Erfurt. "Machen wir den 9. November 2015 in Erfurt und Thüringen zu einem Tag der Mitmenschlichkeit". Dazu ruft die evangelische Landesbischöfin Ilse Junkermann gemeinsam mit den Initiatoren des Bündnisses "Mitmenschlich in Thüringen" auf. "Sagen wir Nein zu Forderungen nach Stacheldraht und neuen Mauern. Sagen wir Nein, wenn Schutzsuchende heute bedroht werden", appelliert Junkermann an die Thüringerinnen und Thüringer, an diesem Tag ein deutliches Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz in Thüringen zu setzen.
"Wir wollen mit der Großveranstaltung am 9. November ein deutliches Zeichen setzen gegen rechtsextreme und menschenfeindliche Parolen, gegen geistige und tatsächliche Brandstiftungen", so der Sprecher des Bündnisses, Sandro Witt, stellv. Vorsitzender des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen. "Wir appellieren an die Thüringerinnen und Thüringer, an diesem Tag durch ihre Teilnahme ein Zeichen für Mitmenschlichkeit und für die Integration von Menschen zu setzen, die in Deutschland und Thüringen Schutz suchen", so Witt. Der politischen Kälte, die in den vergangenen Wochen öfter von Erfurt ausgegangen ist, soll an diesem Tag ein "Zeichen der menschlichen Wärme" entgegengesetzt werden, so Witt.
Bewusst hat sich das Bündnis für den 9. November entschieden, um dieses Zeichen zu setzen. "Am 9. November 1938 wurden Menschen bedroht, geschlagen, ermordet, weil ein wütender Mob der Meinung war, sie gehörten nicht in unser Land. Am 9. November 1989 wurde eine Mauer überwunden, die Leid und Gewalt über unzählige Menschen gebracht hat. Deshalb: Sagen wir Nein zu Forderungen nach Stacheldraht und neuen Mauern! Sagen wir Nein, wenn Schutzsuchende heute bedroht werden", so Landesbischöfin Junkermann.
Der Leiter des katholischen Büros, Winfried Weinrich, ruft zur Teilnahme auf, weil man der Not der Geflüchteten nicht mit menschenfeindlichen Parolen, Hass oder Gewalt begegnet werden kann. Bischof Dr. Neymeyr werde mit seiner Anwesenheit und einem kurzen Redebeitrag dieses Anliegen unterstreichen.
Für Stefan Fauth, den Geschäftsführer des Verbandes der Wirtschaft Thüringens, ist es wichtig, dass die Kundgebung auch zeigen soll, "dass das Bild von Thüringen, das die Demonstrationen mit der AfD verbreitet, ein falsches ist. Thüringen und seine Menschen sind mitmenschlich und tolerant."
Für Stefan Werner, den stellv. Direktor der PARITÄTISCHEN BuntStiftung, ist es wichtig, dass "dieser Abend der großen Mehrheit in Thüringen, die für Vielfalt, Mitmenschlichkeit und Toleranz steht, eine Stimme gibt." Die Großveranstaltung auf dem Erfurter Domplatz sieht Werner als Auftakt für eine Bündnisarbeit, "die die Ideen und Anliegen des Bündnisses anschließend in die Fläche Thüringens tragen soll und dort Räume des Gesprächs schaffen soll".
Redebeiträge und Musik regionaler Künstler wechseln sich in dem Programm ab. Los geht es ab 17 Uhr mit einem musikalischen Vorprogramm durch Hannes Kinder und Band. Die Hauptveranstaltung beginnt um 18 Uhr. Dazu werden die TeilnehmerInnen in vier Sprachen begrüßt. Anschließend wird in fünf kurzen Redeblöcken das Anliegen des Bündnisses dargestellt. Dabei wird die gesamte Bandbreite derer deutlich, die sich zum Bündnis zusammengeschlossen haben. Mittlerweile haben fast 1000 Thüringerinnen und Thüringer den Aufruf unterzeichnet. Dazu gehören Vertreterinnen und Vertreter von Sozialverbänden, Arbeitgebern, Gewerkschaften, evangelischer und katholischer Kirche, jüdischer Landesgemeinde und muslimischer Gemeinde, Linke Grüne, SPD, Landes- und Kommunalpolitiker, Bürgerbündnisse, die Konferenz Thüringer Studierendenschaften, die Landesschülervertretung, der Landessportbund, der Landesfeuerwehrverband und der Landesjugendring.
Den Auftakt zu den jeweils fünfminütigen Redeblöcken machen die Religionsgemeinschaften. Es sprechen: Prof. Dr. Reinhard Schramm (Vorsitzender JüdischeLandesgemeinde Thüringen), Propst Diethard Kamm (Evangelische Kirche Mitteldeutschland), Bischof Dr. Ulrich Neymeyr (Katholisches Bistum Erfurt), Imam Said Arif (Imam der Ahmadiyya Muslim Jamaat KdöR).
In einem zweiten Block kommen Geflüchtete und ehrenamtliche HelferInnen zu Wort. Es sprechen Salma Alarja (Geflüchtete aus Syrien) sowie Carola Hettstedt und Susanne Zwiebler vom Family Club Erfurt.
Im dritten Rednerblock kommen Akteure der Zivilgesellschaft zu Wort: Reinhard Müller, der Vorsitzende der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege spricht für die in der LIGA zusammengeschlossenen Verbände AWo, Diakonie, Caritas, PARITÄTISCHER, Deutsches Rotes Kreuz und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Romy Arnold spricht für die Thüringer Bündnisse, Initiativen und Netzwerke gegen Rechts).
Die Sozialpartner teilen sich den vierten Rednerblock. Es reden Sandro Witt (Stellv. Vorsitzender des DGB-Bezirk Hessen-Thüringen) und Stephan Fauth (Geschäftsführer des Verband der Wirtschaft Thüringen).
Im abschließenden fünften Rednerblock sprechen die beiden höchsten politischen Repräsentanten Thüringens: Ministerpräsident Bodo Ramelow und der Präsident des Thüringer Landtages, Christian Carius.
Zwischen den einzelnen Rednerblöcken gibt es kurze musikalische Zwischenspiele von Jürgen Kerth sowie der Music Academy. Zum Abschluss der Veranstaltung spielt die Nerly Big Band feat. Jürgen Kerth.
Hier einige der im Text zitierten Stellungnahmen im vollen Wortlaut:
Landesbischöfin Ilse Junkermann:
Am 9. November 1938 wurden Menschen bedroht, geschlagen, ermordet, weil ein wütender Mob der Meinung war, sie gehörten nicht in unser Land.
Am 9. November 1989 wurde eine Mauer überwunden, die Leid und Gewalt über unzählige Menschen gebracht hat.
Deshalb: Sagen wir Nein zu Forderungen nach Stacheldraht und neuen Mauern! Sagen wir Nein, wenn Schutzsuchende heute bedroht werden!
Machen wir den 9. November 2015 in Erfurt und Thüringen zu einem Tag der Mitmenschlichkeit!
Winfried Weinrich, Leiter des Katholischen Büros:
Die biblische Botschaft, auf der das christliche Menschenbild gründet, verpflichtet zu einem menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen. Der Not dieser Menschen darf nicht mit menschenfeindlichen Parolen, Hass oder Gewalt begegnet werden. Ist der Mensch an Leib und Leben bedroht, hat er Anspruch auf Schutz. Ich hoffe, dass auch die Veranstaltung am 9. November auf dem Erfurter Domplatz dazu beiträgt, Mitmenschlichkeit und Mitgefühl zu stärken. Bischof Dr. Neymeyr wird mit seiner Anwesenheit und mit einem kurzen Redebeitrag diese Anliegen unterstreichen. Das gemeinsame Auftreten der Vertreter der Kirchen, der jüdischen Landesgemeinde und der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde für ein mitmenschliches Thüringen am 9. November ist ein Zeichen praktischer Ökumene und interreligiöser Verständigung.
Stefan Fauth, Geschäftsführer des Verbandes der Wirtschaft Thüringens:
Es ist eine Kundgebung für Mitmenschlichkeit und es ist eine Kundgebung für die Menschen die bei uns bleiben werden. Diese Menschen hier zu integrieren ist eine große Aufgabe für uns alle und die Wirtschaft stellt sich dieser Aufgabe. Die Kundgebung soll auch zeigen, dass das Bild von Thüringen, das die Demonstrationen mit der AfD verbreitet ein falsches ist. Thüringen und seine Menschen sind mitmenschlich und tolerant.
Stefan Werner, stellv. Direktor der PARITÄTISCHEN BuntStiftung:
In den Sozialverbänden haben Tausende von Ehrenamtlern in den vergangenen Wochen mit ihrer Hilfe für die Geflüchteten Mitmenschlichkeit gezeigt. Wichtig ist jetzt, dass auch die soziale Integration der Geflüchteten gelingt. Die Großveranstaltung auf dem Erfurter Domplatz ist der Auftakt für eine Bündnisarbeit, die die Ideen und Anliegen des Bündnisses anschließend in die Fläche Thüringens tragen soll und dort Räume des Gesprächs schaffen soll. Denn wir nehmen die Sorgen und Verunsicherungen der Menschen ernst und wollen uns ihnen stellen. Dabei ist es uns wichtig, dass mit geeigneten Maßnahmen verhindert wird, dass Verteilungsneid entsteht und gesellschaftlich benachteiligte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden."
Das Bündnis hat zur Unterstützung seiner Arbeit ein Spendenkonto eingerichtet:
Konto 163084262, IBAN: DE88 8205 1000 0163 0842 62, BIC: HELADEF1WEM
Außerdem informiert das Bündnis über seine Aktivitäten unter:
www.mitmenschlich-in-thueringen.de
(Dort gibt es auch die Möglichkeit, den Aufruf zu unterzeichnen.)
Twitter: #mitmenschlich
www.facebook.com/Mitmenschlich
Quelle: Pressemitteilung des Bündnisses "Mitmenschlich in Thüringen". Den Inhalt verantwortet der Absender.
6.11.2015