"Was soll das mit der Ökosteuer" - Jugendliche befragen Bundestagskandidaten

Diskussionsveranstaltung im Rahmen der BDKJ-Wahlwette "Wir bleiben dran"

Pressemitteilung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BdKJ) - Diözesanverband Erfurt


Weimar (weidler). "Was soll das mit der Ökosteuer, wenn dadurch nur die Benzinpreise unaufhaltsam steigen?", "Konnten Politiker es wirklich nicht verhindern, dass in letzter Zeit so viele Bauunternehmen in Insolvenz gehen mussten?" und "Bestimmt nicht sowieso Amerika so sehr die Weltwirtschaft, dass wir da gar nichts ändern können?" Diese und einige andere Fragen stellten Jugendliche aus dem Dekanat Weimar am 31. Mai Politikern, die sich als Direktkandidaten im Wahlkreis 195 (Jena-Weimar-Weimarer Land) für ein Bundestagsmandat bewerben. Vera Lengsfeld (CDU), Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Grüne) und Frank Müller (FDP) sind der Einladung der jungen Leute in den Gemeindesaal von Apolda gefolgt.


Diese Veranstaltung fand statt im Rahmen der bundesweiten Aktion "Wahl 2002 - Wir bleiben dran", die der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im März startete. Der Dachverband der katholischen Jugendverbände wettet dabei mit dem Bundestagspräsidenten, Wolfgang Thierse, dass seine Mitglieder es schaffen, in allen Wahlkreisen mit jeweils fünf Direktkandidaten zur Bundestagswahl ins Gespräch zu kommen. Da diese Wette noch bis zum Wahltag am 22. September läuft, ist für den Wahlkreis 195 noch nichts verloren, auch wenn an diesem Abend nur drei Kandidaten anwesend waren. Von denen wollten die Jugendlichen aber wissen, welche Zukunftsperspektiven junge Menschen in der Region haben, welche Beteiligungsmöglichkeiten sie für Jugendliche in der Gesellschaft sehen und was sie ganz konkret in den nächsten vier Jahren im Bundestag für Kinder und Jugendliche erreichen möchten.


Vera Lengsfeld machte deutlich, dass sie nichts von einer "Politik der Visionen" halte - Politik sei nicht der große Entwurf, dem alle einfach nur folgen müssten. Vielmehr gehe es darum, politische Akzente zu setzen: so müsse zukünftig mehr Geld für die Bildung, das Gesundheitswesen und eine bessere Infrastruktur bereitgestellt werden. Leistung müsse stärker gefördert werden, allerdings mit einem differenzierten Bildungssystem und einheitlichen Standarts für alle deutschen Bundesländer. Angesprochen auf die Zukunftsperspektive junger Menschen erinnerte Frau Lengsfeld an die DDR-Zeit, wo es viel schlechtere Voraussetzungen als heute gab. Nicht alles in den letzten Jahren sei gescheitert, sondern schon sehr viel erreicht. Auch gebe es bereits genug Beteiligungsmöglichkeiten, so dass wir da gar nichts neues bräuchten.


Wenn auch Katrin Göring-Eckardt ebenso bei der Bildungspolitik einen Schwerpunkt sah, so vertrat sie doch bei vielen Punkten eine andere Auffassung. Für sie zählt nicht nur die Leistung, die jemand erbringt, sondern der ganze Mensch. Es sei auch gar nicht immer mehr Geld nötig, damit sich z.B. Lehrer und auch Eltern mehr Zeit für die jungen Leute nehmen können. Frau Göring-Eckardt betonte, dass sie als Christin natürlich Visionen habe und benannte als zentralen Punkt für die Zukunftsperspektive junger Menschen eine nachhaltige Politik. Wir dürften nur das verbrauchen, was auch erneuerbar sei, und dieses Prinzip gelte nicht ausschließlich für die Ökologie, sondern genauso für die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Auch für Familien mit Kindern müsse mehr als bisher getan werden, beispielsweise die Einführung einer Grundsicherung sowie die ganztägige Betreuung für Kinder. Außerdem sprach sich die Politikerin für die Förderung von Formen direkter Demokratie aus wie z.B. Volksentscheide. Nur die Stimmabgabe bei der Wahl reiche als einzige Beteiligungsform nicht aus.


Im Gegensatz zu seinen beiden Mitbewerberinnen, die bereits jetzt schon im Bundestag vertreten sind, bezeichnete sich Frank Müller als Neuling in der Politik. Er möchte "Politik zum Anfassen" machen und deshalb auch für die Menschen vor Ort (an)greifbar sein. Damit für Jugendliche wieder etwas passiert, müssten auch sogenannte Tabu-Themen aufgegriffen werden und vor allem grundlegende Reformen vorangetrieben werden. Nur so könne wieder mehr erwirtschaftet und in dessen Folge auch mehr Geld ausgeben werden. Die Gesellschaft sollte aber nur entsprechende Rahmenbedingungen schaffen und dem einzelnen mehr Entfaltungsmöglichkeiten lassen. Auch Herr Müller bezeichnete die Bildungspolitik als einen Schwerpunkt seines Engagenmentes. Er beklagte, z.B. dass zu viel Unterricht ausfalle sowie Deutschland bei der beruflichen Ausbildung das "Schlusslicht" in Europa sei und sprach sich auch hier für verbesserte Rahmenbedingungen aus. Die anwesenden Jugendlichen forderte er auf, sich noch stärker in politische Prozesse einzumischen und nicht alles, was Politiker so versprechen, einfach hinzunehmen. In diesem Zusammenhang befürwortete er auch, dass Jugendliche bereits mit 16 Jahren an Wahlen teilnehmen sollten.


Wer mit dem Vorurteil zu dieser Veranstaltung gekommen war, dass Jugendliche sich eigentlich gar nicht für Politik und Politiker interessieren, wurde an diesem Abend eines besseren belehrt. Denn am Ende reichte die Zeit gar nicht dafür, dass die Gesprächsteilnehmer alle ihre Fragen auch loswerden konnten. Aber wie schon das Motto der Wahl-Wette heißt: Wir bleiben dran ...


Robert Weidler, Geschäftsführer



Informationen des BdKJ zur Wahlwette "Wir bleiben dran"