Erfurt (BiP). Die Entscheidung ist gefallen: Die Gloriosa des Erfurter Domes wird in einer Glockenschweißer-Werkstatt außerhalb Erfurts repariert.
Das Domkapitel hat dem Vorschlag des Dombauamtes zugestimmt, die 11,5 Tonnen schwere und zweieinhalb Meter hohe Glocke mit einem Kranwagen aus der Glockenstube des Erfurter Domes zu heben und auf einen Tieflader zu verfrachten. Geschehen soll das am 8. Juli, auf den Tag genau 507 Jahre nach dem Glockenguss durch Gerhard van Wou auf dem Erfurter Domberg. Als größte, frei schwingende Glocke des Mittelalters ist die Gloriosa mit ihrem einzigartig schönen Klang weltberühmt. Damit sie wieder läuten kann, muss an ihrem unteren Rand ein Haarriss von acht Zentimetern Länge geschweißt werden, der während der Sanierung der Domtürme entdeckt wurde. Die Gesamtkosten der Maßnahmen liegen bei rund 170.000 Euro.
Mit der Schweißung ist das Glocken-Schweißwerk Lachenmeyer in Nördlingen (Bayern) beauftragt worden. Das weltweit renomierte Unternehmen beseitigte schon den ersten Riss an der Gloriosa, der Weihnachten 1984 aufgetreten war. Damals schweißte man in der Glockenstube des Erfurter Domes. Andreas Gold, Leiter des Dombauamtes, begründet, warum dieses Mal ein anderes Verfahren gewählt wurde: "Die optimalen Bedingungen zum Schweißen finden sich in der Werkstatt eines Fachmannes." So kann man es sich auch ersparen, den historischen Glockenstuhl abzubauen. Denn wenn im Turm geschweißt würde, müsste aus Brandschutzgründen alles Holz im Umfeld der Gloriosa entfernt werden. "Und abgesehen vom Arbeitsaufwand tut es keinem Glockenstuhl gut, wenn er alle paar Jahre zerlegt wird. Denn mit dem Zustand des jetzigen sind wir sehr zufrieden", unterstreicht Gold.
Der Aufwand bleibt trotzdem gewaltig, denn 1497 dachte niemand daran, so etwas wie einen Ausgang für die Gloriosa einzubauen. Andreas Gold lässt darum auf der Westseite des Glockenturmes die Öffnung der Schall-Luken erweitern und außerhalb mit einer Konsole versehen. Im Inneren verlegt man unterhalb der Gloriosa Schienen, über die die Glocke auf einem Schienenwagen auf die Konsole geschoben werden kann. Am Vortag des 8. Juli fährt dann ein 250-Tonnen-Lastkran auf den Domberg, an dessen Kran-Ende die Gloriosa gehängt und von der Konsole herunter gehoben wird. Dann beginnt die erste Reise der Gloriosa: Ein Tieflader fährt sie als Schwertransport mit Ü;berbreite zur Reparatur nach Nördlingen. Dort sägt Glockenschweißer Hans Lachenmeyer die Riss-Stelle aus, erhitzt die gesamte Glocke und füllt den Spalt mit Bronze. Was sich einfach anhört, ist ein hoch kompliziertes, technisches Verfahren, wie Gold betont.
Läuft alles wie geplant, tritt die Gloriosa ihre Rückreise am 8. September an. Einen Tag später soll sie mit dem Lastkran wieder in die Glockenstube gebracht werden. Ist sie erst einmal aufgehängt, dauert es noch mindestens zwei Wochen, bis die Glocke wieder einsatzbereit ist: Der Klöppel muss aufgehängt und justiert werden, der Läutewinkel ist zu bestimmen und vieles andere mehr. Zur Bistumswallfahrt am 19. September, die ganz im Zeichen des Bonifatius-Jahres steht, kann die Gloriosa deshalb nicht geläutet werden. Wie es aussieht, dürfte erst an Weihnachten das Festgeläut der Gloriosa wieder zu hören sein.