Rektor Eberhard Tiefensee: "Die Theologische Fakultät Erfurt im 50. Jahr ihres Bestehens"

Statement beim Pressegespräch "50 Jahre Theologische Fakultät Erfurt"


Statement von Professor Dr. Eberhard Tiefensee beim Pressegespräch am Donnerstag, 23. Mai 2002, anlässlich des 50jährigen Jubiläums der Theologischen Fakultät Erfurt. Professor Tiefensee ist Rektor der Theologischen Fakultät Erfurt und lehrt Philosophie:


Die Theologische Fakultät Erfurt ist eine staatlich anerkannte Hochschule in kirchlicher Trägerschaft. Hochschulen bleiben immer jung: Derzeit sind 198 Studierende eingeschrieben, davon sind 82 Diplomstudenten (darunter 38 Priesteramtskandidaten), 43 zukünftige Religionslehrer für alle Schularten und 24 Aufbaustudierende, die das Lizentiat bzw. Doktorat erwerben wollen. Die übrigen sind im wesentlichen Gasthörerinnen und -hörer, die Spezialstudien betreiben. Einige Studierende stammen aus dem osteuropäischen Ausland, vor allem aus Litauen - die Theologische Fakultät ist die Hochschule in Thüringen mit dem zweithöchsten Ausländeranteil nach der Musikhochschule in Weimar. Die Zahl der Studierenden wächst derzeit ständig, wobei sich die einzelnen Gruppierungen fast gleichmäßig entwickeln - das betrifft auch die Priesteramtskandidaten. Daß die Gruppe der Gasthörerinnen und -hörer besonders stark zunimmt, signalisiert ein wachsendes Interesse an einer geisteswissenschaftlichen Fortbildung und Vertiefung des Glaubenswissens.


Was die Berufsaussichten betrifft, haben Religionslehrerinnen und -lehrer sowie Priesteramtskandidaten gute Perspektiven; gleiches gilt für die Diplomstudierenden, die in den kirchlichen Gemeindedienst gehen wollen. Für die übrigen Studierenden hat die Hochschule aus Drittmitteln ein Jobmanagement-Programm aufgelegt, das sie bei der Berufsfindung durch die Finanzierung von Praktika unterstützt. Bisher bestätigt sich aber der allgemeine Eindruck, daß Theologinnen und Theologen keine übermäßigen Probleme haben, beruflich weiterzukommen, weil sie ein breites Studienprogramm mit vielfältiger Qualifikation absolvieren und "querzudenken? lernen. Ich meine, wir bilden in gewissem Sinne auch antizyklisch aus: Die zukünftige religiöse Situation in dieser Region bzw. in Westeuropa ist schwer zu prognostizieren. Sicher ist aber, daß wir, falls der Bedarf steigen sollte, nicht erst dann mit der theologischen Ausbildung möglichst vieler Interessierter beginnen können. Auf jedem Fall werden auch in Zukunft qualifizierte und umfassend gebildete Theologinnen und Theologen gebraucht - in der Kirche, aber auch in anderen Bereichen der Gesellschaft.


Für Forschung und Lehre verfügen wir über 12 Lehrstühle in den theologischen Standarddisziplinen, von denen allerdings zwei momentan vakant sind. Das Studienprogramm ist eine Verbindung von solider Curricularausbildung und Aktualität. In diesem Studienjahr werden beispielsweise Themen behandelt wie Menschenbilder der Philosophie; Bibel und Koran; der Begriff des Opfers; Menschenrechte, Frauenrechte und Kinderrechte; Suchtkrankheiten. Wir haben schon mehrfach interdisziplinäre Lehrveranstaltungen mit der Universität und der Fachhochschule Erfurt teils außerhalb, teils in unseren Räumen durchgeführt, was viele Studierende und Lehrende "von außen? mit der spezifischen Atmosphäre einer theologischen Hochschule in Berührung bringt. Ein neuer Studiengang für Katholische Kirchenmusik und Gemeindedienst in Verbindung mit der Weimarer Musikhochschule soll nächstes Semester anlaufen. Gute Kooperationen gibt es auch mit den Evangelisch-Theologischen Fakultäten in Jena und Leipzig.


Die Forschungsarbeit läuft unter eher schwierigen Bedingungen ab: Der akademische Mittelbau besteht derzeit aus vier halben, befristeten Mitarbeiterstellen (drei davon werden übrigens durch Frauen eingenommen), das ist auf 12 Lehrstühle gerechnet sehr wenig. Die Hochschule hat bewundernswerte Vorlesungs- und Seminarräume, es fehlt aber an Platz für die Lehrstuhlinhaber. Aber selbst unter diesen bescheidenen Voraussetzungen gibt die Fakultät zwei theologische Schriftenreihen heraus, die inzwischen zusammen 111 Bände umfassen und ist stark eingebunden in die derzeit laufenden aktuellen Diskussion in Politik und Kirche, beispielsweise im Bereich Bio- bzw. Medizinethik und christliches Menschenbild, in Forschungsprogramme zum religiösen Pluralismus und in die Diskussion um Rituale, in die Erstellung eines Leitbildes für das Bistum Magdeburg und in aktuelle ökumenische Prozesse. Ü;berhaupt gilt unser besonderes Augenmerk den spezifischen gesellschaftlichen und kirchlichen Problemen in den neuen Bundesländern und einer stärkeren interdisziplinären Vernetzung wie z.B. mit den Religionswissenschaften.


Wie an unserer Internetadresse abgelesen werden kann (http://www.uni-erfurt.de/theol), gibt es mit der Universität Erfurt eine starke und unkomplizierte Kooperation, sie reicht von der studentischen Ebene bis zur Hochschulleitung. Alle Zeichen deuten darauf hin, daß die Integration in die Universität im 51. Jahr der Hochschule vollzogen wird; damit würden wir auch endlich einen Wunsch der Gründerväter dieser Hochschule erfüllen, die damals an der Errichtung einer universitären Fakultät nur durch die politischen Verhältnisse in der DDR gehindert worden sind.




Website der Theologischen Fakultät Erfurt