Bischof Wanke: "Gott wird sich auch der Toten ungerechter Gewalt annehmen"

Osterwort 2012 für MDR 1 Radio Thüringen





Die Nachrichten der vergangenen Wochen erwecken den Eindruck: Ein Menschenleben ist immer weniger wert. Vielen von Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, wird es ähnlich ergehen wie mir. Gerade die so wahllosen Tötungen von unschuldigen Menschen durch fanatisierte Extremisten wie in Oslo oder jüngst in Toulouse, aber auch die willkürlichen Mordtaten aus rechtsradikaler Gesinnung in Deutschland, die jetzt aufgedeckt wurden, erschrecken mich zutiefst. Sie enthüllen einen unbegreiflichen Abgrund an Unmenschlichkeit und Brutalität.

Auch unser Freistaat Thüringen ist vor solchen Bluttaten nicht gefeit. Wir werden uns am Ende des Monats April an die Opfer des Amoklaufes im Erfurter Gutenberg-Gymnasium vor zehn Jahren erinnern. Die Trauer der betroffenen Familien und Freunde der Getöteten, ja unser aller Trauer hält bis heute an.

Die Bibel weiß um die Abgründe des Menschenherzens. Sie redet das Böse nicht weg. Es ist für sie eine Realität. Und doch kann Psalm 8 vom Menschen sagen: "Was ist der Mensch, dass du (Gott) an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst!"

Genau das ist die Botschaft des christlichen Osterfestes. Es erinnert uns ja ebenfalls an ein schreckliches Sterben. Jesus Christus weicht dem Bösen nicht aus. Er erträgt es bis zur Hingabe des eigenen Lebens - und zerbricht es so. Wie wenn, im Bild gesprochen, ein Eisbrecher eine vereiste Fahrrinne aufbricht, damit dann andere Schiffe in seinem Gefolge zu ihrem Ziel gelangen - so überwindet hier einer den menschenmörderischen Hass stellvertretend für uns alle durch Gewaltlosigkeit und Liebe.

Gott wird sich auch der Toten ungerechter Gewalt annehmen. Ich glaube daran: Deren Leben war nicht umsonst. Sie sind in einer größeren Gerechtigkeit geborgen als unsere Justiz sie herstellen kann. Jede noch so kleine Tat der Nächstenliebe und Freundlichkeit für andere, jede Bereitschaft, auch den Fremden und Flüchtligen unter uns Heimat und Lebensrecht zu gönnen, jeder Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden gibt der Welt österliches Licht. Das ist meine feste Hoffnung. Ich bitte Sie alle, an dieser Hoffnung festzuhalten.

Allen Hörerinnen und Hörern von RMDR 1 - Radio Thüringen ein frohes und gesegnetes Ostern!