Erfurt (BiP). Nicht nur die "Gloriosa" ist künftig bei Führungen auf den Mittelturm des Erfurter Domes zu besichtigen. Glockenwart Ernst Bünge hat neben der größten, frei schwingenden, mittelalterlichen Glocke der Welt eine weitere Attraktion im Programm: das originale, mechanische Laufwerk der Turmuhr von 1853. Und es funktioniert sogar noch, wie man sehen kann.
Ein kleines Messingschild am Uhrwerk verrät die Herkunft aus der Werkstatt des Großherzoglichen Hofuhrmachers Johann Jacob Auch in Weimar. Sein Präzisionsinstrument verrichtete bis Ende der 1920er Jahre einen zuverlässigen Dienst. Dann wurde es von einem elektrischen Laufwerk abgelöst, das nicht jeden Tag von Hand aufgezogen werden musste. Heute wird die Turmuhr per Funk von den Atomuhren der Physikalisch-technischen Bundesanstalt in Braunschweig gesteuert. Moderner und genauer geht es nicht.
Dem alten Uhrwerk dagegen drohten das Vergessen und der Zahn der Zeit. Das wollte Ernst Bünge nicht hinnehmen und machte sich mit Feuereifer daran, andere für die Sache zu begeistern und Spenden zu sammeln. Davon konnte der Glockenwart bei der Firma Willing in Gräfenhain das mechanische Meisterwerk restaurieren lassen. Willing fertigte auch ein Uhrenziffernblatt im alten Stil, das nun über dem Uhrwerk hängt. Zwei kleine Glocken ergänzen die Anlage, die eine Etage unterhalb der "Gloriosa" steht.
So kann Bünge zeigen, wie das Uhrwerk über Zahnräder die Zeiger antreibt und die Glocken jede Viertelstunde schlagen lässt. Vorausgesetzt, er hat die Gewichte an den sieben Meter langen Drahtseilen aufgezogen und das langsam schwingende Pendel in Bewegung gesetzt. "Das ist doch interessanter als jeder Funkwecker, und mag er noch so groß sein", meint der Glockenwart und freut sich auf viele, technisch interessierte Besucher.
Führungen zur Gloriosa 2010