun. Ihre Lufthansa." Dieses Wort habe ich sofort meinen Pfarrern als Motto für ihren Dienst empfohlen. Aber ich meine: Es wäre auch ein gutes Arbeitsmotto für anfangende und schon gestandene Grabesritter.
Gehalten am 29.11.2009 in Erfurt