Thüringer Landtagsabgeordnete diskutierten mit Kirchen über Bioethik

Erfurt (BiP). "Gezeugt, geprüft, verworfen? Bioethische Fragen in der aktuellen Diskussion" war das Thema eines Hintergrundgespräches, das Thüringer Landtagsabgeordnete aller Fraktionen und Regierungsangehörige mit Vertretern beider Kirchen gestern, 28. Juni, in der Bildungsstätte St. Martin führten. Anlass des Gespräches waren die Einrichtung der Enquetekommission im Thüringer Landtag zur "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" sowie die aktuelle Diskussion über neue Diagnostikformen in der Fortpflanzungsmedizin. Eingeladen hatten der Leiter des Katholischen Büros Erfurt, Ordinariatsrat Winfried Weinrich, und die Beauftragte der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung in Thüringen, Kirchenrätin Gundula Bomm.

Am Beispiel der Präimplantationsdiagnostik (PID) beschrieb der Erfurter Moraltheologe Josef Römelt, wie konfliktreich Bemühungen seien, der gentechnischen Forschung die Freiheit zu wahren und ihr gleichzeitig politische und juristische Rahmenbedingungen zu setzen. Römelt warnte davor, durch "ethische Ü;berreaktion" Entwicklungen zu behindern, die dem Menschen dienten. Andererseits würden sich Experimente am Menschen verbieten, die gegen die Menschenwürde verstießen. Das gelte auch für das Menschsein im frühesten Stadium. Die Präimplantationsdiagnostik sei "moralisch äußerst belastet", weil dabei im Reagenzglas menschliches Leben reproduziert und gleichzeitig seine mögliche Vernichtung bei Feststellung einer Erbkrankheit in Kauf genommen würde.

Angesichts der medizinisch-technischen Möglichkeiten wünscht sich der Erfurter Bischof Joachim Wanke eine gesamtgesellschaftliche Debatte. "Die Kirchen sind an einer Sachdiskussion sehr interessiert", erklärte Wanke. Man werde anderen nicht die kirchliche Sicht der Dinge aufzwingen. "Aber wir wollen uns ins Gespräch einbringen, um unseren Teil der Hilfe zu leisten, diese schwieringen ethischen Fragen zu lösen", so Wanke. Sicherlich seien Ü;bereinstimmungen zwischen christlichen und humanistischen Positionen möglich.

Ähnlich sieht Staatssekretärin Birgit Bauer, Frauenbeauftragte der Thüringer Landesregierung, den gesamtgesellschaftichen Aspekt der Bioethik. Die Thüringer Enquetekommission sei überfordert, wenn alles zum Thema Lebensschutz von ihr erwartet werde. Es sei darum wichtig, in der Gesellschaft die "Ehrfurcht vor dem Leben" weiter zu geben. Dazu gehöre auch die Freiheit, so Anja Lohaus von der Evangelischen Schwangerschaftskonfliktberatung in Erfurt, vor oder während einer Schwangerschaft nicht alle technischen Möglichkeiten in Anspruch nehmen zu müssen. "Aber hier wird der gesellschaftliche Druck immer stärker", beklagte Frau Lohaus. Zudem entstünde der Eindruck, dass "viel Technik viel Sicherheit" bringe. Das sei aber nicht richtig. Vielmehr würden Frauen durch den verstärkten Technikeinsatz die Sensibilität für das ungeborene Kind und den eigenen Körper verlieren.

Am Ende des Hintergundgespräches vereinbarten die Teilnehmer, den Dialog zwischen Landespolitikern und Kirchenvertretern fortzusetzen.



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