Restaurierungsplanung für den barocken Hochaltarim Hohen Chor des Erfurter Domes

PRESSE- UND FOTO-/FILMTERMIN
Tag/Uhrzeit: Montag, 27. März 2000, 13:00 Uhr
Ort: Hoher Chor im Erfurter Dom
Teilnehmer:
Dompfarrer Dr. Reinhard Hauke
Dombaumeister Dr. Hans Heinrich Forberg
Herr Uwe Vahland (Firma Ochsenfarth)
Diplom-Restaurator Michael Bruckschlegel

Der Hochaltar im Hohen Chor des Erfurter Domes gilt als einer der größten und schönsten Barockaltäre in Thüringen. Leider ist durch Verunreinigungen und Holzwurmschäden eine aufwendige Restaurierung des Altares notwendig geworden, sollen nicht irreparable Schäden entstehen. Derzeit wird eine "Probeachse" durch die Firma Ochsenfarth am Hochaltar angelegt. Die Probeachse ist eine Art Experimentierfläche, auf der verschiedene Restaurationsmethoden ausprobiert werden sollen, um bis Juni 2000 ein Maßnahmekonzept für die Restaurierung zu erstellen.
Beim Pressetermin, zu dem ich Sie herzlich einlade, haben Sie die Gelegenheit, Informationen über den Hochaltar und seine Restaurierung aus erster Hand zu erhalten. Dompfarrer Dr. Hauke wird dabei sein Konzept einer "Sponsoren-Patenschaft" für einzelne Figuren oder Teile des Hochaltares vorstellen. Selbstverständlich können auch Foto- und Filmaufnahmen von den Anwesenden, dem Altar und den vor Ort vorhandenen Werkzeugen angefertigt werden.


STICHWORTE UND INFOS


Hochaltar:
Für die christliche Gemeinde ist der Altar der Ort, um den sie sich bei der Feier der Messe (Eucharistiefeier) versammelt. Ü;ber Jahrhunderte war das nicht möglich, weil der Altar in den meisten Kirchen an die Ostwand gerückt und mit allerlei Aufbauten versehen war. Einen solchen Altar nennt man Hochaltar. Als Konsequenz für die Feier der Messe ergab sich, dass der Priester am Altar mit dem Rücken zur Gemeinde stand.
Vor allem zwei Entwicklungen führten dazu, dass sich der Altar nicht mehr zwischen Priester und Gemeinde, sondern an der Rückwand befand.
Einmal setzte sich die Ostung als Gebetsrichtung im Gottesdienst durch. Für die Christen war das Gebet in Richtung des Sonnenaufgangs ein Glaubensbekenntnis an Jesus Christus. Von dort erhoffte man sich seine Wiederkehr zum Gericht am Jüngsten Tag. Dementsprechend wurden auch die Kirchen nach Osten ausgerichtet. D.h. eine gedachte Linie vom Eingang zum Altar verlief von Westen nach Osten. Da auch der Priester in Richtung Osten betete, stand er mit dem Rücken zum Altar. Nach und nach wurden darum die Altäre in den Kirchen an die Ostwand verschoben.
Außerdem veränderte sich im Mittelalter die Eucharistiefrömmigkeit. Es wurde weniger wichtig, das eucharistische Brot im Rahmen der Messe zu empfangen als es anzusehen und anzubeten, auch außerhalb der Messfeiern. Als Tisch für das eucharistische Mahl der Gemeinde hatte der Altar so fast überall ausgedient. Der an die Ostwand gerückte Altar wurde mit Bildern, Heiligenfiguren, Kerzen und Blumenschmuck umgeben. Aufbauten mit Säulen und Nischen für Reliquien, Figuren und Bildern wurden auf den Altar gesetzt. In der Barockzeit fügte man schließlich einen Tabernakel in die Aufbauten ein, eine Art Schrank, in dem das eucharistische Brot aufbewahrt und angebetet werden konnte. Der eigentliche Altar erschien so nur noch wie ein Unterbau und fast als Nebensächlichkeit.
Erst die Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965) korrigierte diese Fehlentwicklungen und rückte den Altar wieder in die Mitte der Gemeinde. Da man die oft (kunsthistorisch) wertvollen Hochaltäre nicht abbrechen wollte, ließ man sie in der Regel stehen und errichtete einen neuen Altar mit der Grundform eines Tisches. Der Tabernakel des Hochaltares kann nach wie vor für die Aufbewahrung des eucharistischen Brotes benutzt werden.

Der Hochaltar im Hohen Chor des Erfurter Domes:
Der Hochaltar im Hohen Chor des Erfurter Domes gilt als einer der größten und schönsten Barockaltäre in Thüringen. Nach einer Inschrift am Tabernakel ist er 1697 aufgestellt worden.
Mit der Errichtung des aufwendigen und wertvollen Hochaltares - wohl anstelle eines gotischen Flügelaltares - sollte die katholische Liturgie einen beeindruckenderen Rahmen erhalten und ihre Bedeutung unterstrichen werden.
Auffallend am Hochaltar sind die freistehenden Holzfiguren und gedrehten Säulen sowie die großformatigen Gemälde.
Bei den Bildern handelt es sich im unteren Bereich um vier Wechselbilder: die Darstellung der Weisen aus dem Morgenland und die Anbetung des Kindes durch die Hirten, die Darstellung Mariae Himmelfahrt und der Kreuzigung Jesu.
In der mittleren Ebene befindet sich ein Gemälde des Erfurter Künstlers Sandrock, das als Ersatz für ein verloren gegangenes Dreifaltigkeitsbild in der Mitte des 20. Jahrhunderts geschaffen worden ist.
Im oberen Bereich befindet sich ein Rundgemälde mit der Darstellung der Verkündigung.
Die Wechselgemälde sind im vergangenen Jahr restauriert worden.
Bei den Figuren handelt es sich auf der unteren Ebene (v.l.n.r.) um die Heiligen Petrus, Bonifatius, Adolar, Eoban, Martin und Paulus. In der mittleren Ebene sind die vier Evangelisten dargestellt, in der oberen Ebene (v.l.n.r.) der heilige Josef, die Erzengel Michael und Raphael und
Johannes der Täufer.
Der Altar ist so angelegt, dass die wertvollen mittelalterlichen Glasmalereien nicht völlig verdeckt, sondern durch den Altar hindurch zu sehen sind.


Die Restaurierung des Hochaltares:
Der ca. 300 Jahre alte und zum größten Teil aus Holz bestehende Hochaltar ist im Laufe der Zeit durch Staub- und Rußablagerungen sowie durch Bauarbeiten im Dom stark verschmutzt worden. Die Schmutzschicht ist bis zu 5 mm stark. In ihr abgelagerte Stoffe haben zu chemischen Prozessen geführt, die die darunterliegende Farbschicht angreifen und gänzlich zu zerstören drohen. Außerdem ist durch die Eigenarbeit des Holzes bereits Farbe abgeplatzt.
Wesentliche Partien des des Altares sind von Holzwürmern beschädigt.
Als erste Maßnahme soll die Farbschicht gereinigt und konserviert werden, um weitere Farbverluste zu verhindern. Zur Zeit ist am Hochaltar eine Probeachse angelegt, eine Art Experimentierfläche, auf der verschiedene Restaurationsmethoden ausprobiert werden, um bis Juni 2000 ein Maßnahmekonzept für die Restaurierung zu erstellen. Dieses Restaurationskonzept wird gegebenenfalls auch Arbeiten an der Holzsubstanz umfassen.
Für die Restaurierung ist ein hoher personeller und finanzieller Aufwand notwendig.

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