Aachen, 5. Juni 2015. Anlässlich des G7-Gipfels in Elmau fordert MISEREOR Bundeskanzlerin Merkel dazu auf, sich für die Einführung verbindlicher Instrumente zur Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten, wie etwa im Rohstoff- oder Bekleidungssektor oder in der Landwirtschaft stark zu machen.
"Angela Merkel hat zu Recht im Vorfeld des Gipfels betont, dass wir in Deutschland von der Globalisierung besonders profitieren und dass daher die Arbeitsstandards in Lieferketten aus dem Ausland stärker in den Blick genommen werden müssen", erklärt MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel. "Die Fälle von Fabrikbränden und Einstürzen, die 2012 und 2013 tausenden Näherinnen das Leben kosteten, sind nur die Spitze des Eisbergs. Alle 15 Sekunden stirbt ein Mensch durch einen Arbeitsunfall oder durch eine arbeitsbedingte Erkrankung, meist in der Landwirtschaft und im Bergbau."
Spiegel verweist darauf, dass MISEREOR gemeinsam mit Partnerorganisationen aus Afrika, Asien und Lateinamerika die Menschenrechtsverletzungen in unterschiedlichen Zulieferketten dokumentiert hat: "Teepflückerinnen in den wichtigen Exportregionen der Welt wie Sri Lanka und Indien bekommen keinen festen Lohn und leiden oft sogar Hunger. Auch bei der Kupfergewinnung in Peru für Zulieferer deutscher Konzerne der Elektronik- und Automobilbranche werden Menschenrechte der lokalen Bevölkerung verletzt", erklärt Spiegel.
Anuradha Talwar, Vertreterin der Landarbeitergewerkschaft PBKMS (Paschim Banga Khet Majoor Samity) aus West Bengal in Indien, ist auf Einladung MISEREORs zum G7-Gipfel in Deutschland. Sie berichtet: "Die Diskriminierung von Darjeeling-Teepflückerinnen ist in unserer Region an der Tagesordnung. Wir leiden unter Hungerlöhnen, unwürdigen Unterkünften, geringem Gesundheitsschutz und Mangel- und Unterernährung. Auch auf Plantagen, die für deutsche Teefirmen arbeiten, gibt es problematische Zustände. Wenn die Importeure aus den G7-Ländern die Einhaltung der Menschenrechte und die Zahlung von existenzsichernden Löhnen in ihren eigenen Zulieferketten sicherstellten, würden wir Pflückerinnen auch in der Verhandlungsposition mit heimischen Teehändlern entscheidend gestärkt", so Talwar.
MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Spiegel begrüßt die bisherigen Vorschläge der Bundesregierung im G7-Prozess: "Die Stärkung von Beschwerdeverfahren ebenso wie die Einrichtung eines Fonds "Vision Zero Fonds", der präventiv sicherstellen soll, dass Arbeitsunfälle vermieden werden, sind wichtige Maßnahmen. Der Fonds sollte jedoch nicht nur für den Textilsektor, sondern auch für den Agrar- und Bergbausektor installiert werden." Ein Fonds alleine könne zudem nicht Mindeststandards in globalen Lieferketten sicherstellen. "Wir erwarten von den G7 ein klares Bekenntnis zu der Bedeutung der Nationalen Aktionspläne zu Wirtschaft und Menschenrechten. Sie sollten sich dabei an Frankreich ein Beispiel nehmen, und sich auf die Einführung gesetzlich verbindlicher Sorgfaltspflichten verständigen. Unternehmen aus den G7 Ländern müssten dann systematisch und sorgfältig sicherstellen, dass Menschenrechtsverletzungen in ihren Zulieferketten verhindert werden. Sobald alle G7 Staaten dies tun, haben einzelne Unternehmen keinen geschäftlichen Nachteil, wenn sie Menschenrechte endlich ernst nehmen", so Spiegel.
Hintergrundinformationen:
- Studie Plantagenarbeiter und das Recht auf Nahrung
- Studie Menschenrechtliche Probleme im peruanischen Bergbau
Pressemitteilung des Hilfswerkes Misereor. Den Inhalt verantwortet der Absender.
05.06.2015