"Manchmal muss man unbürokratische Wege einschlagen"

Interview mit Ludwig Backhaus (25), Jugendarbeiter, anlässlich der Verleihung der Bundesverdienstmed


Ludwig Backhaus (25) aus Uder
Interview mit Ludwig Backhaus (25), Jugendarbeiter, anlässlich der Verleihung der Bundesverdienstmedaille

Ludwig, Du verbringst viel Zeit bei den Pfadfindern. Dass die sehr naturverbunden sind und den Spruch "Jeden Tag eine gute Tat" - das hat wohl jeder schon einmal gehört. Was macht das Pfadfinderleben denn noch so aus?


Pfadfinden ist für mich wie eine große Familie, eine internationale Gemeinschaft, der die Jugendarbeit sehr am Herzen liegt und die sich für eine gerechte Welt einsetzt. Für mich ist es ganz wichtig, dass ich das, was ich selbst während meiner Pfadfinderzeit als Kind und Jugendlicher erlebt habe, an Kinder weitergeben kann. Durch ein speziell auf die Altersgruppen abgestimmtes pädagogisches Konzept kann man gerade bei den Georgspfadfindern viele Kinder und Jugendliche ermuntern, selbst tätig zu werden und die Welt etwas besser zu verlassen, als sie diese vorgefunden haben.


In zehn Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit in unterschiedlichsten Funktionen innerhalb der Jugendverbandsarbeit hast Du dann sicher eine Menge erlebt und auch bewegt. Was konntest Du mit anstoßen - bei welchen Dingen kann man insbesondere von "Deinem Verdienst" sprechen?


Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Für mich war und ist es wichtig, eigene Erfahrungen innerhalb der Jugendarbeit weiterzugeben sowie Kindern Möglichkeiten zu schaffen, etwas anderes kennenzulernen. Angefangen bei der Betreuung von Kindern der Wölflingsstufe (7 bis 10 Jahre) über die Arbeit mit Rovern (16 bis 19 Jahre) war es mir immer ein Anliegen, die Idee von Pfadfinden auch im Diözesanverband Erfurt zu unterstützen und zu erweitern. Ich glaube, in der Jugendarbeit sind Konzepte, Kontinuität, langjährige Erfahrung sowie die Beobachtung und Lenkung von Entwicklungsprozessen sehr wichtig. Manchmal muss man aber auch einfach die Dinge anpacken, loslegen und nicht immer alle Ideen zerreden.


Genau deshalb würde dich wohl auch keiner als "abgehoben" bezeichnen, denn trotz Deiner Funktionen auf den verschiedenen Ebenen von der Kommune bis zum Bund war und ist Dir vor allem die Basisarbeit immer sehr wichtig. Warum?


Ganz einfach, ohne Kinder und Jugendliche wären wir kein Kinder- und Jugendverband. Kinder brauchen Wegweiser, um nicht auf falsche Wege zu geraten. Wozu bräuchte ich Vorstände und Gremien, wenn ich keine Kinder und Jugendliche mehr in meinem Verband hätte. Da muss man sich auch manchmal etwas kürzer fassen und unbürokratische Wege einschlagen. Natürlich bleibt dabei letztlich viel Arbeit auf wenigen Schultern liegen. Aber das Ziel, Kinder und Jugendliche bei der Gestaltung ihrer Lebenswelt unmittelbar zu begleiten, dürfen wir nie aus den Augen verlieren.


Viel Arbeit auf wenigen Schultern - da wird so mancher Ehrenamtliche sofort mit einstimmen. Sich über einen so langen Zeitraum im Jugend- und jungen Erwachsenenalter neben dem Job noch intensiv um Kinder und Jugendliche zu kümmern, das wird ja heute leider immer seltener. Haben Dich Freunde oder Kollegen deshalb auch mal belächelt?


Belächelt? Wenn nicht offen, sicher nur im Stillen. Entweder bekommt man ein Kopfschütteln mit der Frage "Wie kannst Du Dir das nur antun?", manchmal spüre ich aber auch einen gewissen Respekt davor, dass ich mich so sehr für die Jugendlichen engagiere und dadurch Jugendlichen eine Chance gebe etwas Neues kennenzulernen.



Was gibt Dir denn die Kraft, immer weiterzumachen?


Eigentlich sind es drei treibende Kräfte: Zunächst einmal sind das natürlich die Kinder und Jugendlichen selbst, mit dem Wunsch, ihnen etwas vermitteln und weitergeben zu können. Es ist doch sehr beglückend, wenn ich mir vergegenwärtige, ihnen damit auf ihrem Lebensweg zu helfen, ihnen die Chance zu geben, aktiv zu werden und aus eigener Kraft das Leben zu meistern. Weiterhin habe ich durch die langjährige Arbeit auch sehr viele gute Freunde gefunden, die ich nicht missen möchte und die mich immer wieder ermutigen, weiter zu machen. Und schließlich lerne ich gerade bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen stets neue Leute und neue Dinge kennen, die ich nicht nur in der ehrenamtlichen Tätigkeit, sondern auch im sonstigen Leben gut gebrauchen kann, wie beispielsweise Teamgeist, Veranstaltungsorganisation, Finanzkalkulation, und vieles mehr.


Die katholische Jugendverbandsarbeit ist im Osten Deutschlands noch verhältnismäßig neu. Welche Bedeutung hat sie Deiner Meinung nach für die Zukunft der Kirche?


Gerade in der Jugendverbandsarbeit können junge Menschen die Kirche neu entdecken: in dem, was wir tun; in dem, wie wir handeln, in dem, wie wir unser eigenes Ich finden. Durch themenspezifische Bildungsangebote in der Gemeinschaft von Gleichaltrigen werden Werte vermittelt, die all zu oft in Vergessenheit geraten. Jugendverbände geben Kindern und Jugendlichen Identität und Orientierungspunkte. Durch ihren demokratischen Aufbau werden hier oftmals die Grundlagen für unserer gesellschaftliches Zusammenleben gelegt.


Vielen Dank, Ludwig für dieses Interview und dann weiterhin Gottes Segen auf all Deinen Wegen!



Das Interview führte Robert Weidler, Geschäftsführer des BDKJ Thüringen e.V.)



Bundesverdienstorden für Ludwig Backhaus